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KabarettSatiresommer in Nettersheim ist Radio zum Anschauen

Lesezeit 4 Minuten
Eva Eiselt und Martin Zingsheim schauen grinsend auf ihre Handys, während sie auf einer Bühne vor Publikum stehen.

Auch auf der Bühne muss das Smartphone gecheckt werden: Bei Eva Eiselt und Martin Zingsheim geschieht das auf ausgesprochen unterhaltsame Weise.

Eva Eiselt und Martin Zingsheim präsentierten den Satiresommer in der vierten Ausgabe und zum ersten Mal im Nettersheimer Naturzentrum.

Radio hören ist schön, und wenn es etwas zu sehen gäbe, wäre es Fernsehen. Manchmal wäre es interessant zu sehen, was passiert. Vor allem, wenn die Comedy- und Satiregrößen, die regelmäßig auf WDR 5 bei „Unterhaltung am Wochenende“ zu hören sind, so etwas sagen wie: „Das können Sie jetzt an ihren Radiogeräten nicht sehen.“

Die Gelegenheit, quasi einen Blick hinter die Mikrofone zu werfen, gab es in Nettersheim, als im Naturzentrum der „Satiresommer live“ aufgezeichnet wurde. Rund 160 Zuhörer waren gekommen.

Wobei „live“ und „aufgezeichnet“ sich gegenseitig ad absurdum führen, wie auch Eva Eiselt feststellte. „Ich habe auch keine Ahnung, warum das live heißt, wenn es aufgezeichnet wird“, wunderte sie sich. Doch da die Live-Situation wenigstens für das Publikum galt, waren alle zufrieden. Mit ihrem Kollegen Martin Zingsheim führte die Kabarettistin durch das Programm.

Der Satiresommer gastierte zum ersten Mal in Nettersheim

Zum vierten Mal fand der Satiresommer im Kreis Euskirchen statt. Ursprünglich ein Kind der Corona-Pandemie, hatte die Veranstaltung 2021 ihre Premiere im „Kulturstall open air“ in Nöthen, im Hinterhof von Eiselts Wohnhaus. Nach zwei Stationen am Waldrand in Nöthen wanderten die Satiriker nun ein paar Kilometer weiter. „Wir sind sehr froh, jetzt ein Dach über dem Kopf zu haben“, so Eiselt. 2023 sei es doch fraglich gewesen, ob die Veranstaltung tatsächlich im Trockenen über die Bühne gehen würde.

In bewährter Manier präsentierten Eiselt und Zingsheim die Künstler. Mit dabei waren „La Signora“ alias Carmela de Feo, Sarah Hakenberg und Jochen Malmsheimer. Dabei räsonierten sie über den vergangenen Urlaub, den Zingsheim in der Eifel verbracht hatte, während Eiselt eigentlich mit dem neu erworbenen Wohnmobil nach Valencia aufgebrochen war, bevor der defekte Partikelfilter sie noch vor der Grenze zu Rheinland-Pfalz stoppte.

Die Rückfahrt im Schneckentempo sei die pure Entschleunigung gewesen, schwärmte sie, während Zingsheim überlegte, wo die Klimarettung sei, wenn auf Flüge in den Urlaub verzichtet würde, um dann mit einem Lkw in Ferien zu fahren.

Ruhrpottkabarettistin „La Signora“ witzelt über Paarbeziehungen

Über Paarbeziehungen ließ sich die Ruhrpottkabarettistin „La Signora“ aus. Dabei nahm sie sich auch die Leute vor, die wagemutig genug waren, sich in die vorderste Reihe zu setzen. „Was machst Du alleine in der Kneipe? Hattest Du Durst?“, forschte sie eine Frau aus, die ebendort ihren Ehemann kennengelernt hatte.

Sarah Hakenberg spielt Ukulele auf einer angeleuchteten Bühne.

Mit ihren Liedern unterhielt Sarah Hakenberg die Zuschauer.

Dann machte sie sich Gedanken über die Partnerwahl. Da sei der Typus „Hausmeister“, der grundsätzlich attraktiver sei als der Typus „Gigolo“, der nur fremdgehe. Doch auch Hausmeister seien gefährlich, wenn die blonde Nachbarin dessen Vorzüge entdecke. „Dann lieber einen Lehrer oder einen Beamten, der nichts kann“, empfahl sie. Leider kam das Publikum bei diesem Auftritt nicht in den Genuss ihrer Künste am Akkordeon.

Dafür versorgte Sarah Hakenberg die Zuhörer mit Musik. Ihre Mitsinglieder, begleitet von Ukulele und Keyboard, drehten sich um SUV und Gartenpools. Ihre Sprechkünste stellte sie vor, als sie die „Krisenbedingte chronische Rekultivierung rigoroser Regungslosigkeit“, kurz „Kchrrrr“, bekämpfen wollte, ein Zungenbrecher besonderer Sorte.

Kabarettist Jochen Malmsheimer veralbert Männer mit Sandalen

Wort- und Sprachgewalt sind die Attribute, die dem Kabarettisten Jochen Malmsheimer stets mitgegeben werden. Er sprach über die Vorteile, wenigstens etwas Englisch zu können. So sei es möglich, die Schilder zu verstehen, die im Flugzeug davor warnen, die Spülung der Flugzeugtoilette zu betätigen, während man noch darauf sitzt.

Jochen Malmsheimer steht im T-Shirt der Band ZZ Top am Mikrofon auf einer Bühne und hält ein aufgeschlagenes Buch in den Händen.

Jochen Malmsheimer lieferte einen gewohnt fulminanten Auftritt im Naturzentrum in Nettersheim ab.

Dann ließ er sich in geschliffener Sprache über Männer mit kurzen Hosen und Sandalen aus, ebenso über Wellness, Solariumbräune und Tattoos: „Ich will nicht wissen, auf wie viele weibliche Rücken die Worte ,Nicht auf den Boden spucken' und ,nächste Dichtigkeitsprüfung 2025' in asiatischer Kalligrafie gestochen wurden. Ich hätte es gemacht.“

Als besonderes Schmankerl las er eine Kurzgeschichte des Autors Victor Auburtin von 1921, der beschreibt, wie er einen Sommer lang erlebt, wie ein Schauspieler eine Rolle probt.

Befragte äußern sich positiv zur Veranstaltung in Nettersheim

„Wir gehen oft ins Kabarett“, sagte Markus Messing aus Kreuzau, der mit Sandra Kemsies nach Nettersheim gekommen war. Der Auftritt von Malmsheimer sei ein Grund gewesen, diese Veranstaltung zu besuchen. „Es gefällt uns. Punkt“, sagte er über die Qualität des Programms.

Begeistert waren die sechs Frauen aus dem Kreis Euskirchen, die in fröhlicher Runde unterwegs waren. „Ich war jetzt dreimal mit meinem Mann beim Satiresommer, jetzt habe ich gedacht, ich nehme Freundinnen mit, dann wird es lustig“, sagte die eine mit einem Augenzwinkern.


Die Aufzeichnung des Satiresommers wird am Samstag, 7. September, ab 15.04 Uhr in der „Unterhaltung am Wochenende“ auf dem Radiosender WDR 5 ausgestrahlt. Die Wiederholung ist am Dienstag und Mittwoch, 10. und 11. September, von 20.04 bis 21 Uhr zu hören.

Mit der Vorpremiere des neuen Programms wird Eva Eiselt „Jetzt oder sie“ am 20. September im Naturzentrum in Nettersheim auftreten. Die Veranstaltung ist ausverkauft. Tickets gibt es noch für den Ausweichtermin am Freitag, 31. Januar, 20 Uhr, im Casino in Euskirchen.