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„Lost Place“ bei NettersheimAbriss von Problemruine scheitert bislang an Kosten

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Kämpfen für den Abriss: Theresia Rolshoven und Volker Hoffmann weisen immer wieder auf die Gefahren hin.

Nettersheim-Buir – Es stinkt nach Teer, nach Harzen und Öl. Von den Decken tropft das Wasser. Aus dem vollgelaufenen Keller ist ein Gluckern zu hören. Im vergangenen Winter ist das Dach unter der Schneelast eingebrochen. Die Ruine der Ruhr KG im Wald bei Buir gehört nicht gerade zu den gemütlichsten Örtlichkeiten in der Gemeinde Nettersheim. Als „Lost Place“, also als leerstehende, aufgelassene Lokalität, hat sie eine traurige Berühmtheit in den einschlägigen Kreisen erlangt.

Seit vielen Jahren beschäftigt die Ruine des ehemaligen Holzimprägnierungswerks Behörden und Politik im Land. Doch geändert hat sich vor Ort nicht viel. Noch immer ist die Anlage beliebter Treffpunkt für Abenteurer und Jugendliche, die dort auf Entdeckungstour gehen und immer wieder die Zugänge zu den Gebäuden aufbrechen.

Immer wieder wird Müll abgeladen

Auch bei einem Ortstermin mit Anwohnerin Theresia Rolshoven und Volker Hoffmann vom BUND ist nichts verschlossen. Seit Jahren kämpfen diese beiden dafür, dass der Abriss der Ruine in Gang kommt. Doch noch ist davon nichts zu sehen. Die Tore stehen offen. Ohne Probleme ist es möglich, die ehemaligen Werkshallen zu betreten. „Diese Tanks sind immer noch nicht geschlossen“, moniert Hoffmann und zeigt auf die beiden Kesseldrucktanks. Die Klappen auf der Oberseite stehen offen. „Wenn da ein Kind reinsteigt, ist das hochgefährlich“, sagt der Umweltschützer.

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Immer wieder gehen Besucher auf abenteuerliche und vor allem für Kinder gefährliche Entdeckungstour auf dem Werksgelände.

„Das ist nicht die Crème de la Crème, die hier unterwegs ist“, sagt Rolshoven über die Leute, die sie auf dem Gelände beobachtet. Immer wieder müsse sie weiter oben im Gelände einen Kanaldeckel zurück auf die Öffnung ziehen: „Die Leute machen hier alles, was einem Menschen einfällt, wenn er sich langweilt.“ Gruppen von Leuten seien drinnen oder draußen, immer wieder werde Müll abgeladen. Die Reste von verschiedenen Lagerfeuern und Bierkisten zeugen von geselligem Beisammensein. „Juristisch gesehen, kommen Gemeinde und Bezirksregierung nicht ihrer Aufgabe nach“, sagt Hoffmann.

Öl-Wechsel in Nettersheimer Ruine vorgenommen

„Fast täglich haben wir dort das Problem“, sagt der Nettersheimer Bürgermeister Norbert Crump. Nach dem Ortstermin seien die Tore wieder mit Gittermatten verschlossen worden. „Aber was wir dort auch installieren, es wird immer wieder aufgebrochen und weggeworfen“, teilt er mit.

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Ohne Absperrung und in desolatem Zustand zeigt sich die Ruine.

Frank Fritze, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, bestätigt das. „Bis hin zu Ölwechseln in der Halle hatten wir eigentlich alles“, sagt er. Das Gelände sei mit Erdwällen zugeschoben worden, um wenigstens die Autos abzuhalten, die hier an den Wochenenden fuhren. Doch zu Fuß sei es weiterhin frei zugänglich. „Wir wären zufriedener, wenn es weg wäre“, macht Crump deutlich.

Doch das ist nicht so einfach, wie Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats, erläutert. Was die Entsiegelung der Freiflächen angehe, so stehe schon seit Jahren fest, dass diese als Ausgleichsfläche für den Bau der A 1 dienen sollen. Komplizierter ist es allerdings bei den Gebäuden.

Abriss der Ruine hakt am Eigenanteil

Hier zeichnete sich noch vor kurzem eine Lösung ab. „Wir haben der Bank, die noch einen Grundbucheintrag hatte, klargemacht, dass dort nur eine Ruine steht“, so Blindert. Nachdem es dann Ende vergangenen Jahres gelungen war, den alles blockierenden Grundbucheintrag der belgischen Bank nach langen Verhandlungen löschen zu lassen, stand der Aneignung der Liegenschaft durch das Land nichts mehr im Weg. Auch das Prozedere des Abrisses, dessen Kosten bis zu eine Million Euro betragen könnten, war entworfen. Der AAV, der Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung, hatte bereits 2017 das Projekt „Günter Ruhr KG“ in seinen Maßnahmenkatalog gepackt. 80 Prozent der Kosten werden von dem Verband getragen, 20 Prozent sind der Eigenanteil. Und an diesem Eigenanteil hakt es derzeit.

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Umweltschäden befürchtet der Kreis derzeit nicht.

Die Konzeption von Kreis Euskirchen und Gemeinde Nettersheim sieht vor, dass der AAV den Abriss übernimmt und der Eigenanteil von Ersatzgeldern des Kreises übernommen wird. Diese Ersatzgelder müssen zum Beispiel beim Bau eines Windrads gezahlt werden und können für Naturschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Dann soll der Gemeinde Nettersheim vom Land das Recht übertragen werden, die Gebäude als Eigentum zu übernehmen. „Eine bessere Aufwertung als ein Abriss und eine Entsiegelung gibt es nicht“, betont Fritze.

Umweltministerium wiederspricht

Doch dieser Konstruktion widerspricht das Umweltministerium. „Eine Übertragung der Abbruch- und Sanierungsmaßnahmen an den AAV (mit 80 Prozent Kostenübernahme) ist nur möglich, wenn die Fläche im Besitz der Kommune ist oder die Kommune in Ersatzvornahme handeln muss. Bei Übernahme der Fläche durch das Land würde die Möglichkeit der Einbindung und damit der Förderung durch den AAV entfallen“, teilt Tanja Albrecht, Pressereferentin im Ministerium mit. Wenn die Gemeinde allerdings als Eigentümerin der Immobilie fungiert, dann könnten keine Ersatzgelder des Kreises eingesetzt werden.

Hintergrund

Die Ruhr GmbH & Co. KG

Das Gelände der ehemaligen Günter Ruhr GmbH & Co. KG, einer Firma für Holzimprägnierung, ging nach der Insolvenz etwa 1994 in den Besitz des Harperscheider Sägewerksbesitzers Wilhelm Groß über. Er wollte in den Hallen Holz lagern. 1998 ging auch dieser Betrieb in Konkurs. Seitdem verfallen die Gebäude und Anlagen.

2011 starb Wilhelm Groß. Der Nachlassverwalter machte zwei Erben ausfindig, die aber das Erbe ausschlugen. Seitdem ist das Gelände herrenlos.

Das Land NRW hat zwar das Recht, sich herrenlose Grundstücke anzueignen, aber nicht die Pflicht. In diesem Fall verhinderte lange Zeit eine Grundschuld in Höhe von rund 700000 Mark, die bei einer belgischen Bank eingetragen war, dass das Land auf dem Ruhr-Gelände tätig wurde.

Der AVV

Der AAV, der Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung, ist eine unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die 1988 durch ein Landesgesetz gegründet wurde. Pflichtmitglieder sind das Land und die Kommunen. Der AAV beseitigt Altlasten in Boden oder Grundwasser, wenn ein Verursacher nicht ausfindig oder nicht haftbar gemacht werden kann.

„Das Ersatzgeld kann dafür eingesetzt werden, die Fläche nach der Sanierung durch landschaftspflegerische Maßnahmen wieder aufzuwerten – etwa durch das Anpflanzen von Bäumen“, so Albrecht weiter. Grundsätzlich dürften mit Ersatzgeldern laut Bundesnaturschutzgesetz nur solche naturschutzbezogenen Handlungen finanziert werden, die nicht ohnehin vorgenommen werden müssten. Daraus folgt, dass die Kommune, in diesem Fall die Gemeinde Nettersheim, für den Eigenanteil verantwortlich ist. Was die Kommune allerdings ablehnt.

Giftstoffe entfernt

„Es gibt einen Ratsbeschluss, dass die Gemeinde nur in das Eigentum geht, wenn es keine Kosten verursacht“, sagt Crump unmissverständlich. Der Wert des Grundstückes stehe in keiner Entsprechung zum Eigenanteil. „Ich kann nicht einsehen, dass eine kleine Gemeinde das tragen muss.“ Die Gemeinde übernehme also das Eigentum nur dann, wenn die Sache gelöst sei.

Eine klassische Patt-Situation. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Doch Blindert macht Hoffnungen: „Es stehen noch Gespräche aus.“ Was auch das Umweltministerium bestätigt. Noch in diesem Frühjahr sollten alle Beteiligten eingeladen werden, um die Möglichkeiten und Optionen zu diskutieren.

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Sorge um Umweltschäden müsse man sich aber nicht machen, betont Fritze. Alle Giftstoffe seien entfernt worden, eine Gewässerverschmutzung sei nicht festgestellt worden. Das sei auch so bei der asphaltierten Fläche. „Draußen ist alles dicht“, sagt er. Auch das Wasser im Kellergeschoss sei untersucht worden, dabei handele es sich nur um Niederschlagswasser. Von Stephan Everling