Mit dem Fahrrad samt Anhänger ist ein 30-Jähriger mehrfach zu Tankstellen gefahren, hat Diesel abgezapft, aber nicht bezahlt.
ProzessEuskirchener Dieseldieb fuhr mit Fahrrad und Anhänger zur Tankstelle
Mit dem Auto zur Tankstelle zu fahren, ist normal. Aber dass jemand mit dem Fahrrad anrollt, fällt doch eher auf. Erst recht, wenn der dann auch nicht etwa Luft für die Reifen, sondern Sprit haben will – und den dann nicht einmal bezahlt. Wegen Tankbetrugs in zwölf Fällen muss sich seit Dienstag ein 30-Jähriger aus Euskirchen vor dem Bonner Landgericht verantworten. Der Angeklagte ist weitestgehend geständig.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zwischen dem 21. Mai und dem 16. Juni 2022 in Euskirchen und Weilerswist an mehreren Tankstellen Diesel im Wert zwischen 20 und 145 Euro geklaut zu haben. Insgesamt soll er sich für 890 Euro an den Zapfsäulen bedient und nicht bezahlt haben. Die Diebstähle sind auf Videoaufzeichnungen dokumentiert.
Videos dokumentieren Diebstähle in Euskirchen und Weilerswist
Der Mann ging demnach meistens so vor wie am 21. Mai 2022: Er fuhr gegen 14.45 Uhr mit dem Fahrrad auf das Tankstellen-Gelände, füllte 25,23 Liter Diesel im Wert von 47,97 Euro in einen Kanister, packte den auf einen Gepäckträger und radelte davon. Gut drei Stunden später kehrte der Angeklagte zurück, diesmal hatte er einen Hänger an sein Rad gespannt, auf dem ein Behälter für die Beute stand.
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Das wiederholte sich vier Tage später, diesmal war der Anhänger mit blauem Tuch bespannt. Im mitgebrachten Plastikgefäß verschwanden 64 Liter Diesel für 126 Euro. Am 26. Mai wanderte er wie der Autofahrer in der bekannten Werbung zu Fuß zur Tanke, zwei Fünf-Liter-Kanister in der Hand, füllte sie und spazierte, um 9,8 Liter schwerer, von dannen. „Wo war denn Ihr Fahrrad?“, fragte die Vorsitzende Richterin Stephanie Johan to Settel. Der Angeklagte: „Das war anderweitig unterwegs.“
Am Abend des 29. Mai hatte er das Rad samt Anhänger aber wieder dabei, als er 31 Liter zapfte und nicht bezahlte. Am 16. Juni machte er einen Abstecher zu einer Tankstelle in Weilerswist, stellte sein Rad an Säule 7 ab und stahl 33 Liter. Vergebens stellte der Angestellte eine Quittung mit dem freundlichen Aufdruck „Vielen Dank! Gute Fahrt“ aus.
30-Jähriger soll mit dem Diesel seinen Drogenkonsum finanziert haben
„Erkennen Sie sich wieder?“, wollte die Richterin von dem 30-Jährigen wissen, nachdem sie ihm die Videobilder der Diebstähle gezeigt hatte. Die kurze Antwort: „Ja.“ Er hatte sich bei einigen Taten eine Corona-Maske vors Gesicht gesetzt, ansonsten trug er T-Shirt oder Kapuzenpulli. Nach seiner bislang letzten Tat wurde der in der Euskirchener Drogenszene bekannte Mann anhand von Lichtbildern aus dem Polizeiarchiv identifiziert.
Zum Prozess führten ihn Justizwachtmeister aus der Untersuchungshaft vor. Die war angeordnet worden, weil der Angeklagte am 30. Mai 2022 vier Zeuginnen an einer Tankstelle in Euskirchen mit einer benutzten Spritze bedroht haben soll. „Ich habe Hepatitis C!“, soll er gerufen haben. Einen Kunden, der ihn von hinten festhalten wollte, soll er mit der Spritze gestochen haben und dann geflohen sein. Diese Tat wertet die Staatsanwaltschaft als räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung.
Verteidiger Hagen Sven Seipel sieht das anders. Sein Mandant habe abhauen und niemanden bedrohen wollen. Laut Seipel hat der Angeklagte den Kraftstoff an Pizzalieferanten und Taxiunternehmen zum günstigen Preis verkauft, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Das ist bisher nicht bewiesen.