Der Kunst-Vernissage im Marmagener Schützenhaus werden weitere gemeinsame Aktionen folgen.
VernissageWie die Marmagener und die Geflüchteten zueinander finden
Bernd Maus strahlte über beide Backen. „Das ist Marmagen“, freute sich der Ortsvorsteher über die rege Teilnahme der Einwohner an der Vernissage mit Kunstwerken, die Bewohner der Notunterkunft für Geflüchtete gemacht hatten.
Rund 100 Gäste, darunter rund 40 Geflüchtete, waren in das kürzlich wiedereröffnete Schützenhaus gekommen. Sie feierten bei Gesprächen und Musik eine Vernissage, die in ihrer unbeschwerten Kennenlernatmosphäre an die ersten Willkommensfeste 2015 erinnerte, als ebenfalls eine Flüchtlingswelle Deutschland erreichte.
Es ist ein Hoffnungsschimmer auf Entspannung in dem 1600-Seelen-Ort mit der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik. Einst war das Haus der größte Arbeitgeber in der Gemeinde, nun bereitet es Sorgen und gibt Anlass zu Diskussionen. Seitdem Land und Bezirksregierung dort eine Notunterkunft eingerichtet haben, reißen die Debatten nicht ab. Seit April ist die Einrichtung voll belegt: 750 Geflüchtete leben derzeit dort. Trotz des Missverhältnisses zur Einwohnerzahl Marmagens planen aktuell weder Bezirksregierung noch Ministerium eine Reduzierung.
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Menschen aus Marmagen engagieren sich ehrenamtlich für Geflüchtete
Allen Widrigkeiten zum Trotz – im April und Mai hatten die Straftaten in Marmagen und Nettersheim deutlich zugenommen – engagieren sich eine Reihe von Marmagenern, allen voran Manfred Poth, Vorsitzender des Vereinskartells und der SG 69 Marmagen-Nettersheim, und Ortsvorsteher Maus, um ein gutes Miteinander hinzubekommen. Nicht ganz einfach ist das bei der restriktiven Politik der Bezirksregierung in Sachen Zutrittsmöglichkeiten zu der Unterkunft.
Mit großer Beharrlichkeit haben es die Marmagener erreicht, gemeinsame Aktionen zu entwickeln. Eine Müllsammelaktion mit Geflüchteten im Frühjahr war der Beginn, danach konnte Poth etwa die Beteiligung von Bewohnern der Einrichtung beim alljährlichen Sportfest vermelden.
Seit Anfang August ist vom DRK-Kreisverband Euskirchen, der die Anlage betreibt, ein „Umfeldmanagement“ aktiv. Ein dreiköpfiges Team trifft sich regelmäßig in einer Arbeitsgruppe mit den Marmagener Ehrenamtlern und entwickelt gemeinsame Projekte.
Marmagen: Umfeldmanagement in Notunterkunft wirkt sich positiv aus
Freiwillige wie Elvira Nücken unterstützen das DRK. „Ich habe in der Eifelhöhen-Klinik 23 Jahre in der Pflege gearbeitet, nun arbeite ich dort im Kindergarten“, berichtete sie. Zwischen zehn und zwanzig kleine Kinder kämen regelmäßig dorthin, auch Mütter aus den Reihen der Geflüchteten. „Das hat den Vorteil, dass sie verstehen, was die Kinder sagen“, so Nücken.
„Seit das Umfeldmanagement da ist, können wir solche Veranstaltungen machen“, sagte Poth. Mit der regen Beteiligung habe die Vernissage all seine Erwartungen übertroffen. Er habe die Sorge gehabt, dass nur wenige Einwohner kommen: „Ich bin stolz darauf. Das zeigt, dass die Marmagener mit der Situation sehr gut umgehen.“
Bereits vor zwei Wochen hatte eine Wanderung mit rund 60 Bewohnern und 15 Marmagenern gegeben. Nun war die Beteiligung ungleich größer. „Wir wollten die Menschen aus Marmagen und der Eifelhöhen-Klinik zusammenkriegen“, betonte Poth bei der Vernissage. Viele Gespräche zwischen Geflüchteten und Einwohnern entwickelten sich. Vor allem Menschen aus dem Iran hatten sich in die vom DRK bereitgestellten Busse gesetzt und zum Schützenhaus bringen lassen.
In den Bildern spiegeln sich Gefühle und Erlebnisse der Geflüchteten wider
Seit zwei Wochen hatten die Bewohner intensiv an den Kunstwerken gearbeitet, berichtete Nazmi Rrahmani vom Umfeldmanagement des DRK. Von ungelenken Zeichnungen bis zu sorgfältig ausgeführten, großformatigen Gemälden war alles vertreten. „Wer sich die Bilder ansieht, wird sehen, wie viele Sachen dort zum Ausdruck kommen“, sagte Poth: Freude, Trauer, die Erlebnisse der Geflüchteten.
Am Tisch im Schützenhaus saß Obadi aus dem Iran und zeichnete sorgfältig ein bärtiges Gesicht. Bereits als Kind habe er gemalt, ließ er übersetzen. Hier male er jeden Tag: „Dann kann ich in meine Vorstellungswelt reisen, ich kann überall hinfliegen.“
Die Abgeschiedenheit der einstigen Reha-Klinik sei gut für sie, sagte eine junge Frau aus dem Iran, die mit ihren beiden Söhnen zur Vernissage gekommen war. „Ich liebe Marmagen“, sagte sie. Es sei sehr ruhig, so könne sie über die Zukunft nachdenken. „Ich mache mir große Sorgen über die Zukunft meiner Söhne“, sagte sie. „Marmagen ist gut, die Leute sind sehr nett“, sagte der 27-jährige Joseph aus Guinea. Am 30. Mai sei er in der Unterkunft eingetroffen und komme gut zurecht.
Dalia Alberzi lobt die Deutschen: „Sie haben soviel Disziplin – und sind sehr nette Menschen“
„Es ist gut, wir haben keine Probleme“, sagte auch Dalia Alberzi aus dem Iran. Seit fünf Monaten sei sie hier, berichtete sie in sauberem Deutsch: „Das habe ich über Youtube gelernt.“ Sie habe viel Respekt vor den Deutschen: „Sie haben soviel Disziplin – und sind sehr nette Menschen.“
Ahmad Abbaspour aus dem Iran setzte sich seiner Gitarre in die Mitte der Schützenhalle und begann zu singen. In das alte persische Lied „Age ye rooz“, das von einer langen Reise handelt, fielen viele seiner Landsleute ein. Spontan vereinbarte Poth einen Auftritt mit Abbaspour in der Gaststätte Schmidt im Oktober.
„Unser Ziel ist es, in den nächsten Monaten immer wieder ähnliche Aktionen anzubieten“, erklärte er. Die nächste ist bereits terminiert: Am 22. September findet eine gemeinsame Fahrradtour mit Marmagenern und Geflüchteten statt.