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„Gedenken und Danken“ in KallEin Fest zum Jahrestag der Flutkatastrophe

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Kölschrock mit Stephan Brings und seiner Schwester Maria gab es auf dem Kaller Bahnhofsvorplatz.

Kall – So hat man den normalerweise eher tristen Bahnhofvorplatz noch nicht gesehen. Menschen, Buden, Musik und viele Besucher machten das zweitägige Helferfest in Kall zu einem Erfolg. Nach einem ökumenischen Gottesdienst wurde der Platz am Freitagabend und Samstag zum Konzertboulevard.

Erinnerung an die Ereignisse der Flutnacht

„Gedenken und Danken“, unter diese Prämisse hatte Bürgermeister Hermann-Josef Esser das Fest gestellt. An die Ereignisse in der Flutnacht erinnerten Pfarrer Hajo Hellwig und sein evangelischer Kollege Christoph Ude, für die Musik sorgte der Kirchenchor Kall unter der Leitung von Holle Goertz.

„Eine Nacht des Grauens“ nannte Hellwig die Stunden, als Kall von Urft und Kallbach überflutet wurde. Stockfinster sei es gewesen, die Handys tot, die Menschen ausgeliefert, ohnmächtig und hilflos. Nicht alle konnten gerettet werden, drei Bürger der Gemeinde starben. „Kall ist nicht mehr so, wie es war“, sagte Hellwig: „Die Flutnacht wurde zum Trauma.“

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Im Gottesdienst mit den Pfarrern Christoph Ude (l.) und Hajo Hellwig wurde auch der drei Todesopfer aus der Gemeinde gedacht.

Ude erinnerte an die Hilfe, die durch Feuerwehr und Rettungsdienste geleistet wurde. Und an die Helfer, die etwa die Menschen im Betreuten Wohnen retteten. Die Vorzeichen der Klimakatastrophe seien zu sehen. „Wir sind nur ein Teil der Schöpfung“, sagte er: Es sei Zeit, nicht weiter am Ast zu sägen, auf dem man sitzt, sondern herabzusteigen und die Säge wegzulegen.

Dank an die Helfer der Flutkatastrophe

Esser erinnerte nicht nur an die Verstorbenen aus der Gemeinde, sondern dankte auch den Rettungskräften und den unzähligen Helfern, die nach der Katastrophe anpackten.

Besonderen Wert wolle man beim Fest auf Angebote für Kinder legen: Seit zwei Jahren litten sie unter der Corona-Pandemie, bevor noch die Flut dazukam. Beide Grundschulen seien betroffen, viele Sportstätten und Vereinsheime seien zerstört. „Dies ist kein Fest des Vergessens“, betonte Esser.

„Man hat uns nicht vergessen"

Längst sei nicht alles gut, es liege noch ein langer Weg vor den Menschen. Es sei gut, dass der Bundespräsident und Ministerpräsident in Euskirchen gewesen seien. „Was gerne als Schaulaufen verschmäht wird, zeigt mir im Gegenteil: Trotz aller Krisen hat man uns nicht vergessen, die befürchtete Hochwasserdemenz setzt nicht ein.“

Hilfsgruppe Eifel im Einsatz

Im Organisationsteam für die Veranstaltung arbeiteten Vertreter der Gemeinde Kall und der Hilfsgruppe Eifel zusammen. Katja Piana, Bianca Scory, Martin Diefenbach, Steffi Hübner, Stefan Kupp, Ralf Heistert, Paul Schneider und Reiner Züll arbeiteten das Programm aus und sorgten für den reibungslosen Ablauf. Paul Schneider führte zudem durch das Programm. Mit den Einnahmen sollen die Kosten des Festes gedeckt werden. Für die Hilfsgruppe Eifel waren an den Bonkassen Spendenboxen aufgestellt.Hilfsgruppen-Chef Willi Greuel berichtete, dass die Hilfsorganisation bereits 543.800 Euro an Flutopfer ausgezahlt habe, davon allein 122.000 Euro an Betroffene aus der Gemeinde Kall. (sev)

Nach Landrat Markus Ramers berichteten zwei Betroffene, Wolfgang Glasmacher und Annika Boden, von den Erfahrungen, die sie in der Nacht machten. Boden, die im Haus der Lebenshilfe in der Hindenburgstraße wohnt, berichtete, wie sich die Bewohner aus den Fluten retten konnten und dann in der ersten Etage die Nacht verbrachten. Angst habe sie gehabt. Nach der Flut habe sie erst einmal in ihrem alten Kinderzimmer bei den Eltern gelebt, bevor sie im November in das sanierte Lebenshilfehaus zurückkehren konnte.

Das musikalische Programm eröffnete am Freitag die Musikkapelle Kall unter der Leitung von Peter Blum, bevor Stephan Brings und seine Schwester Maria auftraten. „Seit der Kindheit haben wir zusammen gesungen“, sagte sie: „Wir hoffen, wir bringen Freude.“

Kölsche Lieder im Programm

Flutbetont starteten die beiden mit „Su lang mer noch am Lävve sin“ und „14. Juli“, einem Stück, das die Band Brings über das Hochwasser geschrieben hat. Unterstützt wurden sie dabei von Erik Arndt an der Quetsch und Rainer Peters am Bass – ein spontanes Produkt des Vorabends, als nach einer gemeinsamen Jamsession um drei Uhr nachts der Entschluss gefallen war, gemeinsam in Kall aufzutreten. Zu dem Quartett gesellte sich auch Uwe Reetz, der „Nur mir zwei“ und „Drink doch eine met“ beisteuerte.

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Reetz eröffnete auch am nächsten Tag den Reigen der Auftritte. Ihm folgten die „Eifelperlen“ und die „Drums & Pipes“ aus Dreiborn mit bekannten Melodien im Dudelsacksound. Nach den „Lückenfüllern“ trat als Hauptact „Herb Kraus & The Walking Shoes“ auf und unterhielt bis in den späten Abend.