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Eigene AkademieDRK im Kreis Euskirchen bietet neue Wege in den Rettungsdienst

Lesezeit 7 Minuten
Zwei Frauen und ein Mann in Rettungsdienstkleidung knien im Rahmen ihrer Ausbildung in einem Schulungsraum vor einer Person. Der Akademieleiter steht und beobachtet sie.

Für den Ernstfall wird auch am lebenden Objekt trainiert: Der Akademieleiter Alex Schiffer (stehend) beobachtet die Arbeit von Tanja Wester (v.l.), Vanessa Pessara und Dustin Ivens.

Vor einem Jahr hat das DRK seine Rettungsdienstakademie gegründet. Ein Ziel ist, Qualifikationen zu ehrenamtsgerechten Zeiten anzubieten.

Eigentlich sind es die Menschen, von denen jeder hofft, sie nie zu Gesicht zu bekommen. Doch im Ernstfall werden sie so sehnlich erwartet wie niemand sonst: die Rettungsdienst-Mitarbeiter in ihren markanten, orangeroten Jacken. Sie rücken an, wenn ein Unfall oder Unglück Verletzte gefordert hat. Sie führen lebensrettende Maßnahmen durch, leiten erste Schritte zur medizinischen Versorgung ein.

Doch wie alle Menschen mit einer fachlichen Qualifikation sind auch die Rettungshelfer, Rettungs- und Notfallsanitäter nicht an jeder Straßenecke zu finden. „Auch im Rettungsdienst haben wir Fachkräftemangel“, so Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Euskirchen.

DRK im Kreis Euskirchen begegnet Fachkräftemangel mit eigener Akademie

Fachkräftemangel? Dann bilden wir sie doch einfach selbst aus. Nach dieser Devise geht das DRK schon seit Jahren in verschiedenen Bereichen vor. Klingt einfach, doch das vermeintliche Patentrezept hat auch seine Tücken. Denn gerade auf dem Gebiet des Rettungsdienstes sind die Anforderungen an die Ausbildung hoch. Und die Zeiten, die notwendig sind, die Qualifikationen zu erwerben, entsprechend lang. Nicht viele Menschen haben die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, um mehrere Monate die in Vollzeit stattfindenden Kurse zu besuchen.

So kam der DRK-Kreisverband auf die Idee, Rettungshelfer und Rettungssanitäter berufsbegleitend auszubilden. Vor einem Jahr ging die Rettungsdienstakademie (RDA) mit diesem neuen Konzept an den Start. Nun haben die Verantwortlichen eine zufriedenstellende Bilanz für die ersten zwölf Monate gezogen.

Wir wollten ehrenamtsgerechte Zeiten anbieten.
Rolf Klöcker, Geschäftsführer DRK-Kreisverband Euskirchen

„Wir wollten ehrenamtsgerechte Zeiten anbieten“, beschreibt es Klöcker. Bislang seien diese Ausbildungen auch beim DRK mithilfe externer Dienstleister angeboten worden. Doch dafür sei es notwendig gewesen, entweder Urlaub zu nehmen oder komplette Wochenenden einzuplanen. Das aber sei nicht allen Ehrenamtlern möglich, so Klöcker. Um dennoch für Bevölkerungsschutz und Rettungsdienst genügend Menschen auszubilden, sei die RDA eingerichtet worden.

Um Aus- und Weiterbildung geht es in der neuen Einrichtung. So werden zum einen Rettungshelfer ausgebildet, das ist der Basiskurs, um überhaupt im Rettungsdienst tätig werden zu dürfen. Darauf aufgesattelt werden kann die Qualifikation zum Rettungssanitäter. Die höchste Qualifikation im Rettungsdienst haben die Notfallsanitäter – entsprechend komplex ist auch die dreijährige (Vollzeit-)Ausbildung. Sie wird in der RDA nicht angeboten, da sie nur schwer berufsbegleitend zu realisieren sei, berichtet Schulleiter Alex Schiffer.

Die Ausbildung kann auch berufsbegleitend absolviert werden

Darüber hinaus bietet die Akademie die eintägigen Fortbildungen an, die alle im Rettungsdienst arbeitenden Menschen mit insgesamt 30 Stunden im Jahr absolvieren müssen. Diese Gruppe macht den Großteil der Teilnehmerschaft aus. Das erste Jahr sei gut angelaufen, ohne dass Werbung für die neue Ausbildungseinrichtung mit ihren Standorten in Euskirchen und Vogelsang gemacht worden sei, führt Schiffer aus. 183 Kursteilnehmer haben demnach an 96 Unterrichtstagen die Akademie besucht. Insgesamt hat die RDA 17 Mitarbeiter.

Ein Koffer des Rettungsdienstes liegt geöffnet auf dem Boden in der Rettungsdienstakademie des DRK im Kreis Euskirchen.

Prall gefüllt ist der Notfallkoffer für den Rettungseinsatz.

Um es den Teilnehmern zu ermöglichen, die Angebote tatsächlich berufsbegleitend realisieren zu können, wurde ein modulares System ausgearbeitet, mit dem auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der Schüler eingegangen werden kann. Der Lehrgang zum Rettungshelfer, der in Vollzeit vier Wochen in Anspruch nimmt, wird in 80 Schulstunden absolviert. Die normalerweise dreimonatige Weiterbildung zum Rettungssanitäter ist in 280 Stunden aufgeteilt.

Dazu kommen bei beiden Bildungsgängen auch noch Praktika im Krankenhaus und im Rettungsdienst. „Während das Praktikum im Rettungsdienst in unseren Lehrrettungswachen ebenfalls individuell gestaltet werden kann, ist das im Krankenhaus bisher nicht möglich“, bedauert Schiffer. Aber auch daran werde gearbeitet. Um die Qualifikation zum Rettungshelfer berufsbegleitend zu erwerben, sollten rund acht Wochen eingeplant werden. Für den Rettungssanitäter sei etwa ein Dreivierteljahr notwendig, so Daniel Larres, stellvertretender Leiter der RDA.

Für die Rettungssanitäter stehen nun die Abschlussprüfungen an

Drei, die derzeit an der RDA lernen, sind Tanja Wester, Vanessa Pessara und Dustin Ivens. Wester und Ivens sind Teilnehmer des ersten Rettungssanitäterkurses und werden sich in dieser Woche der Abschlussprüfung stellen. Besonders für Wester ist das ein wichtiger Schritt. Die Weiterbildung an der RDA bedeutet für sie auch einen beruflichen Umstieg: Sie hat ihre bisherige Tätigkeit als Altenpflegerin aufgegeben und ist in die Reihen des DRK-Rettungsdienstes gewechselt.

Eigentlich habe sie erst einmal den Rettungshelfer machen wollen, sagt die Mutter von drei Kindern. Bereits vorher habe sie die ehrenamtlichen Sanitätsdienste unterstützt, was ihr Interesse an dem Thema geweckt habe. Nachdem sie diese Ausbildung absolviert habe, habe sie nicht mehr weggewollt. „Das Gesamtpaket hat mich überzeugt“, begründet Wester die Entscheidung, im vergangenen Oktober ihre Stelle gewechselt zu haben.

Hauptberuflich bin ich in der Zahnmedizin tätig. Ich bin Fan davon, Menschen zu helfen.
Dustin Ivens, angehender Rettungssanitäter

Die Wertschätzung und das Betriebsklima seien positiv. Die berufsbegleitende Weiterbildung lobt sie: „Die Kurszeiten sind absehbar.“ Ihrer Erfahrung nach ziehen alle an einem Strang, sie habe optimale Unterstützung sowohl von der Akademie als auch den Mitschülern erfahren.

Augenblicklich fährt sie als Rettungshelferin mit einem Rettungssanitäter Krankentransporte. Wenn sie ihre jetzige Ausbildung zur Rettungssanitäterin abgeschlossen hat, kann sie auch auf den Rettungswagen wechseln, der standardmäßig mit einem Notfallsanitäter und einem Rettungssanitäter besetzt ist.

Die Teilnehmer engagieren sich aus verschiedenen Gründen

Auch Dustin Ivens steht kurz davor, den theoretischen Teil der Ausbildung zum Rettungssanitäter abzuschließen. „Hauptberuflich bin ich in der Zahnmedizin tätig. Ich bin Fan davon, Menschen zu helfen“, beschreibt der 24-Jährige seine Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren. So habe er sich zunächst zum Rettungshelfer ausbilden lassen, damals noch nicht beim DRK. „Als die Nachricht kam, dass es nun möglich ist, sich berufsbegleitend zum Rettungssanitäter ausbilden zu lassen, habe ich mich sofort angemeldet“, sagt er.

Seit 2021 ist Vanessa Pessara bereits beim DRK als Helferin ohne Hund in der Rettungshundestaffel aktiv. Das Thema Rettungsdienst sei in ihren Fokus geraten, als ihr Mann eine Ausbildung zum Notfallsanitäter begonnen habe: „Ich fand es interessant, deshalb wollte ich auch in dem Bereich lernen.“ Das berufsbegleitend zu machen, sei für sie als Landesbeamtin in Vollzeit die einzige Option gewesen.

Seit fünf Wochen hat sie den schulischen Teil der Weiterbildung zur Rettungshelferin bereits abgeschlossen, nun steht das letzte Praktikum an. Doch schon jetzt habe sie sich für den Ende April startenden Rettungssanitäter-Kurs angemeldet. „Das war ein tolles Miteinander, und das Praktikum in der Rettungswache in Tondorf hat das bestätigt“, sagt Pessara.

Für Mitglieder des DRK sind die Angebote der Akademie kostenlos

„Wir sitzen alle in einem Boot, deshalb haben wir hier eine sehr familiäre Atmosphäre“, sagt Schiffer. Wenn Menschen lernen sollen, müsse es ihnen auch gut gehen. „Wir versuchen, die Kurse immer wieder auf verschiedene Tage zu legen, damit die Schüler auch noch andere Sachen wahrnehmen können“, ergänzt Larres.

Um sich an der Rettungsdienstakademie des DRK Euskirchen anzumelden, ist es nicht notwendig, auch Mitglied beim Roten Kreuz zu sein. Allerdings sind die Angebote für Mitglieder kostenlos. Für Nichtmitglieder werden für die Rettungshelfer-Ausbildung rund 800 Euro fällig, beim Rettungssanitäter rund 2500 bis 3000 Euro. Gut investiertes Geld, wie Schiffer deutlich macht: „Bei einem Bruttogehalt von rund 3000 Euro für einen Rettungssanitäter ist das schnell wieder drin.“ So gebe es unter den Schülern auch einige, die damit ihr Studium finanzieren wollen. „Acht Tage pro Monat 24-Stunden Dienst, da kann man auch noch nebenher andere Dinge machen“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Weitere Informationen, etwa zu den Anforderungen für die Ausbildung, und Kontakt zur Rettungsdienstakademie gibt es auf der Website des DRK-Kreisverbands Euskirchen und per E-Mail unter rettungsdienst-akademie@drk-eu.de.


Der Rettungsdienst im Kreis Euskirchen

Träger des Rettungsdienstes ist der Kreis Euskirchen. Zehn Rettungswachen gibt es aktuell. Die in Euskirchen, Mechernich und Schleiden betreibt der Kreis, die in Rescheid, Tondorf und Zülpich das DRK und die in Euskirchen, Bad Münstereifel, Marmagen und Vernich der Malteser Hilfsdienst. Rund 80 Mitarbeiter hat der Kreis-Rettungsdienst, noch einmal mehr als das Doppelte stellen DRK und Malteser.

Auch der Kreis Euskirchen widmet sich der Ausbildung im Rettungsdienst. Dort geht es um Notfallsanitäter: Drei Jahre dauert die Ausbildung zur höchsten Qualifikation im nicht-ärztlichen Bereich des Rettungswesens. Aktuell seien sechs Personen in Ausbildung, eine im ersten Jahr, drei im zweiten und zwei im Abschlussjahrgang, teilt der Kreis auf Anfrage mit. Dieses Jahr werden zwei neue Auszubildende eingestellt. Durchgeführt wird die Ausbildung an zwei staatlich anerkannten Notfallsanitäterschulen: dem Malteser Bildungszentrum Euregio in Aachen und im Malteser Bildungszentrum Rheinland in Bonn.

Im nächsten Rettungsdienstbedarfsplan, der sich aktuell kurz vor der Fertigstellung befindet und dann im Kreistag beraten und beschlossen wird, ist nach Angaben der Pressestelle des Kreises vorgesehen, die Ausbildungskapazitäten kreisweit zu erhöhen. Mit dem Plan, das hat Landrat Markus Ramers bereits angekündigt, soll auch die Einrichtung neuer Rettungswachen beschlossen werden. Jedoch hat er bislang nichts zu potenziellen Standorten gesagt – nur, dass es zwei im Südkreis sein dürften. Zudem sei davon auszugehen, dass bestehende Standorte aufgewertet werden, dort beispielsweise zwei statt einem RTW stationiert werden.