Nettersheim will die Genehmigung von acht Windrädern zwischen Pesch und Frohngau verhindern. Die Rechtslage ist aber kompliziert.
Acht WindkraftanlagenNettersheim ist sauer auf den Kreis Euskirchen und reicht Klage ein

Noch stehen die Windräder der Konzentrationszone Engelgau mit einer Höhenbeschränkung von 100 Metern alleine in der Umgebung von Roderath. Nach Wunsch eines Projektierers sollen auf den Flächen dahinter bis zu 270 Meter hohe Anlagen errichtet werden.
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Norbert Crump ist sauer auf den Kreis Euskirchen. Doch mit schlichten Emotionen begnügt Nettersheims Bürgermeister sich nicht. Die Gemeinde hat gegen den Kreis vor dem NRW-Oberverwaltungsgericht in Münster Klage eingereicht. Bei einer Windanlagen-Genehmigung sind nach Ansicht der Gemeinde im Zuge des Verfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz Fragen wie die fehlende Erschließung und die Umzingelung der Orte Roderath und Pesch nicht berücksichtigt worden.
Normalerweise bestehe ein gutes Einvernehmen zwischen der Kreisverwaltung in Euskirchen und der Gemeinde, sagt Crump. Doch dieser Fall ist eben nicht normal. Es geht um acht Windräder zwischen Pesch und Frohngau, die nicht in einer der Zonen liegen, die demnächst im Regionalplan als Vorrangzonen für die Windenergie dargestellt werden sollen. So hat auch die Gemeinde im Zuge des Genehmigungsverfahrens ihr Einvernehmen versagt. Doch das wurde vom Kreis ersetzt und damit am 30. Januar die Genehmigung für den Bau der Anlagen erteilt.
In einem kleinen Zeitfenster wurde die Genehmigung erteilt
Denn bis der Regionalplan mit seinem Sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien, der derzeit in der finalen Abstimmung ist, verabschiedet ist, sind Windräder im Außenbereich grundsätzlich privilegiert. Eine Regelung in NRW, dass diese Privilegierung bis zum Erlass des Regionalplans nicht gilt, wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster im vergangenen Herbst außer Kraft gesetzt. Dem legte der Landtag Anfang Februar erneut einen Riegel vor – doch bis dahin war die Genehmigung für die Windräder in Roderath bereits ausgesprochen.
Es ist eine komplizierte Rechtslage, denn der Kreis stellt sich auf den Standpunkt, er habe den Bescheid erlassen müssen. Aufgrund der Privilegierung sowie des Auslaufens der Frist, einen Bescheid zu erteilen, habe eine Schadensersatzklage gedroht. Das sieht Crump völlig anders. Denn es habe die Möglichkeit der Fristverlängerung gegeben, mit der genug Zeit gewonnen worden wäre, um die Windräder zu verhindern. Mit ihm sei aber vor dem Erlass des Genehmigungsbescheides nicht geredet worden.
Nettersheimer befürchten Auswirkungen auf die Lebensqualität
Immerhin drohe, so Crump, die Zerstörung des natürlichen Charakters der Gemeinde Nettersheim: „Das wird Auswirkungen auf die Lebensqualität in unserer Heimat haben.“ Auch habe der Vorgang ein Geschmäckle: „Da werden Entscheidungen nach unten durchgedrückt. Die können dann ja sehen, wie sie damit zurechtkommen.“
Doch der Kreis habe auch eine Verantwortung den Kommunen gegenüber. „Die müssen auch mal mutig sein, ich muss als Bürgermeister schließlich ebenfalls täglich mutig sein“, betont Crump. Dabei sei er gar nicht gegen die Windkraft, jedoch müsse die Entwicklung geordnet sein. Er befürchte hingegen eine Verspargelung der Landschaft.
Wir sollen zu einem Kraftwerk gemacht werden.
Von den Investoren wird jedoch der Bau von Windrädern vorangetrieben. Zwei weitere Vorhaben sind derzeit in der Schwebe. Sie wurden durch die Entscheidung der Landesregierung für die nächsten sechs Monate auf Eis gelegt.
Rund um Weyer sind zehn Windenergieanlagen projektiert, die nicht in einem der Vorranggebiete des Landesentwicklungsplans stehen. Davon sind acht Anlagen auf Nettersheimer Gebiet, zwei auf Mechernicher. Beide Kommunen haben mittlerweile ihr Einvernehmen zu dem Projekt versagt. Hier befürchtet Crump gerade angesichts der Entwicklung in Richtung Roderath, aber auch mit Blick auf die Planungen auf Bad Münstereifeler Gebiet, dass Pesch von Windrädern umzingelt werden könnte.
Es liegen bereits Anträge für weitere Windräder vor
Ähnliche Befürchtungen gelten für Tondorf. Dort bemüht sich die Gemeinde, eine Fläche westlich des Ortes aus dem Regionalplan herausnehmen zu lassen und an anderer Stelle zu kompensieren. Doch für diese Fläche liegen bereits Anträge auf Genehmigung für fünf Anlagen vor. Was geschieht, wenn die Fläche im Regionalplan keine Berücksichtigung findet, die Anlagen aber einen positiven Vorbescheid erhalten, ist noch nicht geklärt.
Auch gibt es einen Antrag auf Errichtung von vier Windrädern nördlich von Tondorf, die außerhalb der Vorrangzonen liegen würden. In diesem Fall geht die Gemeinde davon aus, dass diese Windräder vorerst nicht genehmigt werden und das Projekt neu zu bewerten ist, wenn der Regionalplan rechtskräftig ist, was in einem halben Jahr der Fall sein könnte. Crump geht davon aus, dass der Zeitplan so gehalten werden kann. „Die wissen ganz genau, dass sie Gas geben müssen“, sagte er im Bauausschuss in Richtung Landesregierung.
Die Gemeinden müssten ausbaden, was in Berlin und Düsseldorf verbockt worden sei, so Crump weiter. „Wir sollen zu einem Kraftwerk gemacht werden“, kritisiert er im Gespräch die Entwicklung, den ländlichen Gemeinden neben der Windkraft auch noch die Freiflächenphotovoltaik „aufzudrücken“. Dabei hätte es aus seiner Sicht auch anders gehen können: Wenn die Flächenziele gestaffelt wären, könnte die Entwicklung von den Kommunen besser gesteuert werden: „Das war aber ideologisch nicht gewollt.“