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Haushalt80 Prozent der Schulden abgebaut: So hat Hellenthal das geschafft

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt das Hellenthaler Rathaus.

Im Rathaus in Hellenthal herrscht Haushaltsdisziplin.

Die Hellenthaler Kämmerin erklärt, wie dieser Schuldenabbau gelang. Eine Altschuldenlösung sehen sie und ihre Kollegen eher skeptisch.

In der jüngsten Statistik über die Schulden sowie die finanzielle Entwicklung der Kommunen im Kreis Euskirchen sticht die Gemeinde Hellenthal positiv heraus. Die Gemeinde hat laut dem Statistischen Landesamtes IT NRW mit 547 Euro die geringste Pro-Kopf-Verschuldung.

Es ist der Gemeinde zudem gelungen, die Schulden seit 2013 um 80 Prozent zu senken – von 21,8 auf 4,3 Millionen Euro. Ihre Kassenkredite hat sie in dieser Zeit von 14,5 Millionen auf null heruntergefahren. Auch andere Kommunen im Kreis haben ihren Schuldenstand spürbar reduziert, jedoch nicht in diesem Ausmaß.

Hellenthaler schauen genau hin, welche Förderung sinnvoll ist

Auf die Frage der Redaktion, wie dies zu erklären ist, antwortete die Hellenthaler Kämmerin Ramona Hörnchen: Neben Haushaltsdisziplin hätten trotz Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine kontinuierlich steigende Gewerbesteuereinnahmen zu dieser Entwicklung beigetragen.

Dabei spielte eine Rolle, dass sich Hellenthal bis Ende 2021 im Haushaltssicherungskonzept befand und Mehreinträge nicht für Mehraufwendungen genutzt werden durften.

Zudem habe die Gemeinde sinnhafte Fördermöglichkeiten genutzt, aber jene, die nicht nützlich erschienen, hinterfragt: Dadurch habe sie die Zahlung der Eigenanteile gespart. Die Politikerinnen und Politiker im Rat hätten zudem ihre Entscheidungen so getroffen, dass die Aufnahme von Investitionskrediten verhindert wurde.

Zu der Entschuldung habe auch geführt, dass Investitionspauschalen aus verschiedenen Gründen noch nicht genutzt werden konnten, etwa die Schulpauschale, die zur Sanierung der Hauptschule/Grundschule Hellenthal und für den jetzt beschlossenen Neubau eines Grundschulstandortes vorgesehen ist. Dazu zähle auch die Sportpauschale, mit der die Sportplätze sukzessive saniert werden.

Und nicht zuletzt die allgemeine Investitionspauschalen, die in den Jahren 2021 bis heute zum Teil noch nicht verwendet worden seien, weil beispielsweise das dafür notwendige Personal mit dem Wiederaufbau nach dem Hochwasser beschäftigt ist.

NRW: Sind die Sparsamen am Ende die Dummen?

Viele weitere, „kleinere“ Umstände hätten zu einer Erhöhung der Liquidität und somit zu der Möglichkeit geführt, Liquiditätskredite abzubauen. „Auch die von den Banken eingeführten Strafzinsen haben uns dazu gedrängt, die überschüssige Liquidität sinnvoll zu nutzen“, so Ramona Hörnchen: „Ob das allerdings beim angestrebten Altschuldenprogramm des Landes ,sinnvoll‘ war, steht noch in den Sternen.“

Damit spielt Hörnchen auf eine Diskussion in der Landes- und Bundespolitik an. Bei dem Streit geht es darum, wie die hoch verschuldeten Kommunen von ihren Altschulden befreit werden sollen.

Die NRW-Landesregierung plant, den Städten ab 2025 jährlich 250 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – 30 Jahre lang, so dass die Unterstützung durchs Land 7,5 Milliarden Euro betragen würde.

Mechernicher Kämmerer befürchtet Linke-Tasche-rechte-Tasche-Prinzip

Den gleichen Anteil solle der Bund übernehmen – darüber wurde aber bisher noch keine Einigkeit erzielt.

Im Kreis Euskirchen brechen die Verantwortlichen nicht gerade in Jubel aus. Ähnlich wie Ramona Hörnchen befürchtet Mechernichs Kämmerer Ralf Claßen, dass die Kommunen, die bislang Haushaltsdisziplin an den Tag gelegt hätten, am Ende die Dummen sein könnten.„Irgendwo muss das Geld ja herkommen“, befürchtet Claßen ein Vorgehen nach dem Linke-Tasche-rechte-Tasche-Prinzip.

Am Ende könnte das Geld dann bei den Schlüsselzuweisungen eingespart werden, die das Land den Städten und Gemeinden aus dem Steueraufkommen zukommen lässt, befürchtet der Mechernicher Kämmerer. Der Mechanismus dieser Zuweisungen – Kommunen mit weniger Steuerkraft erhalten mehr als die mit viel Steuereinnahmen – sorge ja bereits für einen Ausgleich bei gegebenen unterschiedlichen wirtschaftlichen Strukturen.

Dahlem: Bürgermeister Lembach möchte solide Arbeit belohnt sehen

Ähnlich argumentiert der Dahlemer Bürgermeister Jan Lembach: „Bei einer möglichen staatlichen Altschuldenlösung sind natürlich die Kommunen mit (hohen) Schulden im Vorteil.“ Lembach zeigt aber auch Verständnis für seine Kolleginnen und Kollegen, deren Kommunen unter dem Schuldendruck leiden.

Eine maßvolle „Ausgleichlösung“ für Städte und Gemeinden mit wenig Schulden oder ohne Schulden hält Lembach daher für angemessen: „Damit würde auch eine jahrzehntelange solide Arbeit in der Gemeinde honoriert.“

Im Blankenheimer Rathaus würde man eine Altschuldenlösung begrüßen, so Kämmerer Robin Poensgen. Allein der Glaube daran fehlt. Sie sei ja derzeit kein Thema, „weil zunächst eine Einigung zwischen Land und Bund erfolgen muss“. Wann damit zu rechnen sei, wisse wohl niemand so genau. Der Bund scheine für 2025 keine Mittel dafür im Haushalt eingeplant zu haben.

Euskirchener Kämmerer kritisiert Vorhaben der Bundesregierung

Der Euskirchener Kämmerer Klaus Schmitz begrüßt es, dass das Thema immerhin wieder in Bewegung gekommen ist. Ob der derzeitige Diskussionsstand aber dauerhaft helfe, bleibe abzuwarten, so Schmitz.

Gleichzeitig müssten sowohl der Bund als auch das Land aber viel stärker der Konnexität verpflichtet werden, also der Maxime: Wer bestellt, der bezahlt auch. Schmitz fällt dazu ein Bespiel ein, wo dieser Grundsatz eben nicht eingehalten werde: „Die Bundesregierung beschließt den Entwurf einer Wachstumsinitiative, die mit 23 Milliarden Euro die Bürgerinnen und Bürger vor allem steuerlich entlasten soll.“

Kreis Euskirchen: Kommunen haben Schuldenberg verringert

Diese Entlastung bedeute aber geringere Steuereinnahmen auch im kommunalen Bereich, so Schmitz: „Damit fehlt uns wieder Geld, was wahrscheinlich durch neue Schulden ausgeglichen werden muss. So werden zwar sinnvollerweise alte Schulden abgebaut, leider werden sich dann aber parallel neue Schulden wieder aufbauen.“

Das Statistische Landesamt IT NRW hatte kürzlich die Schuldenstände der NRW-Kommunen bekannt gegeben. Demnach hatten Ende 2023 die Kommunen im Kreis Euskirchen und der Kreis Schulden in ihren Kernhaushalten in einer Höhe von zusammen 286,5 Millionen Euro. Zehn Jahre zuvor waren es noch 31,3 Prozent mehr.

Mit den Schulden der kommunalen Eigenbetriebe (etwa Abwasser), der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und der kommunalen Anstalten öffentlichen Rechts summierten sich die Gesamtschulden im Kreis Ende 2023 auf mehr als 487 Millionen Euro. 2013 waren es knapp 10 Prozent mehr (540,7 Millionen). Die Schulden aus Kassenkrediten sanken in diesem Zeitraum um 60 Prozent auf 54,7 Millionen Euro.