Das Stadtmuseum bereitet eine Ausstellung vor, die sich mit Kriegsende und Nachkriegszeit in Euskirchen befassen wird.
Ausstellung im StadtmuseumNSDAP-Tafel in Euskirchener Garten entdeckt

Das Stadtmuseum Euskirchen gewährt Einblicke in die Vorbereitung der Ausstellung „Neubeginn im Frieden. Euskirchen 1945-1961“. Heike Lützenkirchen (v.l.), Emma Schoof und Maja Kützemeier präsentieren eines der Objekte, eine Haustafel der NSDAP.
Copyright: Johannes Bühl
Anfang März 1945 war der Zweite Weltkrieg in Euskirchen vorbei. Die einen fühlten sich befreit, die anderen besiegt, als amerikanische Soldaten die Stadt besetzten. Wer der nationalsozialistischen Partei angehörte, musste befürchten, über kurz oder lang als Mittäter belangt zu werden. Vielleicht war es also Angst, die einen Euskirchener – als die Niederlage unabwendbar war – dazu bewog, eine Haustafel der NSDAP verschwinden zu lassen.
Auf derartigen Tafeln, die an der Hauswand platziert wurden, hatten Blockwarte die Nachbarschaft über Termine der Nazi-Organisationen informiert und die „Volksgenossen“ ermuntert, sich an die Partei zu wenden, wenn sie Rat und Hilfe benötigten.
Die Haustafel war offenbar aus Angst vor den US-Truppen vergraben worden
Vor etwa 20 Jahren beförderte ein Anwohner der Kölner Straße eine solche NSDAP-Haustafel ans Tageslicht, als er seinen Garten umgrub. Sie war offenbar im Erdreich vor den amerikanischen Truppen versteckt worden. Der Spaten des Hobby-Gärtners hinterließ deutliche Spuren im Blech der Tafel.
Der Garten gehörte früher zur Adresse eines Mannes, der in der Nazi-Zeit als Blockwart bekannt war. „Das wissen wir von Zeitzeugen“, sagt Dr. Heike Lützenkirchen, Leiterin des Euskirchener Stadtmuseums, in dem das seltene Fundstück bald öffentlich zu sehen sein wird. Lützenkirchen bereitet mit ihrem Team die Ausstellung „Neubeginn im Frieden. Euskirchen 1945-1961“ vor. Sie wird am 8. Mai eröffnet, auf den Tag genau 80 Jahre nach der Kapitulation der Wehrmacht, die das Kriegsende in Europa markierte.

In der Ausstellung wird auch eine Konservendose mit Milchpulver gezeigt, ein Beispiel für Lebensmittelspenden aus den USA.
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Die Ausstellung wird die letzten Kriegsmonate in Euskirchen thematisieren, ebenso die Situation nach dem Ende der Kampfhandlungen sowie die darauffolgende politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. „Was war nötig, um den Übergang vom Krieg zum Frieden zu schaffen, der in Deutschland jetzt schon 80 Jahre währt?“, formuliert Lützenkirchen eine Frage, der das Museum nachgeht.
Die Mitarbeiterinnen haben Interviews mit Euskirchenerinnen und Euskirchenern geführt, die den Krieg und die Nachkriegszeit erlebten. Die Schilderungen dieser Zeitzeugen, die in der Ausstellung an Videostationen zu hören sein werden, ergeben mit Archivmaterial und einer Reihe von Exponaten ein umfassendes Bild der Alltagsgeschichte.
Die Stadt Euskirchen war 1945 zu 80 Prozent zerstört
„Bei der Konzeption liegt unser Hauptaugenmerk auf den Menschen“, sagte Lützenkirchen, als sie und ihre Mitarbeiterin Maja Kützemeier dieser Zeitung jetzt einen Einblick in die Vorbereitungen gewährten. „Wir wollen die Besucher emotional ansprechen. Vielleicht werden sie ins Staunen geraten und sich der Stadtgeschichte auf diese Weise annähern.“
Euskirchen war, als der Krieg zu Ende ging, zu rund 80 Prozent zerstört. Auf die Amerikaner als Besatzer folgten 1946 zuerst Briten, dann Belgier. Die Militärregierungen standen vor der Aufgabe, mit der Unterstützung lokaler Kräfte nach zwölf Jahren NS-Diktatur demokratische Strukturen zu etablieren. Gleichzeitig galt es, die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen und den Wiederaufbau zu organisieren. Der Wohnraum war knapp, zumal nun auch noch Vertriebene in die Stadt strömten und Evakuierte zurückkamen.
Museum zeigt Jutesäcke, die auf einem Euskirchener Dachboden verstaubten
Verschiedene Aspekte dieser problematischen Zeit beleuchtet die Ausstellung anhand von Objekten, die zum Teil erstmalig gezeigt werden. Dies gilt für die NSDAP-Haustafel genauso wie für zwei Jutesäcke, die aus einem Dachbodenfund in Euskirchen stammen. In den Säcken waren Lebensmittelspenden – Bohnen und Erdnüsse – aus den USA nach Deutschland gebracht worden, bevor sie auf einem Speicher in Vergessenheit gerieten und verstaubten.
„Eine Restauratorin für Textilien hat Fehlstellen im Gewebe ausgebessert und die Säcke gereinigt“, berichtet die Museologin Maja Kützemeier. Sie und Lützenkirchen können bei ihrer Arbeit auch auf die Unterstützung von Emma Schoof zurückgreifen, die im Stadtmuseum ein Bundesfreiwilligenjahr absolviert.

Zu den Exponaten gehört ein Fotoalbum mit Aufnahmen aus dem Euskirchen der Nachkriegszeit.
Copyright: Johannes Bühl
„Ohne Hilfe von außen wäre es nicht möglich gewesen, die Lebensmittelknappheit zu bekämpfen“, sagt Kützemeier und verweist, dazu passend, auf ein anderes Ausstellungsstück: eine Konservendose mit Milchpulver, ebenfalls aus amerikanischen Beständen. Milchpulver leistete im Nachkriegsdeutschland gute Dienste, um der weit verbreiteten Unterernährung von Kindern zu begegnen. Die Dose aus dem Museumsfundus, deren Herkunft unbekannt ist, wurde allerdings nie geöffnet.
Auch die Wohnungsnot nach dem Krieg wird in der Ausstellung thematisiert
Das Thema Wohnungsnot illustrieren die Kuratorinnen mit Bauplänen für ein Grundstück in der Euskirchener Josefstraße, dessen Eigentümer Ersatz für sein im Krieg vollständig zerstörtes Haus benötigte. Zunächst, 1947, ließ er sich von der Bauaufsicht die Errichtung eines Behelfsheims genehmigen, bevor er dann 1951 den Bau eines herkömmlichen, größeren Wohnhauses in Angriff nahm.
Der Antrag zeigt anschaulich, was eine Familie im Krieg alles verloren hatte.
Um ein Baudarlehen erhalten zu können, musste er einen „Antrag auf Feststellung von Kriegsschäden“ einreichen. Er umfasste eine Liste mit dem kompletten Inventar des zerbombten Hauses – bis hin zu Wischmopp und Fensterleder. „Hier sind wir wieder auf einer sehr persönlichen Ebene“, sagt Maja Kützemeier: „Der Antrag zeigt anschaulich, was eine Familie im Krieg alles verloren hatte.“
Dass sich das Leben einige Jahre nach der Kapitulation nach und nach normalisierte, lässt sich an einem Plakat ablesen, das 1952 der Euskirchener Künstler Konrad Schaefer entwarf. Ein Herold ruft darauf zur 650-Jahr-Feier der Stadt Euskirchen. Endlich gab es wieder Grund zum unbeschwerten Feiern.
Erlebnisse eines jungen Euskircheners zeichnet derweil ein von ihm gestaltetes Fotoalbum nach. Ein Gönner entdeckte es in einem Internetverkaufsportal und erwarb es, um es dem Museum zu überlassen. Es zeigt den Protagonisten am Emil-Fischer-Gymnasium, im Tennis-Club Rot-Weiß, im Karneval, in der Tanzstunde und auf Reisen, um einige Beispiele zu nennen.
Dass die Zeitspanne, die die Ausstellung abdeckt, im Jahr 1961 endet, kommt natürlich nicht von ungefähr. Damals gingen Euskirchen und Charleville-Mézières, eine Stadt in den französischen Ardennen, eine Partnerschaft ein. „Was für eine wunderbare Geste der Franzosen! Sich einer Stadt in Deutschland anzunähern, einem Land, das nur 16 Jahre vorher auf der ganzen Welt nur Feinde hatte“, sagt Heike Lützenkirchen. „Mit der Städtepartnerschaft richten wir den Blick am Ende der Ausstellung auf Europa.“
Museum zeigt Film zur 650-Jahr-Feier der Stadt Euskirchen
In der Ausstellung wird das Stadtmuseum den Film zeigen, der während der 650-Jahr-Feier der Stadt Euskirchen entstand. „Dieses große Fest half der Gesellschaft, sich nach dem Krieg neu zu finden“, sagt Leiterin Heike Lützenkirchen.
Der Film zeigt den aufwendigen Festumzug, Konzerte, ein Sportfest und ein Reitturnier, eine Gewerbeausstellung und andere Veranstaltungen, die die Stadt anlässlich des Jubiläums aufzog.