Nach DreharbeitenDas Haus der „Päpstin“ mitten im Wald
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Zwei sehr alt aussehende Hütten sind von den „Päpstin“-Dreharbeiten im Schmidtheimer Wald übrig geblieben.
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Schmidtheim – „Beim Überflug über den Schmidtheimer Wald habe ich ein Dorf entdeckt, in dem die Zeit stehengeblieben ist.“ Das berichtete vor rund vier Jahren Egon Joisten, der auf der Dahlemer Binz einen Tragschrauber-Service anbietet. Doch beim nächsten Gyrokopter-Flug mit dem Fotografen blieb das Dorf „verschwunden“, so sehr sich der Pilot auch anstrengte, es zu entdecken. Zu gut waren die strohgedeckten Hütten und Häuschen der Landschaft angepasst.
Heute, gut vier Jahre später, steht das „Dorf“ immer noch. Zumindest zwei Hütten, aus Lehm, Stroh und Holz errichtet, sind zu sehen. Von der weiteren „Infrastruktur“ des Dorfs – Gärten, Friedhof und Ställe – kann man lediglich niedergetretene Umrandungen erkennen.
Das „Dorf“, das tief im Wald liegt und aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen scheint, wurde erst vor vier Jahren erbaut. Der Ort war mit Bedacht ausgewählt worden, denn seine Existenz sollte geheim bleiben. Es war bewacht, fotografieren war verboten. Das Dorf diente als Filmkulisse für „Die Päpstin“ – und die Crew wollte auf keinen Fall bei ihrer Arbeit gestört werden.
Das Team wurde während der Dreharbeiten im Alten Sägewerk in Schmidtheim betreut – darunter auch Komparsen, die in einem Casting in Schmidtheim gesucht worden waren. 250 Interessenten hatten sich damals im Bürgerhaus zum Casting für diese „Mini-Rollen“ eingefunden.
Abgeschottet von neugierigen Blicken – schon an der B51 wurden Neugierige von Sicherheitskräften abgefangen – wurde im September 2008 in der Eifel der Geburtsort der späteren „Päpstin Johanna“ in Szene gesetzt. Gedreht wurden dort Passagen der Kindheit der Frau, die der Sage nach später Päpstin in Rom wurde. Dieser Film basiert auf dem gleichnamigen Historien-Roman von Donna W. Cross. Demnach wurde Johanna 814, kurz nach dem Tod Karls des Großen, in Ingelheim am Rhein geboren. In „Die Päpstin“ wird sie als Tochter des Dorfpriesters dargestellt, der nicht glücklich über weiblichen Nachwuchs war und mit harter Hand über seine Frau, die heimlich zu Wotan betete, und seine Kinder herrschte. Es war eine Zeit, in der die Frau dem Mann untertan zu sein hatte, eine Zeit, die von Armut geprägt war.
Im „Dorf“ im Schmidtheimer Wald drehte die Filmcrew um Regisseur Sönke Wortmann die Szenen um das Mädchen Johanna. Bevor Schauspielerin Johanna Wokalek in die Rolle der erwachsenen Johanna und der „Päpstin“ schlüpfte, stellte Tigerlily Hutchinson das Mädchen dar, das unter seinem strengen Vater zu leiden hatte. Lotte Flack spielte Johanna im Alter von zehn bis 14 Jahren.
Die in Schmidtheim gedrehten Szenen erzählen auch von der Wissbegier des Mädchens mit den langen, blonden Haaren. Im Wald steht heute auch noch die Hütte, in die sich „Johanna“ und ihr Bruder zurückzogen und in der er ihr heimlich Lesen und Schreiben beibrachte. Auch der Besuch des Lehrers Aesculapius spielte dort. Die in der Eifel gedrehten Szenen enden in dem Moment, als Johanna genug hat von den Demütigungen ihres Vaters und das Dorf verlässt. Das Winken ihrer Mutter ist als letzte Einstellung zu sehen.
Wanderweg in der Nähe
Im Schmidheimer Wald wurde der „armseligste“ Drehort des gesamten Films aufgebaut: Halb verhungerte und zerlumpte Menschen mussten täglich ums Überleben kämpfen. Die Dreharbeiten begannen Anfang August 2008 auf der Burg Querfurt in Sachsen-Anhalt. Drehorte waren neben Schmidtheim der Kreuzgang der Landesschule Pforta und die Kirche St. Cyriakus in Gernrode. Die Szenen, die in Rom spielen, entstanden im marokkanischen Ouarzazate.
Noch bevor der Film im Oktober 2009 in die Kinos kam, war Regisseur Sönke Wortmann wieder im Kreis Euskirchen zu Gast. In Euskirchen erhielt er den mit 30
000 Euro dotierten Großen Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung.
Inzwischen ist der Film mehrfach im Fernsehen gezeigt worden – und zwei Hütten tief im Wald zwischen Dahlem und Schmidtheim stehen noch. In etwa 300 Metern Entfernung verläuft ein Wanderweg des Eifelvereins. Von diesem aus kann man die Spitzen der Hütten so grade erkennen. Doch das hoch gewachsene Gras, das nicht niedergetreten ist, zeugt davon, dass dieses verlassene Dorf keinen Besuch erhält.