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Kreisliga C in MechernichFußballspiel nach mutmaßlichem Rassismus-Vorfall abgebrochen

Lesezeit 6 Minuten
Das Bild zeigt den Unparteiischen, der über dem Kopf die Arme überkreuzt.

Schiedsrichter Ismail Gündogan (grünes Trikot) deutet an, dass er die Kapitänsregel zieht, um die Gemüter zu beruhigen.

Beim Derby Mechernich gegen Feytal kam es zu unschönen Szenen. Die Partie wurde abgebrochen. Ein Spieler ist bereits abgemeldet.

Derby, grobes Foulspiel, Rudelbildung, Emotionen – eine Kombination, die im Fußball oft nichts Gutes verheißt. So auch bei der Kreisliga-C-Partie zwischen der TSV Feytal und der zweiten Mannschaft der TuS Mechernich.

Nach einem überharten Einsteigen sah Feytals Thomas Schenk beim Stand von 2:3 aus Sicht seiner TSV in der 55. Minute die Rote Karte von Schiedsrichter Ismail Gündogan. So weit, so normal für ein Fußballspiel. Sollte nicht, kann aber passieren. Was im Anschluss auf dem Rasenplatz am Schulzentrum in Mechernich geschah, hat im Sport aber mal so gar nichts zu suchen. Auch nicht aus den Emotionen heraus.

Unklar ist, auf wen sich die rassistischen Äußerungen bezogen

Ein Feytaler Spieler soll eine rassistische Beleidigung ausgesprochen haben – ob Schiedsrichter Gündogan oder ein Mechernicher Gegenspieler gemeint war, muss das Sportgericht in Hennef klären. Dahin hat der Kreis Euskirchen den Fall abgegeben, weil es sich laut Rechts- und Verfahrensordnung um ein „grob unsportliches Verhalten“ des Feytaler Spielers gehandelt hat.

Laut dieser Ordnung muss der C-Ligist TSV Feytal mit einer Geldstrafe von mindestens 500 Euro rechnen. Dem Feytaler Kicker drohen mindestens fünf Spiele Sperre. Danach wird er laut Thomas Dümmer, Vorstandsmitglied der TSV, nicht mehr für den C-Ligisten auflaufen. „Wir haben uns noch am Sonntagabend von ihm getrennt und ihn vom Spielbetrieb abgemeldet“, sagte Dümmer im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wir stehen dafür als Mannschaft, als Verein ein, weil das Verhalten des Spielers nicht die Haltung des Vereins widerspiegelt.“

TSV Feytal: Verbaler Aussetzer ein „bedauerlicher Einzelfall“

Es sei ein „bedauerlicher Einzelfall“ gewesen, so Dümmer, der sich sicher ist, dass der Spieler nicht den Schiedsrichter mit der rassistischen Äußerung gemeint hat, sondern einen Mechernicher Gegenspieler.

Laut Peter Dierichsweiler, Leiter des Spielausschusses beim Fußballkreis Euskirchen, geht genau das aus dem Sonderbericht des Unparteiischen nicht hervor. „Er hat aber definitiv zwei Aussagen aufgeschrieben, die auf eine rassistische Äußerung schließen lassen“, so Dierichsweiler. Wie der Spielausschuss-Chef berichtete, habe er in dieser Saison bisher sehr viel mit Roten Karten und Platzverweisen zu tun: „Sonntags haben sie alle Schaum vorm Mund und montags rudern die dann zurück und alles sei gar nicht so schlimm gewesen.“

Wie der Abbruch des Spiels gewertet wird, ist offen. „Wir waren zwar in Unterzahl, aber natürlich haben wir noch Chancen gesehen, dass wir mindestens einen Punkt holen“, sagte Feytals Dümmer. Man werde das alles auf sich zukommen lassen, zumal es nicht mehr in der Hand der TSV liege.

Wir warten die Entscheidung des Sportgerichts ab und wollen alles andere nicht kommentieren.
Tobias Hoß, Geschäftsführer der TuS Mechernich

In der Szene sah übrigens auch Mechernichs Ali Alayan die Rote Karte, obwohl dieser laut eines Zuschauers zuvor auch noch geschubst worden war. Alayan wollte eigentlich beschwichtigten, legte dabei aber den Arm um die Schulter eines Feytalers, was der Unparteiische aus seiner Sicht als Tätlichkeit wertete. Genau wie Feytals Schenk wird Alayan vom Fußballkreis Euskirchen gesperrt. Mit der Entscheidung über die Dauer der Sperre ist noch in dieser Woche zu rechnen.

Schiedsrichter Gündogan erhält übrigens – auch wenn die Rote Karte gegen den Mechernicher Alayan vielleicht auf einer Fehlinterpretation der Geschehnisse beruht – Lob von allen Seiten. „Dass er die neue Regelung zur Deeskalation angewendet hat, war richtig“, sagt Peter Dierichsweiler. Auch dass er anschließend das Gespräch mit den Mannschaften und Verantwortlichen gesucht habe, kam bei diesen gut an.

DFB hat Stopp-Konzept für aufgeheizte Stimmung eingeführt

Seit dieser Saison hat der DFB ein sogenanntes Stopp-Konzept eingeführt, um die Gemüter bei Bedarf zu beruhigen. Ist das angezeigt, hebt der Unparteiische beide Arme über den Kopf und überkreuzt die Handgelenke. Anschließend streckt dieser die Arme auf Schulterhöhe voneinander weg und deutet mit einer seitlichen Stoßbewegung an, dass sich die Spieler in ihren jeweiligen Strafraum begeben müssen. Wer sich widersetzt, kann mit einer Gelben Karte bedacht werden.

Anschließend ruft der Schiedsrichter Trainer, Kapitäne und weitere von ihm zugelassene Personen wie Sicherheitskräfte oder Ordner in den Mittelkreis. Dort teilt ihnen der Unparteiische den Grund für die Aussetzung des Spiels mit. Bei Bedarf kann er Trainer und Kapitäne auffordern, Spieler, Offizielle oder Zuschauer zu beruhigen, damit das Spiel im Anschluss fortgesetzt und ein Spielabbruch verhindert werden kann.

Im Fall der Partie Mechernich gegen Feytal suchte Schiedsrichter Gündogan das Gespräch mit beiden Mannschaften. Nach Informationen dieser Zeitung sahen sich die TuS-Kicker nicht in der Lage, nach dem Vorfall die Partie fortzusetzen. Daher entschied sich der Unparteiische zum Abbruch beim Stand von 3:2 für Mechernich und noch gut 35 Minuten zu spielen.

Die TuS Mechernich will sich zu den ganzen Geschehnissen von Sonntagnachmittag nicht äußern. Tobias Hoß, Geschäftsführer der TuS, verweist auf das nun laufende Verfahren. „Wir warten die Entscheidung des Sportgerichts ab und wollen alles andere nicht kommentieren“, sagte Hoß auf Anfrage dieser Zeitung.


Schiedsrichtermisere: ETSC appelliert an Vereine und Verband

Auch im Kreis Euskirchen gibt es immer weniger Schiedsrichter. Zwar fand am vergangenen und an diesem Wochenende ein Anwärterlehrgang des Fußballkreises Euskirchen statt, aber die Absolventen sind immer nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Und weil es schlichtweg zu wenige Unparteiische gibt, müssen immer häufiger Spiele ohne einen offiziellen Schiedsrichter durchgeführt werden.

Nun hat der Euskirchener TSC auf Social Media eine Erklärung zur Situation aus Sicht der Kreisstädter abgegeben, die von Vereinen, aber auch Peter Dierichsweiler, Leiter des Spielausschusses beim Fußballkreis Euskirchen, viel Zustimmung erhält.

Zwei der bisherigen vier Partien des ETSC fanden in der Kreisliga B ohne offiziellen Schiedsrichter statt. „Wir nehmen uns hier natürlich selbst in die Pflicht, als Verein Schiedsrichter zu stellen und auszubilden. Leider ist der Nachwuchs rar und Schiedsrichter werden zwischen den Vereinen hin und her transferiert, hier zählt nur, welcher Verein dem Schiedsrichter mehr Geld zahlt, damit er in seinem Verein Mitglied wird“, schreibt Max Hilgers, Abteilungsleiter Senioren-Fußball.

Der Kampf um die Schiedsrichter ist im Kreis entbrannt, weil empfindliche Strafen drohen, wenn ein Verein keine Unparteiischen stellt. Dass immer häufiger eine Partie von einem Betreuer geleitet werden, greife massiv in den Spielbetrieb ein, so Hilgers: „Objektive Spielleitungen sind durch Betreuer oder Angehörige des einen spielenden Vereins schlichtweg nicht gegeben. Und auch die Personen, die sich bereit erklären, diese Aufgabe zu übernehmen, bringen sich selbst in eine schwierige Situation. Respekt an jeden, der sich dies freiwillig antut.“

Entsprechend will der ETSC als betroffener Verein auf den Verband zugehen, um an Lösungen zu arbeiten. Gerade auf Kreisebene seien Vereine, aber auch Verbände gefordert, das Schiedsrichterwesen wieder attraktiv zu gestalten. „Wir sitzen alle im selben Boot, unseren geliebten Fußball fair zu gestalten und zukunftssicher zu machen“, sagt Hilgers.