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Canneu erwartet regen ZustromErster Cannabisverein im Kreis Euskirchen ist gegründet

Lesezeit 6 Minuten
In einem Raum sind Halterungen und Geräte für den Anbau von Cannabis-Pflanzen aufgebaut.

Die Anbaugenehmigung steht noch aus, aber in einigen Räumen sind bereits die technischen Anlagen für den Cannabisanbau installiert worden.

Beim Cannabis Euskirchen Social Club (Canneu) sollen gemeinschaftlich Hanfpflanzen angebaut werden. Die nötige Genehmigung steht noch aus.

Viele Vereine klagen über einen akuten Rückgang bei den Mitgliederzahlen: Männergesangvereine stellen den Chorgesang wegen Überalterung ein, Fußballklubs gründen Spielgemeinschaften mit benachbarten Vereinen, weil es im Dorf nicht mehr genug Aktive gibt.

Und trotz des Booms beim Wandern kann auch der Eifelverein kaum neue Mitglieder für das Vereinsleben begeistern. In Euskirchen hat sich nun ein Verein gegründet, der bereits in Kürze mit einem regen Zustrom an Mitgliedern rechnet: Der Cannabis Euskirchen Social Club – kurz: Canneu.

Euskirchen: Erster Cannabisverein ist im Kreis gegründet worden

„Wir dürfen im Verein maximal 500 Mitglieder aufnehmen“, sagt Vereinschef Marco Friedhoff aus Euskirchen. Das ist im seit diesem Jahr geltenden Gesetz zur Cannabisfreigabe so geregelt. Seit dem 1. Juli ist es solchen Cannabis Social Clubs (CSC) erlaubt, gemeinschaftlich Cannabis anzubauen.

Eine Cannabispflanze in einem Gewächshaus in Nahaufnahme (Symbolbild)

Nach der Vereinsgründung benötigt der Cannabis Euskirchen Social Club (Canneu) noch eine Anbaugenehmigung. (Symbolbild)

Voraussetzung ist die Gründung eines Vereins und die Beantragung einer Lizenz. „Die Vereinsgründung ist durch“, berichtet der 44-jährige Euskirchener erfreut: Doch ein gewaltiger Schritt auf dem Weg zum aktiven Vereinsleben ist noch zu gehen: „Jetzt geht es um die Anbaugenehmigung.“

Dass das der schwierigere Part auf dem Weg zum Vereinsziel, dem gemeinschaftlichen Cannabisanbau, sein wird, ist Friedhoff sehr wohl bewusst. „Aber wir sind guter Dinge. Wir haben uns anwaltlich beraten lassen und tauschen uns mit anderen Clubs aus, die schon einen Antrag gestellt haben“, sagt der Unternehmer, der früher im Fensterbau tätig war und nach der Flutkatastrophe eine Sanierungsfirma gegründet hat.

Antrag für Anbaugenehmigung geht an Kölner Bezirksregierung

In den kommenden Tagen wollen die Canneu-Gründer den Antrag für die Anbaugenehmigung bei der zuständigen Behörde, der Bezirksregierung in Köln, einreichen. „Das ist schon ein sehr aufwendiger und bürokratischer Prozess, aber weil es ja letztlich um eine Droge geht, ist das auch durchaus nachvollziehbar“, sagt Friedhoff, der bereits eine Weiterbildung zum Suchtpräventionsbeauftragten absolviert hat. Auch das ist eine der zahlreichen Voraussetzungen für die Antragstellung.

Ein Gesundheits- und ein Sicherheitskonzept haben die Vereinsgründer ebenfalls erstellt. „Schließlich müssen die Räumlichkeiten gegen den Zugriff von Außen gesichert sein“, erklärt Friedhoff. Im Anbauplan ist unter anderem festgehalten, wie der Zugang zu den Anbauräumen geregelt wird. „Der Zugang wird durch eine Luftschleuse erfolgen. Es müssen Sanitär- und Umkleideräume eingerichtet werden, weil der Zutritt mit Straßenkleidung nicht zulässig ist“, erklärt Friedhoff.

Um die empfindlichen Pflanzen in der Anlage zum Beispiel vor der Einschleppung von Pilzen zu schützen, wird der Zutritt nur mit Schutzoverall, Maske und Haarnetz möglich sein.

Cannabisverein Canneu möchte größtmögliche Transparenz

Drei Monate hat die Behörde laut Friedhoff nach Eingang des Antrags Zeit, um über die Anbaugenehmigung zu entscheiden. „Wir rechnen durchaus mit einigen Nachfragen und einem Ortstermin in den Vereinsräumen“, sagt der 44-Jährige. Auch mit den zuständigen Stellen bei der Euskirchener Stadtverwaltung wolle man Kontakt aufnehmen: Größtmögliche Transparenz auf allen Ebenen ist dem Verein wichtig.

Zwei Männer stehen vor einer offenen Tür, die zu einem Raum führt, in dem die Ausrüstung für den Anbau von Cannabis-Pflanzen steht.

Die beiden Vorstandsmitglieder Thomas Dey (l.) und Marco Friedhoff stehen in den Vereinsräumen des Cannabis Euskirchen Social Club (Canneu).

„Allgemein gibt es ja in der Gesellschaft auch nach der Cannabis-Freigabe immer noch viele Vorbehalte gegen die Konsumenten“, sagt der Vereinsvorsitzende, der sich selbst allerdings nicht als „Kiffer“ bezeichnen würde: „Das habe ich als junger Mann mal ausprobiert, habe dann aber für mich das Cannabidiol entdeckt.“ CBD ist in Deutschland legal erhältlich und fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz.

Was den Anbau der Hanfpflanze angeht, könnte Canneu schon bald loslegen: In den Vereinsräumen in Euskirchen laufen die Vorbereitungen, um optimale Wachstumsbedingungen für die Pflänzchen mit den charakteristisch geformten Blättern zu schaffen.

Bis die Anbaugenehmigung vorliegt, wird es hier allerdings keine einzige Pflanze geben.
Thomas Dey, Gründungsmitglied des Cannabis Euskirchen Social Club (Canneu)

„Bis die Anbaugenehmigung vorliegt, wird es hier allerdings keine einzige Pflanze geben“, beantwortet Thomas Dey, eines von sieben Canneu-Gründungsmitgliedern, die Frage nach einem pflanzlichen Fotomotiv in den Vereinsräumen.

Trotzdem sind die Euskirchener Hobbygärtner in spe bereits in Vorleistung gegangen: Bei einem auf den professionellen Hanfanbau spezialisierten Anbieter aus der Schweiz hat der junge Verein die technische Ausstattung für zunächst zwei Anbauräume gemietet. Ein dritter Raum könnte bei Bedarf ebenfalls für den Anbau hergerichtet und genutzt werden. Finanziert haben die Gründungsmitglieder das alles aus eigener Tasche.

Ein Anbauberater aus der Schweiz war ebenfalls vor Ort, um die Euskirchener mit seinem Fachwissen zu unterstützen. „Denn obwohl wir natürlich einige regelrechte Pflanzenenthusiasten in unseren Reihen haben, kennen wir uns mit dem Hanf-Anbau im großen Stil nicht aus“, sagt Dey.

In Vereinsgremium soll über Hanfsorten abgestimmt werden

„Wir können später in jedem Raum Cannabis-Pflanzen für etwa 100 Vereinsmitglieder anbauen“, erklärt der Euskirchener, der Mitglied des Canneu-Anbaurats ist.

In diesem Vereinsgremium soll später auch über die verschiedenen Hanfsorten abgestimmt und beraten werden, die für die Vereinsmitglieder angebaut werden sollen. Denn in der Wirkung unterscheiden sich die Sorten mitunter erheblich: „Einige wirken beruhigend, andere eher anregend“, weiß Friedhoff zu berichten.

Anbau könnte Mitte Januar 2025 beginnen

„Wenn mit der Anbaugenehmigung alles wie erhofft läuft, könnten wir Mitte Januar 2025 mit dem Anbau beginnen“, blickt Friedhoff optimistisch in die Zukunft. Eine Ernte wäre in der Indoor-Anlage, die sich im Untergeschoss eines Geschäftshauses unweit der Roitzheimer Straße befindet, etwa alle drei Monate möglich.

„Wir dürfen maximal 50 Gramm Cannabis im Monat an die Mitglieder abgeben. Das bedeutet aber auch, dass wir Lagermöglichkeiten haben müssen, die entsprechend gesichert werden müssen“, so Friedhoff weiter. Über Erntemengen, Wirkstoffgehalt der Pflanzen und Abgaben an die Mitglieder muss genau Buch geführt werden.

„Alles muss ganz transparent sein mit dem Ziel, dass aus unserer Ernte nichts auf dem Schwarzmarkt landet“, so der Vereinsvorsitzende weiter. Denn der illegale Handel mit Cannabis-Produkten, der aktuell durch die Freigabe sogar von der gestiegenen Nachfrage profitiert, soll durch die Cannabis-Clubs letztlich gestoppt werden.


Hintergründe zum Cannabis Euskirchen Social Club (Canneu)

Canneu, der Cannabis Euskirchen Social Club, besteht aktuell nur aus den sieben Gründungsmitgliedern. „Wir haben aber schon knapp 300 Anfragen von Leuten, die dem Verein beitreten wollen“, berichtet der Vorsitzende Marco Friedhoff: „Nachdem die Vereinsgründung mit dem Eintrag ins Vereinsregister nun durch ist, werden wir diese Anfragen in Kürze abarbeiten.“

Mitglieder müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Laut Satzung sind im Verein jedoch nicht nur Cannabisnutzer und -nutzerinnen willkommen, „sondern ausdrücklich alle Menschen, die an einer akzeptierenden und regulierenden Drogenpolitik und einer Gesetzgebung zum Schutz von Jugend, Verbrauchern und der Gesellschaft interessiert sind“.

Höhe des Mitgliederbeitrags steht noch nicht fest

Wie hoch der Mitgliederbeitrag sein wird, steht noch nicht fest. „Der Beitrag wird sich aus einer Grundumlage für Miete und Nebenkosten der Vereinsräume und einem Anteil für die persönliche Erntemenge zusammensetzen“, erklärt Friedhoff.

Der Verein wird jedoch kein Raucherclub sein, in dem sich Gleichgesinnte zum gemeinsamen Cannabis-Konsum treffen. „Das wird nur im privaten Rahmen unter einzelnen Mitgliedern stattfinden können“, erklärt der Vorsitzende. Gleichwohl wolle man aber durch den Verein ein Forum für alle Fragen rund um das Thema Cannabis bieten. Zudem sind auch Vortragsveranstaltungen, zum Beispiel zum Thema Suchtprävention, geplant.

Laut Gesetz ist es dem Verein untersagt, offensiv um Mitglieder zu werben, es gibt jedoch eine informative Vereinswebsite im Internet.