Open AirGottesdienste können am Rursee aus dem Auto verfolgt werden
Heimbach-Schwammenauel – Seit 59 Jahren wird in den Sommermonaten oberhalb der Rurtalsperre ein sonntäglicher Touristengottesdienst angeboten – auch in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021. Eigentlich für Urlauber gedacht, kommen mittlerweile vor allen Dingen Einheimische.
„Wer hierhin kommt, der hat schon gute Laune. Und von uns wird er freundlich begrüßt.“ Hubertine Wollenweber steht mit Waltraud Jansen und Käthe May an der Zufahrt zum oberen Parkplatz, der als Ort für die Open-Air-Messen ausgeschildert ist.
Die Gottesdienst-Saison dauert bis September
Die drei Damen sind das Empfangskomitee. Sie verteilen Liederhefte und den Flyer mit den Sonderterminen, die für die bis zum 18. September dauernde Saison geplant sind.
Wollenweber macht das seit 30 Jahren. Sie schmückt auch den Altar. „Viele kamen auch in den Corona-Jahren, schon weil die Kirchen nur wenige zu den Gottesdiensten zugelassen haben. Das Problem haben wir hier nicht.“
Bis zu 1000 Besucher auf Schwammenaueler Parkplatz
Wie viele Besucher es bei der ersten Touristenmesse der Saison 2022 sein werden? Sie glaubt, dass es – wie so oft beim Saisonauftakt – nicht ganz die danach üblichen rund 300 bis 350 Gläubige sein werden. Und ob die 1000 erreicht werden, die schon mal an Pfingsten zur Fahrzeugsegnung kommen? Tendenziell eher ja: Seit der Flut ist auch die katholische Kirche in Gemünd noch nicht wieder geöffnet – auch daher steigen die Zahlen in Schwammenauel eher noch.
Die Saison
An jedem Sonn- und Feiertag
Die Touristengottesdienste in Schwammenauel finden bis zum 18. September sonntags und feiertags um 11 Uhr statt.
Die Sondertermine
Folgende Sondertermine sind geplant: 22. Mai besonders für ältere und kranke Menschen, Zelebranten sind Weihbischof Franz-Josef Gebert (Trier) und Dompropst Rolf-Peter Cremer, Begleitung durch den Musikverein Sötenich. 6. Juni (Pfingstmontag) mit anschließender Fahrzeugsegnung, Zelebrant ist Rolf-Peter Cremer, mit dem Musikverein Mützenich. Am 7. August ist Pfarrer Hans Doncks (Heimbach) Zelebrant, es spielen die Zupfmusikfreunde Heimbach. Am 4. September ist Domvikar Thomas Schlütter Zelebrant, es singen die Vereinigten Chöre Gemünd/Sötenich. (sli)
Damit haben die 1963 von Pater Leppich SJ mit Genehmigung des damaligen Aachener Bischofs ins Leben gerufenen Touristengottesdienste noch einmal eine neue Bedeutung bekommen: Als Ersatz- und Ausweichort für den Gottesdienstbesuch, auf den auch gläubige Christen aus den Hochwasserregionen wie dem Oleftal Wert legen. Aus einem Umkreis von bis zu 40 Kilometern reisen die Gläubigen in Schwammenauel an.
Peter Baur kommt jeden Sonntag zum Gottesdienst
„Ich wohne nur 50 Meter von der Kirche entfernt. Aber so kommt auch der Hund mal raus. Mit dem kann ich im Anschluss Gassi gehen“, sagt Peter Baur aus dem nahen Schmidt, während Hündin Kessy auf dem Rücksitz neugierig zuseht, wie er sich von Waltraud Jansen das Liedheft durchs offene Autofenster reichen lässt. Komme nichts dazwischen, werde er es wie im vergangenen Jahr halten und jeden Sonntag hier sein, so Baur. Das Liedheft braucht er dann nicht mehr, er will eher das Empfangstrio begrüßen. Man kennt sich schon.
Wie er kommen rund 90 Prozent der Gottesdienstbesucher aus den Kreisen Euskirchen, Düren, der Städteregion, aber auch vom Niederrhein und aus dem Rhein-Erft-Kreis. Urlauber sind die wenigsten.
Barrierefreier Zugang ist auf dem Platz gewährleistet
„Nicht zu vergessen, dass auch viele Behinderte und Rollstuhlfahrer die Gelegenheit nutzen, da längst nicht alle Kirchen barrierefrei zugänglich sind“, betont Norbert Stoffers. Er zündet gerade die Kerzen auf dem Altar unter dem Schutzdach an, bevor Pfarrer Christoph Simonsen aus Mönchengladbach und Organist Wolfgang Gerhard aus Gemünd ihrer Ämter walten.
Simonsen wurde vor sieben Jahren vom heutigen Dompropst Rolf-Peter Cremer, der sich um die Zelebranten der Open-Air-Gottesdienste an der Rurtalsperre kümmert, gefragt, ob er einmal im Jahr dort aushelfen könne. Simonsen, der zu der Zeit in der Katholischen Hochschulgemeinde in Aachen tätig war, sagte zu – und blieb bis heute dabei. Er ist überzeugt: „Wer hier war, der verlässt den Ort mit positiven Gedanken. Alleine das ist es doch schon wert.“
2023 wird das 60-jährige Bestehen gefeiert
Das sieht Stoffers, der sich seit 1968 mit dem Helferteam um die Organisation kümmert, ähnlich. Ihm gehen schon Ideen durch den Kopf, wie man 2023, das Jahr des 60-jährigen Bestehens des Angebots, feiern soll.Dass dann Peter Baur wieder dort sein wird, dürfte so sicher sein wie der Besuch der Dame aus Aachen, die mit der Rurtalbahn bis Heimbach und dann entweder mit einer Mitfahrgelegenheit oder dem Taxi anreist, weil sie kein eigenes Auto hat, so Norbert Stoffers.
Ganz zu schweigen von Aloys aus Rescheid, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. „Das sind 31 Kilometer, ich habe dafür jetzt eine Stunde und 16 Minuten gebraucht“, sagt er mit Blick auf ein kleines Rundmessinstrument neben dem Lenkrad auf dem Bock seines 28 PS starken F2L514 von Magirus Deutz.
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Es sei ihm ein Bedürfnis, zur Messe zu zuckeln. Und bei schlechtem Wetter habe er die Möglichkeit „die Gardinen zuzuziehen“ – Gummivorhänge, die um die Dachstangen seines Traktors gewickelt sind. Bei der Rückfahrt plane er immer einen Stopp am Kloster Mariawald: „Da gibt es die Erbsensuppe.“ Den Berg hoch zum Kloster packe sein Deutz allemal: „Auch wenn er wie ich Baujahr 1951 ist.“