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Marien-HospitalStaatsanwalt fordert für früheren Euskirchener Klinikchef acht Jahre Haft

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt die Zufahrt zum Euskirchener Krankenhaus mit einem Schild mit der Aufschrift „Marien-Hospital“.

Der Stiftung Marien-Hospital, Betreiber des Euskirchener Krankenhauses, ist laut Staatsanwaltschaft ein Millionenschaden entstanden.

Euskirchener Marien-Hospital soll um 7,1 Millionen Euro geschädigt worden sein. Auch für die Mitangeklagten beantragt der Staatsanwalt Haftstrafen.    

Nach fünf Monaten ist der Korruptionsprozess um das Euskirchener Marien-Hospital auf die Zielgerade eingebogen. Am Dienstag hielt die Staatsanwaltschaft vor der 18. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts ihr Plädoyer.

Für den ehemaligen Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen und der Marien-Hospital GmbH fordern die Ankläger eine achtjährige Freiheitsstrafe, für den früheren technischen Leiter sechs Jahre Haft und für den mitangeklagten Bauunternehmer sieben Jahre. Die Verteidiger sind mit ihren Plädoyers an diesem Donnerstag an der Reihe.

Staatsanwalt: Angeklagte zeigten hohe kriminelle Energie

Nach Ansicht der Staatsanwälte Pascal Regh und Jonas Stallkamp hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die drei Angeklagten mit insgesamt neun Straftaten in wechselnder Beteiligung die Stiftung um rund 7,1 Millionen Euro geschädigt haben. Dabei hätten sie eine hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt, sagte Regh.

Den beiden ehemaligen leitenden Mitarbeitern legt die Anklage mehrfache Untreue, jeweils in besonders schwerem Fall, sowie Bestechlichkeit vor. Der Unternehmer soll sich der Bestechung, der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht haben.

Bauunternehmer soll Euskirchener Stiftung überhöhte Rechnungen ausgestellt haben

In mehreren Fällen geht es in dem Verfahren um Bauprojekte, mit denen die Stiftung die Firma des heute 49-jährigen Bauunternehmers beauftragt hatte. Er habe, so die Staatsanwaltschaft, mehrfach überhöhte Rechnungen ausgestellt, die die beiden Mitangeklagten abgezeichnet hätten. Anschließend seien die fälligen Beträge dem Unternehmen ausgezahlt worden.

Herausragend ist dabei der Fall um die Tagesklinik, die die Stiftung in Mechernich errichtete. Dabei soll der Bauunternehmer im Juli 2022 vorgetäuscht haben, rund 10.700 Tonnen Erdaushub auf seinem Betriebsgelände gelagert und eine andere Firma beauftragt zu haben, wegen des Verdachts auf Kampfmittel Separierungsarbeiten vorzunehmen. „Die Arbeiten wurden aber nicht ausgeführt, der Fund der Kampfmittel war komplett fingiert“, so Regh in seinem Plädoyer.

Das Bild zeigt Staatsanwalt Regh in seiner Robe im Gerichtssaal.

Pascal Regh (Bild) und sein Kollege Jonas Stallkamp hielten am Bonner Landgericht das Plädoyer der Staatsanwaltschaft.

Allein dadurch sei der Stiftung ein Schaden in Höhe von mehr als fünf Millionen Euro entstanden. Teile des Taterlöses habe das Trio unter sich aufgeteilt. Diesen Vorwurf haben die drei Männer im Laufe des Verfahrens, das Ende Oktober 2024 begonnen hat, im Prinzip gestanden. Zur Höhe der Einzelbeträge machten sie unterschiedliche Angaben. Der Ex-Geschäftsführer etwa erklärte, er habe 600.000 Euro erhalten, während der technische Leiter seinen Anteil mit 250.000 Euro bezifferte – Geld, das er vor Prozessbeginn an die Stiftung zurückgezahlt hatte.

„Taterlös“ soll in Kölner Hotel aufgeteilt worden sein

Jeder von ihnen berichtete, dass sie sich zur Auszahlung der ersten Tranche in einem Hotel am Kölner Dom getroffen hatten. Dazu sagte Regh am Dienstag zu den Angeklagten: „Während die Menschen im Kreis Euskirchen unter den Folgen der Flut litten und versuchten, ihr Hab und Gut zu sichern, trafen Sie sich im Hotel Excelsior und teilten sich bei Drinks und Schnittchen den Taterlös.“ Regh weiter: „Schäbiger geht es doch gar nicht mehr.“

Schäbiger geht es doch gar nicht mehr.
Pascal Regh, Staatsanwalt

Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Klinikgeschäftsführer überdies vor, Arbeiten auf seinem privaten Wohngrundstück in Euskirchen auf Kosten der Stiftung abgerechnet zu haben. So habe sie 287.000 Euro für im Jahr 2018 ausgeführte vorbereitende Erdarbeiten übernommen. Auch diesen Betrag hätten der damalige Klinik-Manager und der technische Leiter zur Auszahlung freigegeben. Nutznießer der Maßnahme sei aber nicht die Stiftung gewesen, sondern allein der Geschäftsführer, sagte Regh. Das Krankenhaus habe keinen Nutzen daraus gezogen, auch von einer Wertsteigerung zugunsten der Stiftung könne keine Rede sein.

Dies gelte auch für den Abbruch eines Schuppens auf einem Grundstück der Stiftung in Frauenberg. Dafür habe ihr der Unternehmer 230.000 Euro in Rechnung gestellt. „Ein ziemlich knackiger Preis, der einen stutzig machen sollte“, sagte Regh. Nach Betrachtung der Rechnung, so Regh, wären schon 54.000 Euro „ein ziemlich heftiger Preis für einen baufälligen Trümmerschuppen“ gewesen.

Die Angeklagten dürfen sich darüber nicht wundern, nachdem sie sich maßlos die Taschen vollgemacht haben.
Pascal Regh, Staatsanwalt

Die Fläche, auf der das Gebäude stand, sollte Teil eines Neubaugebietes werden, weshalb die Stiftung den Unternehmer das Gelände laut Rechnung roden und von Müll befreien ließ. Allein das Einsammeln und die Entsorgung des Unrats habe der Unternehmer sich mit 50.000 Euro vergüten lassen. „Was müssen da auf einer Fläche, die kleiner ist als ein Fußballfeld, für Müllberge gelegen haben“, sagte Regh voller Ironie. Tatsächlich habe ein Zeuge aus der Nachbarschaft ausgesagt, dass das Areal „nicht zugemüllt“ gewesen sei. Zudem sei für 5000 Euro ein Gastank entsorgt worden. „Der Tank steht aber immer noch da“, zitierte der Ankläger den Nachbarn.

Der Geschäftsführer habe auch privat veranlasste Arbeiten auf seinem Grundstück nicht bezahlt. Die entsprechenden Beträge habe der Unternehmer in überhöhten Rechnungen für Baumaßnahmen untergebracht, die er im Auftrag der Stiftung ausgeführt habe, so Regh.

Anklage wirft den Männern vor, sich an kirchlichem Vermögen bedient zu haben

In seinem Resümee erklärte er: „Es sind keine maßlos übertriebenen Strafen, die ich hier beantragt habe. Die Angeklagten dürfen sich darüber nicht wundern, nachdem sie sich maßlos die Taschen vollgemacht haben.“ Besonders verwerflich sei, dass sie sich an kirchlichem Vermögen bedient hätten. Die Stiftung verfolgt laut Satzung mildtätige und soziale Zwecke, wie Reghs Kollege Stallkamp vorher ausgeführt hatte.

Der Bauunternehmer soll im Zusammenhang mit den angeklagten Taten 1,1 Millionen Euro an Gewerbe- und Einkommensteuern hinterzogen haben. An ihn gewandt sagte Regh:   „Sie haben hier Schadenswiedergutmachung angekündigt. Ich halte das für ein reines Lippenbekenntnis.“ Den Angeklagten fehle es an Unrechtsbewusstsein, sagte er. „Dabei haben wir hier einen der größten Korruptionsfälle der letzten 15 Jahre verhandelt.“

Bei der Strafzumessung spreche für die Angeklagten, dass sie nicht vorbestraft seien und Teilgeständnisse abgelegt hätten, wenn zum Teil auch sehr spät und der jeweiligen Beweislage angepasst. Hinzu komme, dass es den Beteiligten bei ihren Straftaten „sehr leicht gemacht“ worden sei, spielte Regh auf die offenbar mangelnde Kontrolle durch den Verwaltungsrat der Stiftung Marien-Hospital an.