Rücksicht auf die Erde nehmen, nachhaltig wirtschaften und sich an den Kreisläufen des Lebens orientieren: Familie Dümmer hat große Ziele.
PermakulturWie eine Familie in der Eifel leben möchte, ohne die Natur zu belasten
Manchem mag das Wort „Wokeness“ auf den Lippen liegen, wenn es um die Prinzipien der Permakultur geht: Rücksicht auf die Erde, nachhaltig wirtschaften und sich an den Kreisläufen des Lebens orientieren.
Doch für die Anhänger der Permakultur ist die Grundfrage eine andere: Warum sollten wir eine Lebensweise praktizieren, die die Erde für unsere Nachkommen unbewohnbar machen wird, wenn es eine Lebensform gibt, die die Existenzgrundlagen für Menschen, Tieren und Pflanzen nicht systematisch ausbeutet und zerstört?
Existenzgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen sichern
Für Jenny und Emanuel Dümmer aus Oberdalmerscheid ist die Antwort auf diese Frage klar. Sie wollen mit ihrer Arbeit ihr Lebensumfeld so umgestalten, dass es einen winzigen Beitrag zum Fortbestand der Welt leisten kann. Und diesen Plan haben sie fernab jeder weltfremden Spinnerei ausgearbeitet. Beide kommen aus der Eifel, sie kennen das Handwerk des Gärtnerns, Anbauens und Erntens.
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Und so wissen sie genau, wie viel Arbeit es macht, die ihnen zur Verfügung stehenden Flächen zu einer Permakultur umzubauen und sie auch noch zu einer Existenzgrundlage für ihre kleine, vierköpfige Familie werden zu lassen.
Sie kommen aus der Eifel, sie wissen also, was sie tun
Für Dümmer gibt die Permakultur eine Antwort auf viele Probleme, die durch die Klimaerwärmung auf die Welt zukommen. „Ein Riesenproblem ist der Verlust des fruchtbaren Bodens, der zurzeit durch die Entwässerungssysteme davongespült wird, sodass er nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann“, betont er.
Um nachhaltig wirtschaften zu können, müsse der Wasserhaushalt in Ordnung sein. „Wasser ist der Lebensmotor. Gehen wir dagegen vor, wird sich das Wasser gegen uns wenden“, betont er. Der Wasserhaushalt sei zu kurzfristig geworden, das Wasser hänge deshalb in der Luft und nicht im Boden.
Eine Folge der augenblicklichen Praxis, Wasser möglichst ungehindert abfließen zu lassen, sei aus seiner Sicht die Hochwasserkatastrophe gewesen. „Die Flut hat die Menschen aufgeweckt und ihnen gezeigt, dass es so nicht mehr weitergehen kann“, so Jenny Dümmer.
In Oberdalmerscheid baut sich Familie Dümmer ein gesundes Lebensumfeld auf
„Wir müssen den Regentropfen an der Stelle halten und auf möglichst großer Fläche versickern lassen“, betont ihr Mann. Dafür müsse aus ihrer Sicht der Anschlusszwang an den Oberflächenwasserkanal wegfallen.
Die probate Lösung dafür sehen sie in Swails, wie sie auf Englisch heißen. Das sind Wassererntegräben, die sich vor allem in Dürregebieten bewährt haben. Sie werden auf der gleichen Höhenlinie in den Boden gegraben, die Bepflanzung direkt daneben, um das Wasser an Ort und Stelle zu nutzen.
Auf dem Hang zwischen Wolfert und dem Dümmerschen Hof in Oberdalmerscheid wollen sie dies in die Tat umsetzen. Drumherum soll ein Permawald stehen, in dem Nuss- und Obstbäume zu finden sein werden, die zur Nahrungsmittelproduktion beitragen.
Denn das Ziel des Hofes ist es, autark wirtschaften zu können. So wird auf einer zweiten Fläche ein Hausgarten entstehen, in dem Gemüse angebaut wird. Das soll in dem Unverpackt-Laden im Hofgebäude zum Verkauf angeboten werden, in dem man auch andere Produkte wie Nudeln, Reis oder Süßigkeiten erstehen kann.
Hier entsteht auch der Seminarraum, in dem Workshops zur Permakultur stattfinden sollen. Die Kursteilnehmer könnten dann in Tiny Houses wohnen, die auf der zukünftigen Waldfläche stehen sollen. Damit, und mit den Produkten, die in dem Garten gezüchtet werden sollen, hoffen die Dümmers genug Geld zu verdienen, um damit ein Auskommen zu haben.
Gemeinderat Hellenthal erteilte Zustimmung für das Projekt
Viele Pläne, die nach viel Arbeit und noch mehr Fantasie klingen. Der Garten ist derzeit verwildert, die Fläche für den Permawald eine Wiese, auf der gerade einmal ein Tiny House steht. Gerade erst hat der Hellenthaler Gemeinderat seine Zustimmung zur Änderung des Flächennutzungsplanes gegeben, mit der die Umsetzung ermöglicht wird.
Darüber hinaus hat das Paar zwei kleine Kinder im Krabbel- und Lauflernalter, die viel Aufmerksamkeit verlangen. Doch wer nun meint, das Ganze sei nicht mehr als ein Wolkenkuckucksheim, vergisst wieder die Herkunft der beiden. Denn als Eifeler verstehen sie es, zu rechnen und realistisch zu sein. Und so planen sie, ihren Permakultur-Hof Stück für Stück entstehen zu lassen, als Projekt, das im Zweifel auch Jahre in Anspruch nehmen kann.
Die Arbeit im Freilichtmuseum Kommern gibt finanzielle Sicherheit
Bereits aktiv ist der kleine Hofladen, für den Jenny Dümmer verantwortlich ist. Die Produkte dafür bezieht sie aus der Nachbarschaft. Dazu bietet das junge Paar drei Wohnmobilstellplätze an, auf denen Naturfreunde Station machen können. Ein besonderes Highlight ist die Freiluftdusche, wo die Besucher mit Blick in die Natur duschen können.
Um die Finanzierung des ganzen Projektes abzusichern, arbeitet Emanuel Dümmer im Freilichtmuseum in Kommern. Doch sollte die Arbeit auf dem heimischen Hof mehr werden, gebe sein Arbeitgeber ihm die Möglichkeit, seine Arbeitsstunden zu verringern.
Viel Arbeit ist es, die Emanuel und Jenny Dümmer sich vorgenommen haben. Doch bei der Verwirklichung wollen sie sich Zeit nehmen. Wie Emanuel Dümmer erzählt, habe es ein Bekannter auf den Punkt gebracht, der sich über den Hof führen und alle Vorhaben vorstellen ließ. Der habe sich das alles angesehen und irgendwann auf den dreijährigen Sohn gezeigt und trocken gesagt: „Leave something for him.“ („Lass ihm auch noch etwas übrig.“)
So funktioniert die Permakultur
Permakultur (ursprünglich „Permanent Agriculture“, dauerhafte Landwirtschaft) wurde in den 1970er-Jahren in Australien von Bill Mollison und David Holmgren entworfen. Ihr Ziel war es, auf der Basis natürlicher Kreislaufsysteme als Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft langfristig ertragreiche landwirtschaftliche Systeme zu entwerfen.
„Diese Prinzipien wirken in alle Bereiche wie Sozialstrukturen oder Währungssysteme“, erläutert Emanuel Dümmer. Denn die Menschheit sei eine Schlüsselart, die die Lebensgrundlagen anderer Arten beeinflusse. „Unsere Entscheidungen betreffen auch andere, die aber nicht gefragt werden“, erklärt er: „Was hat mein Handeln für Folgen?“, sei die Kernfrage der Permakultur.
Nicht das Gesetz des Stärkeren bestimme die Entscheidungen, die Permakultur funktioniere über Kooperation. „Nicht die Stärke des Einzelnen, sondern die Vielfalt ist am Ende das Ziel“, sagt Dümmer. Ein funktionierendes Ökosystem sei zum Beispiel der Urwald. Der sei vielfältig geprägt, deshalb sei er auch bei Veränderungen stabil.