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eCall im AutoSo hilft moderne Technik Feuerwehr und Rettungsdienst im Kreis Euskirchen

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt einen Rettungshubschrauber, der auf einem Wirtschaftsweg in der Nacht gelandet ist. Drei Feuerwehrleute sind im Vordergrund zu sehen.

Moderne Technik, wie das eCall-System in Autos, erleichtert den Disponenten in der Leitstelle die Koordination der Rettungsmittel.

eCall und Smartphone sind in der Lage, Notrufe automatisch abzusetzen. Im Kreis Euskirchen nimmt die Form der Alarmierung stetig zu.

Ein gemeldeter Unfall auf der L11 bei Enzen: Die Zülpicher Feuerwehr ist mit mehr als 20 Einsatzkräften vor Ort. Ein verunglücktes Auto oder Motorrad finden die Feuerwehrleute allerdings nicht. Fehlalarm? „Auf eine gewisse Art schon“, sagt Markus Neuburg, Leiter der einheitlichen Leitstelle in der Kreisverwaltung.

Einem Motorradfahrer sei während der Fahrt das Smartphone aus der Hose gefallen. Das Telefon hat daraufhin laut Neuburg aufgrund der integrierten Sturzerkennung automatisch den Notruf gewählt. Tatsächlich entdeckt die Feuerwehr nach einigem Suchen das Smartphone. Der Motorradfahrer war da längst nicht mehr in der Nähe – weitergefahren, vermutlich ohne überhaupt bemerkt zu haben, dass er das Handy verloren hatte.

Kreis Euskirchen: Moderne Technik hilft auch der Rettungsleitstelle

In dem Fall hat die moderne Technik einen Fehlalarm ausgelöst. Ansonsten sei die Disponenten in der Leitstelle aber große Fans der modernen Technik, sagt Neuburg: „Die Zahl der Fehlalarmierungen ist sehr gering.“ Dabei bezieht sich der Feuerwehrmann aber nicht nur aufs Smartphone, sondern vor allem auf das sogenannte eCall-System.

Das funktioniere europaweit gleich, sagt Neuburg. Dabei nutze eCall sowohl Mobilfunk als auch Satellitenortung, um nach einem Unfall automatisch – oder von den Insassen ausgelöst – eine Telefonverbindung zur einheitlichen Notrufnummer 112 herzustellen.

Nach Unfall: Freisprecheinrichtung schaltet sich automatisch dazu

„Die Disponenten nehmen die Verbindung an. Im Fahrzeug schaltet sich dann automatisch die Freisprechanlage an. Der Fahrer muss nichts machen“, so Neuburg: „Wenn wir nichts hören – beispielsweise weil der Fahrer bewusstlos ist –, gehen wir immer davon aus, dass sich mindestens ein Menschenleben in Gefahr befindet.“

Zusätzlich zur Sprachverbindung übertrage das eCall-System Informationen zum Unfallort, zur Art der Auslösung und zum Fahrzeug – über die Fahrzeuginformationsnummer. „Mithilfe der Technik wissen wir grundsätzlich auch, wie viele Menschen im Auto sind, weil das über die Gurterkennung ebenfalls übermittelt mit“, erklärt Neuburg: „Wenn jemand eine schwere Tasche auf den Beifahrersitz platziert hat und den Warnton ausstellen will, in dem der Gurt geschlossen wird und das Auto denkt, dass dort jemand sitzt, dann stimmt die Angabe nicht. Das ist aber ein absoluter Ausnahmefall.“ Zudem entsende man lieber zu viele Rettungskräfte als zu wenige, so der Leiter der Leitstelle.

Woher diese Wellenbewegung kommt, wissen wir nicht.
Markus Neuburg, Leiter der Leitstelle

Während das System bei schweren Kollisionen den Notruf wählt, geschieht das bei kleineren Remplern nicht. Das Notrufsystem könne auch bei einem dringenden medizinischen Problem manuell ausgelöst werden – beispielsweise bei einer Herzattacke: Fahrende, Mitfahrende oder auch Helfende können den im Fahrzeug befindlichen SOS-Notruf-Knopf drücken.

Laut EU-Verordnung müssen seit dem 31. März 2018 alle neuen Fahrzeugmodelle – Pkw und leichte Nutzfahrzeuge – serienmäßig mit einem eCall-Notrufsystem ausgestattet sein. Diese Vorschrift richtet sich an die Autohersteller. Für Fahrzeughalter besteht indes keine Pflicht, ihren Wagen nachträglich mit einem automatischen Notfallsystem auszustatten.

Das Bild zeigt einen Disponenten hinter zahlreichen Bildschirmen in der Leitstelle.

Die Leitstelle beim Kreis Euskirchen ist rund um die Uhr besetzt. Zahlreiche Notrufe laufen tagtäglich bei den Disponenten ein.

Das Bild zeigt ein Display in der Rettungsleitstelle. In der Mitte ist eine digitale Karte zu sehen.

Wer mit dem Smartphone den Notruf wählt, der übermittelt seine GPS-Daten gleich mit.

In diesem Jahr gingen laut Neuburg bis zum Juni 32 eCall-Notrufe in der Leitstelle ein. Im vergangenen Jahr waren es über die gesamten zwölf Monate 177 solcher Alarmierungen. Im Jahr davor übers gesamte Jahr zehn. „Woher diese Wellenbewegung kommt, wissen wir nicht“, so Neuburg. Grundsätzlich werde die Zahl aber stetig steigen, weil die Technik in immer mehr Fahrzeugen verbaut sein werde.

Ein Vorteil für die Disponenten in der Leitstelle und damit auch für die Rettungskräfte: Das eCall-System übermittelt die letzten Positionen, und somit, wie sich das Fahrzeug bewegt hat. Das sei auf der Autobahn ein großer Vorteil. „Wenn er nur die GPS-Position überträgt, hilft uns das nur bedingt weiter. Durch die Fahrtrichtungsübermittlung können wir viel gezielter Rettungsmittel auslösen“, so Neuburg.

Zwei Drittel der Notrufe werden per Smartphone abgesetzt

Nach Angaben des Kreises Euskirchen gehen jährlich etwa 45.000 Notrufe bei der Leitstelle ein. Gut 15.000 davon werden noch vom Festnetz getätigt, der Rest übers Smartphone. Auch in diesem Fall biete die moderne Technik den Einsatzkräften einen großen Vorteil.

Der Grund: Wer die 112 mit dem Smartphone wählt, übermittelt an die Leitstelle automatisch seine GPS-Daten. „Advanced Mobile Location“ (AML) nennt sich die Technik, die mit dem Notruf den Standort des Anrufers übermittelt – teilweise auf einen Drei-Meter-Radius genau.

Die Technik sei bei Unfällen ein großer Vorteil. Aber auch dann, wenn ein Kind den Notruf wählt, weil ein Elternteil bewusstlos ist, es aber die Adresse nicht nennen kann. Und manchmal gebe es Verständigungsprobleme am Telefon. Nicht unbedingt wegen einer Fremdsprache, da genüge schon ein stark ausgeprägter Dialekt, sagt Neuburg.


Die Batterie eines Unfallautos abzuklemmen, will überlegt sein

Bei einem Unfall in Weilerswist gab es jüngst eine kurze Diskussion zwischen Polizei und Feuerwehr darüber, ob denn nicht seitens der Einsatzkräfte bei einem der in die Kollision verwickelten Autos die Batterie abgeklemmt werden müsse. Die Zeiten, in der die Feuerwehr per se die Batterie abgeklemmt hat, sind nach Angaben von Markus Neuburg, Leiter der Rettungsleitstelle im Kreishaus, vorbei.

Dafür gibt es laut Neuburg mehrere Gründe. „Moderne Autos haben längst nicht mehr nur eine Batterie. Und viele Funktionen eines Autos sind vom Strom abhängig – beispielsweise die elektrische Heckklappe oder der elektrisch verstellbare Sitz oder elektrische Fensterheber“, erklärt Neuburg.

Würde man die Batterie abklemmen, könnte der Sitz nicht mehr nach hinten geschoben werden. Das wäre bei einem Unfallopfer, dessen Beine eingeklemmt sich, mitunter problematisch. In den meisten Fällen macht die Feuerwehr zum Brandschutz das Auto durch Abklemmen der Batterie stromfrei. Aber nicht nur deshalb: So kann es etwa vorkommen, dass ein Auto sich automatisch verriegelt, sobald man den Fahrer aus dem Fahrzeug rettet, der die Keycard in der Hose hat. Dann aktiviert das Auto den Diebstahlschutz.