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Caterer sprechen von WissenschaftEssen in Kitas wird im Kreis Euskirchen immer teurer

Lesezeit 6 Minuten

Essen wird auch in den Kitas im Kreis Euskirchen teurer. Und die Zubereitung ist komplexer geworden.

Kreis Euskirchen – „Essen für Kinder zuzubereiten, ist eine eigene Wissenschaft geworden“, sagt Frank Surges, Inhaber des Caterings „Ahr-la-carte“. Neben einem Party-Service beliefert der Caterer aus Rheinbach Kindertagesstätten – auch im Kreis Euskirchen „Es wird mehr darauf geachtet, dass die Mahlzeiten beispielsweise Mineralstoffe oder Ballaststoffe haben. Wichtig ist, dass es abwechslungsreich ist“, berichtet Surges.

Das sieht auch Sabine Schmitz so. Die Euskirchenerin hat eine dreijährige Tochter. Sie geht in Kuchenheim in den Kindergarten. „Es ist essenstechnisch kein einfaches Alter. Da freue ich mich schon, wenn meine Tochter mal etwas Neues probiert“, sagt die 30-Jährige.

Kein Sauerkraut in Euskirchener Kindergärten

Entsprechend freue sie sich über die Unterstützung im Kindergarten. „Die Erzieherinnen machen das toll. Und auch der Caterer gibt sich Mühe und serviert kein Sauerkraut im Hochsommer“, sagt sie. Natürlich wäre es toll, wenn in der Kita gekocht werde, aber das sei aus vielerlei Gründen nicht möglich.

Tatsächlich: Viele der 152 Kitas im Kreis lassen sich das Essen liefern, sei es durch ein Catering-Unternehmen oder Verpflegungssysteme wie beispielsweise den Anbieter Apetito. Dort werden die Lebensmittel tiefgekühlt geliefert und Konvektomaten zur Verfügung gestellt, um diese zuzubereiten.

Qualitätsstandard

Das Thema „Qualitätsentwicklung in der Jugendhilfe mit konkretem Bezug auf Kindertagesbetreuung ist im Kreis Euskirchen seit Jahren aktuell. Vor acht Jahren haben die entsprechenden Ausschüsse dazu erstmals getagt. Nun haben alle 152 Kindertagesstätten im Kreis Euskirchen einen Ordner über die Qualitätsstandards erhalten. Darin verankert sind die Punkte: Professionelles Selbstverständnis, Aufbau und Handhabung, Qualitätsbereich und Handlungsempfehlungen.

Erarbeitet haben den Leitfaden die Vertreter der AWO, des DRK, des Erzbistums Köln, der Stadt Euskirchen, der Gemeinde Nettersheim, des Paritätischen Dienstes und der Fachabteilung des Kreises. Abgeschlossen ist die Arbeit aber noch nicht. Als nächstes soll ein neuer Unterpunkt in das Werk einfließen: Essen in Kitas. (tom)

Auch das Familienzentrum des Deutschen Roten Kreuzes in Schönau nutzt dieses System. Zusätzlich arbeiten sie mit dem „Menüpartner“. Auf der Webseite können die Eltern sechs Wochen im Voraus angeben, ob ihr Kind mitisst oder nicht. In der Kita wird darauf geachtet, dass zweimal die Woche vegetarisch, zweimal Fleisch und einmal Fisch zur Auswahl steht.

Der Geschäftsführer von Apetito, Klaus Ludmann, weiß: „Die Anforderungen an die Verpflegung von Kindern ist in den letzten Jahren stark gestiegen – Bio, vegetarisch, vegan, Allergien – und wird auch in der Zukunft beispielsweise durch Nachhaltigkeit anspruchsvoller werden.“

Preise werden an Eltern weitergegeben

Und sie wird teurer. Die Kostensteigerung der Lebensmittel ist gerade ein allgegenwärtiges Thema. Erst im April musste König den Preis pro Mahlzeit von 2,50 Euro auf 2,90 Euro erhöhen. Der Caterer erklärt: „Die Lieferanten sind teurer geworden. Ein Liter Sahne hat vorher 1,77 Euro gekostet. Jetzt liegt der bei 3,19 Euro.“

Geld, das zumindest teilweise an die Eltern weitergegeben wird. Ein Caterer im Kreis Euskirchen handelt da nicht anders als Unternehmen in der freien Wirtschaft. Am katholischen Kindergarten St. Martin in Euskirchen kostet das Mittagsessen seit einigen Wochen fast 20 Euro pro Monat mehr als im vergangenen Kindergartenjahr.

70 Euro pro Essen für einen Monat

70 Euro kostet das Mittagessen, pro Kind und Monat. Die Euskirchener Kita ist da keine Ausnahme. Preise, die teilweise auch Erzieherinnen und Erzieher in die moralische Zwickmühle bringen. „Wie verhalten sie sich in diesem Fall richtig?“, fragt auch Martina Hilger-Mommer, Teamleiterin der Abteilung Jugend und Familie beim Kreis Euskirchen. Das Essensgeld sei für viele Eltern viel Geld.

Und wenn der Nachwuchs dann vielleicht mal mittags keinen Hunger habe, sei das eine schwierige Situation in der Gruppe. Schließlich hätten die Eltern, die eh knapp bei Kasse sind, Geld für das Essen ihres Kindes bezahlt. Überhaupt sei das Thema ein wichtiges, so die Expertin.

Kein Kind wird gezwungen zu essen

„Wir werde nie ein Kind zwingen, etwas zu essen“, sagt Susanne Orth, Leiterin des Familienzentrums in Schönau. Aber natürlich seien die gestiegenen Lebenshaltungskosten ein Thema – in der Kita und auch außerhalb.

Auch bei Apetito sind laut Angaben des Unternehmens die Preise zum 1. August angepasst worden. Das Unternehmen beliefert unter anderem die DRK-Kita in Schönau. Auch dort bezahlen die Eltern etwa drei Euro. 24 Cent gehen davon an den „Menüpartner“.

Dienstleister kassiert im Kreis Euskirchen mit

Ein Dienstleiter der die digitale Logistik für die Essensbestellung bereitstellt. „Manche Eltern können sich das Essen in der Kita inzwischen nicht mehr leisten, vor allem am Ende des Monats. Was dann schwierig ist, wenn die Kinder etwa bis 16 Uhr in der Betreuung sind“, berichtet Orth im Gespräch mit dieser Zeitung.

Manuela Künstler nutzt das Angebot der Kita gerne. Schließlich seien drei Euro für ein Essen im Kindergarten bei den aktuellen Preisen im Supermarkt noch verhältnismäßig human. „Wenn ich mittags zuhause für Finn kochen würde, wäre das wohl oftmals teurer“, sagt die Kallerin. Als alleinerziehende Mutter müsse sie „natürlich aufs Geld achten“, sagt sie. Mit dem Essen in der Kita sei sie zufrieden. „Ich finde es gut, dass es beispielsweise kein Schweinefleisch gibt. Das erleichtert auch dem Caterer die Menüzusammenstellung, wenn er nicht darauf achten muss, ob das Essen für muslimische Kinder in Ordnung ist“, so Künstler.

Süßstoff statt Zucker bei Ahr-la-carte

Frank Surges von Ahr-la-carte weiß, wenn er für Kinder kocht, ist es wichtig, mit frischen Kräutern zu kochen oder mit Süßstoff zu arbeiten und nicht nur mit Zucker. Auch auf regionale und saisonale Zutaten legt er Wert. Den Catering-Service gibt es seit 2003 und er hat eine DGE-Zertifizierung. Dieses Siegel vergibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Gemeinschaftsverpflegung, wenn die Standards dafür erfüllt werden.

Auch Apetito orientiert sich daran. In die Qualitätsstandards fließen, neben den Lebensmitteln selbst, weitere Faktoren ein, wie etwa die Häufigkeit und die Zubereitung der Lebensmittel.

Bei der Familienbande wird selbst gekocht

In der Kita Familienbande in Zülpich werden all diese Faktoren ebenso beachtet. Und dennoch ist die Kita eine besondere. Dort wird nämlich selbst gekocht. Babsi Großer aus dem Vorstand erzählt, dass das zwei Gründe habe. Einmal den aus der Ernährungssicht. So könne man frischer, regionaler und in Bio-Qualität kochen.

Und besser versuchen, Zusatzstoffe zu vermeiden. Außerdem gebe es noch die pädagogische Sicht. „Die Kinder sehen, wie das Essen kommt und zubereitet wird.“ Dabei helfen sie auch teilweise mit. Der durch eine Elterninitiative organisierte Kindergarten geht sogar einen Schritt weiter. Im eigenen Gemüsegarten wird selbst angepflanzt. Für die komplette Versorgung reicht das zwar nicht, aber die Kinder könnten sehen: „Das dauert, ich muss mich drum kümmern. So bekommen die Kinder noch eine andere Wertschätzung für das Essen“, erklärt Großer.

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Axel König, ebenfalls Caterer, fällt auf, dass gerade die Themen Allergene und Unverträglichkeiten heutzutage eine größere Rolle spielen. „Früher war das nicht so extrem“, sagt König. Seit 2020 hat er „The Green Kitchen – Eifel Event Catering“ übernommen, aber bereits seit 27 Jahren bei seinem Vorgänger gearbeitet. „Man muss alles unter einen Hut bekommen. Die Wünsche von Kindern, Betreuern und Eltern.“ Im Kreis Euskirchen beliefert er elf Kitas.