In diesem Jahr geht's auf Burg Satzvey gleich zweimal schaurig-schön zu. Nach dem Auftakt am Wochenende folgt am Dienstag der zweite Teil des Horror-Events.
GruselspaßTausende Besucher zog es zum Halloween-Spektakel auf Burg Satzvey
Der Halloween-Spaß startete früh: Am Samstag begann das zweitägige Grusel-Event auf Burg Satzvey, das in der Nacht zum 1. November seinen Höhepunkt erreicht. Schon zum Auftakt wurden bis zu 5000 Besucher aus einem Umkreis von mehr als 100 Kilometern erwartet.
„Nennen Sie mich einfach Pierre. Pierre reicht.“ Die Gestalt mit den beiden weißen Kontaktlinsen und blutroter Iris im bleich geschminkten Gesicht und dem körperlangen schwarzen Umhang stakte mit ausdruckslosem Blick langsam im schwarz ausgeschlagenen Nachen näher an die Brücke über den Wassergraben von Burg Satzvey. „Pierre“ ist der Fährmann, dem man sich ungern anvertrauen würde für die Fahrt über das trübe Gewässer, das das alte Gemäuer von Burg Satzvey vom Dorf trennt.
Ein Fährmann stakt mit dem Boot über den Wassergraben von Burg Satzvey
„Wenn die Kinder mich aus der Ferne sehen, lachen sie. Doch wenn ich dann näherkomme, packt sie oft das Grauen“, meinte die schwarze Gestalt nur. Nicht so die zehnjährige Charlotte aus Wachtberg: Sie bat ihren Vater Detlef sofort, schnell ein Foto mit ihr und dem Fährmann zu machen. Das zum Thema Horror, den am Samstagnachmittag zunächst vor allen Dingen Familien mit Kindern beim erstmals angebotenen „Kinderprogramm“ entdecken wollten.
Leonie, Felix, Leonhard und Eduard etwa waren mit ihren Eltern aus Leverkusen erstmals zu Halloween auf Burg Satzvey angereist. Zünftig als Folterknechte kostümiert und mit Sensen und Ketten „bewaffnet“, inspizierten sie die drei Höfe der Burg und stießen dort auf viele Gleichgesinnte.
„Wir haben auf der Internetseite Känguru den Tipp gefunden. Wo gibt es schon eine so schöne Location zu Halloween wie diese tolle Burg?“, sagte Anna Kinn. Da war sie sich mit Ehemann Waldemar und den Freunden Alexander und Natalja Gipner einig, auch wenn die Gruppe an Parkgebühren und Eintritt an die 100 Euro gezahlt hatte.
Schnell hatten sich am Samstagnachmittag die als Parkflächen ausgewiesenen Wiesen gefüllt. Ulrike, Bruno und Jeanette aus Abenden und Düren waren am späten Nachmittag angereist. Die eine war als Voodoo-Priesterin, die andere als eine – wie viele an diesem Tag – lebende Leiche wie am „Dia de Muertos“ in Mexiko und Spanien kostümiert. Zwischen den beiden der „Öffner der Pforten der Hölle“.
Zu diesem Zeitpunkt endeten langsam die Attraktionen für die Kinder wie der „Elternschreck-Parcours“, Stopptanzen mit Märchenfiguren im Burghof oder „Süßes oder Saures“. Noch aber blieb verschlossen, auf was sich auch die drei aus Abenden und Düren besonders freuten: Der Parcours des Schreckens war noch dunkel.
Am Burgtor lauern zwei Vampirfrauen auf die Besucher
Elf „Walking Acts“ auf dem Burggelände sorgten stattdessen für steigende Vorfreude. Gleich am Burgtor hatten sich zwei in weiße Tüll-Spitzengewänder gehüllte Vampirinnen als Einlasswächterinnen auf hohen schwarzen Podesten positioniert. Die zähnefletschenden Untoten stießen immer wieder unvermittelt bis fast auf Kopfhöhe auf den Besucherstrom herab und trieben die Leute so ins Burginnere. Etwa zur Livemusik der Kölner Gothic-Metal-Band Rabengott im Gutshof.
Und zu Reibekuchen und Glühwein oder dem Kunstgewerbe an den Verkaufsbuden. Mike van Mastrigt aus Floisdorf ließ das drohende Zähnefletschen der beiden Horrorladys unbeeindruckt. Er hatte seinen „Herrn Tod“ als große Schulterpuppe gleich mitgebracht: „Die ganze Atmosphäre hier – einfach toll“, meinte er.
Wenige Meter weiter teilten Anastasia und Freundin Sophia – die 15-jährige Teenagerin ist mit Mutter Valentina Korobovych vor eineinhalb Jahren aus der Ukraine nach Köln geflohen – die gewisse Sorglosigkeit gegenüber dem auf dem Burggelände allgegenwärtigen inszenierten Grauen in einer aufgebauten Zahnarztpraxis: Fürs Foto stellten sich die beiden jungen Frauen links und rechts neben einem auf seinem Stuhl gefesselten Patienten und simulierten Küsschen auf dessen Wangen. Oder das, was davon noch übrig war. Denn das Gesicht der lebensechten Zombie-Patienten-Puppe war übel zugerichtet.
Die dafür verantwortliche Dentistin, Dr. Dr. Frankenstein, wie sich Henrike aus Kommern vorstellte, kollidierte unterdessen immer wieder unter einem düsteren Torbogen mit aufschreckenden Halloween-Besuchern. Sie gehöre zu den Walking Acts, erklärte die Zahnarzt-Darstellerin. Sie trug eine zerfurchte, von Narben und Rissen verunstaltete Gesichtsmaske, dazu blinde runde Vergrößerungsgläser am Stirnband, der „Arztkittel“ blutverschmiert, die Hände ebenfalls blutrot.
„Manche lachen, wenn sie mich sehen – aber aus Angst“, so die Dentistin des Grauens. Ihre Behandlungsmethode: Betäubt wird nicht!
„Die Besucher haben mittlerweile selbst immer bessere Kostüme, da müssen wir uns Mühe geben, um dagegenzuhalten“, erklärte Henrike. Der aufwendige Maskenbau ist ihr Hobby: Sie hatte auch die beiden Torwächterinnen oder herumlungernde „Werwölfe“ kostümiert und mit den passenden Masken ausgestattet. Was ihr als Fachfrau am abendlichen Spuk am meisten gefalle? „Ich warte auf die Darsteller im Parcours des Schreckens.“
„Hier wartet das letzte Getränk deines Lebens“, hieß es wenig später geschäftstüchtig in einem kleinen Horrorladen. Der verkaufte ein eifelweit bekanntes Bier an die, die in endloser Schlange im Zickzack entlang der von bunten Scheinwerfern illuminierten Wiesen zu einer Senke hinter einer kleinen Baumgruppe geführt wurden. Der Parcours des Schreckens war endlich offen.
Der Höhepunkt ist in Satzvey der Parcours des Schreckens
Es ging vorbei an einer Art Friedhof der Kuscheltiere mit Grabsteinen für die Teletubbies, die WDR-Maus oder Schneewittchen und ihre sieben Zwerge. Nun wurde ernsthaft gegruselt. Da näherte sich von der Seite wie aus dem Nichts eine mit blutroten Kiefern und aus irren Augen lächelnde Rokokodame im abgerissenen Kleid und schmeichelte sanft: „Ich bin eine Erschreckerin.“
An einer im fahlen Gegenlicht schemenhaft zu erkennenden Brücke über den Veybach erfolgte die letzte Warnung: „Wir teilen Sie in 30er-Gruppen ein. Bleiben Sie zusammen, berühren Sie nichts, man berührt Sie auch nicht“, verkündete ein Security-Mitarbeiter das Ende der Gemütlichkeit. Und dann ging es über die kleine Brücke und ans jenseitige Bachufer hinein in die von Baustellensichtschutzplanen abgetrennten, verwinkelten Gänge der Gegenwelt.
Untote krochen auf dem matschigen Boden, ein mehrere Meter großes Alien-Monster löste sich plötzlich aus dem Baumdunkel am Wegesrand und durchbrach mit den Riesenschritten eines Stelzengängers unter dem unförmigen schwarzen Überwurf die auseinanderspringenden, aufschreienden Besuchergruppen.
An der nächsten Ecke torkelte aus einer Kunstnebelwand eine lebensgroße, grell geschminkte Aufziehpuppe auf die Neugierigen zu und winkte unsicher mit dem mechanisch wirkenden Arm. Wieder einige Windungen des Horrorparcours weiter war eine Szene an einer Art Schlachtbank dargestellt. Daran eine rasende Alte mit einem großen Fleischermesser. Dann kamen einem wieder gierige Zombies mit schräg gelegtem Kopf näher, als einem lieb war. Kurzum: Freunde des Horrorfilms hatten hier ihr reines Vergnügen.
„Das ist schon richtig gut gemacht“, lobte Sven Perez Gonzalez aus Rheinbach am Ende des Parcours beim Danach-Whisky vom Spezialisten am Cateringstand. Die Figuren wirkten auf ihn und auch auf Partnerin Tanja Jungbluth schlicht lebendig. „Und das Engagement, mit dem die bei der Sache sind, ist beachtlich!“ Keine Staffage wie auf der Kirmes-Geisterbahn.
Patricia Gräfin Beissel organisiert das Halloween-Spektakel auf Burg Satzvey
„Das Verkehrsaufkommen wollen wir auf diese Weise entzerren“, begründet Patricia Gräfin Beissel das Halloween-Doppel am 29. und 31. Oktober auf Burg Satzvey.
Die Eventmanagerin versucht, bei allen Veranstaltungen die Besuchermeinungen mit Umfragen zu ergründen. „Deshalb machen wir in diesem Jahr zum ersten Mal ein Kinderprogramm, das wurde immer wieder gewünscht“, so Gräfin Beissel. Neben der Burgweihnacht und den Ritterspielen gehört die Halloween-Veranstaltung mittlerweile zu den erfolgreichsten Events auf der Burg.
Damit das gelingt, wird nichts dem Zufall überlassen. Livemusik von der Gothic-Metal-Band Rabengott oder der wilden Freibeuter-Romantik von Kaperfahrt, elf „Walking Acts“ und 20 Darsteller des Kölner Metropol-Theaters sorgen neben der passenden Beleuchtung des Burgareals und Dekorationen für das passende Ambiente. Das größte Erfolgsrezept der Veranstaltung aber sind die Besucher selbst: Bei ihnen ist eine Halloween-Kostümierung ausdrücklich erwünscht.