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„Masterplan Radverkehr“Kreis Euskirchen vermeldet hohe Bürgerbeteiligung

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Stellten die Auswertung der Bürgerbefragung vor: Guido Schmitz (v.l.), Achim Blindert, Karsten Mohr und Marcus Sprung.

Kreis Euskirchen – Die einen machten konkrete Vorschläge für eine verbesserte Streckenführung, andere gaben Hinweise auf Schlaglöcher und Wurzelwerk oder darauf, wie Gefahrenstellen entschärft werden können. Auch Abstellanlagen an Bahnhöfen, Einkaufszentren oder Pendler-Parkplätzen wurden angeregt, auch Lob wurde verteilt. Was in jedem Fall konstatiert werden darf: Die Online-Befragung von Fahrrad fahrenden Bürgerinnen und Bürgern, die die Kreisverwaltung zwischen Mai und Juli durchgeführt hat, war ein echter Erfolg.

Knapp 4200 Menschen brachten ihre Ideen und Hinweise ein, likten oder kommentierten. „Ziel ist, die Bürger in den Prozess einzubinden, denn sie sind die Alltagsexperten und sehen, wo etwas funktioniert oder nicht“, meinte Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats und Leiter des Geschäftsbereichs Planung, Mobilität und Umwelt in der Kreisverwaltung am Dienstag bei einem Pressegespräch.

Radverkehr attraktiver für alle Menschen machen

Hintergrund für die Befragung, die in einem „Masterplan Radverkehr“ münden soll, einem Gesamtkonzept für ein alltagstaugliches Radverkehrsnetz im gesamten Kreisgebiet, ist das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz Landes Nordrhein-Westfalen, kurz Fanag. Dieses wurde im 2021 beschlossen und dient als Grundlage für die Schaffung eines umweltschonenden, sicheren und nutzerorientierten Angebots der Fahrrad- und anderer Formen der Nahmobilität.

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Den 300-Euro-Gewinn überreichte Achim Blindert an den Billiger Benjamin Clémont (l.).

„Allen Menschen soll ein möglichst uneingeschränkter und barrierefreier Zugang zu einer gesundheitsfördernden Verkehrsinfrastruktur gewährt werden“, heißt es in der Gesetzespräambel. Landesweit solle der Radverkehr so attraktiv werden, dass sich „mehr Menschen im Alltag für das Rad entscheiden können“.

Bis wann genau, bleibt offen, aber im Gesetz verankert ist ein zukünftiger Radverkehrsanteil von 25 Prozent des Gesamtverkehrs. Derzeit bewegt man sich im Kreisgebiet bei sechs bis acht Prozent.

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Alltagsradnetz

Zwei Monate lang hatten radfahrende Bürgerinnen und Bürger des Kreises Euskirchen Gelegenheit, über eine Online-Plattform ihre praktischen Erfahrungen, Verbesserungsvorschläge und Kritikpunkte an die Kreisverwaltung zurückzumelden. Ziel ist der Ausbau und die Neugestaltung des Alltagsradnetzes, das in erster Linie für den Weg zur Arbeit, zum Einkauf oder für andere Erledigungen dienen soll.

Ideen und Hinweise

Die Seite wurde 5126-mal aufgerufen, insgesamt wurden 1031 Ideen und Hinweise hinterlassen, die 4603 Likes kassierten und 325 Kommentare, die wiederum 867 Mal mit einem Like versehen wurden. Das Planungsbüro hatte im Vorfeld eine gute Beteiligung mit 400 bis 500 Ideen beziffert, die Erwartungen wurden bei weitem übertroffen.

300 Euro gewonnen

Unter allen Teilnehmern der Befragung wurde ein Preisgeld von 300 Euro verlost. Freuen durfte sich am Dienstag Benjamin Clémont aus Billig. Gerne nutzt der Lehrer an der Gesamtschule Mechernich das Rad, um zur Arbeit zu fahren.

"Lebensgefährliche Strecke"

Bei der Befragung hatte er einen Radweg entlang der L61 empfohlen. „Die Strecke entlang der Katzensteine ist lebensgefährlich“, meinte Clémont. Auch aus der Schülerschaft höre er, dass viele gerne mit dem Rad zur Schule kommen würden, die Wegführung für Fahrradfahrer aber zu gefährlich sei.

Bei der Auswertung der Ideen und Hinweise aus der Bürgerschaft gab es viele Übereinstimmungen mit den Ideen aus den Kommunen, die im Vorfeld ebenfalls einzeln zu ihren Konzepten befragt worden waren. Es gab aber auch Überraschungen, wie Kreismitarbeiter Karsten Mohr bei der Präsentation des Sachstandes zum „Masterplan Radverkehr“ meinte: „Beispielsweise gab es bei den Routenwünschen 120 Likes für den Vorschlag einer schnellen Verbindung zwischen Kall und Hellenthal.“

Flott unterwegs mit Pedelecs und Speed-Pedelecs

Um die gewünschte Verkehrswende tatsächlich herbeiführen zu können, braucht es ein attraktives Radwegenetz im gesamten Kreisgebiet. Längst ist auch im Südkreis nicht mehr nur touristisches Radfahren an der Tagesordnung. In Zeiten von Pedelecs und Speed-Pedelecs könne man auch in der Mittelgebirgsregion „flott unterwegs sein“, so Blindert.

Fahrradfahren müsse zukünftig gleichberechtigt möglich sein, also die gleiche Qualität haben wie die der Autofahrer. „Man mutet Fahrradfahrer oftmals Umwege zu“, sagte Blindert und betonte, dass kurze und direkte Verbindungen ebenfalls zur Aufgabenstellung des Masterplans gehören werden.

Planer müssen jetzt selber in die Pedale treten

Dem 445 Kilometern langen Radhauptnetz, das sich auf die vorrangigen Routen des Rheinischen Reviers und die Pendlerstrecken konzentriert, konnten nach der Online-Befragung 220 Kilometer Basisnetz hinzugefügt werden, das die Wünsche und Bedarfe der Bürgerschaft berücksichtigt.

Im nächsten Schritt werden die Mitarbeiter des beauftragten Planungsbüros selber in die Pedale treten müssen: „Sie müssen rund 500 Kilometer Radwege selber abfahren und sich ein Bild von der Umsetzbarkeit der Vorschläge machen“, erklärte Achim Blindert. Bis Ende des Jahres könne man die Daten zusammentragen, im kommenden Frühjahr dann hoffentlich den „Masterplan Radverkehr“ für den Kreis Euskirchen vorstellen.

Ein Riesenberg Arbeit steckt in dem Projekt

Wie lange es dauert, bevor es an die Umsetzung geht? Festlegen wollten sich die Fachleute im Kreis da noch nicht. Es stecke ein Riesenberg Arbeit dahinter, erklärte Mohr. Ein großer Anreiz, die Radwege zügig zu planen, auszubauen oder neu anzulegen dürfte jedoch in der üppigen Fördersumme des Landes liegen, die sowohl für Radpendler- wie für Basisrouten bei 95 Prozent liege.

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Die Zeiten haben sich ganz offensichtlich geändert, Umweltschutz und nachhaltige Mobilität sind nicht mehr nur Schlagworte im Wahlkampf. „Früher hat man bei Straßen NRW eine Begründung finden müssen, um einen Radweg zu bauen“, merkte Marcus Sprung, Fahrradbeauftragter im Kreis Euskirchen, augenzwinkernd an. „Mittlerweile braucht es eine Begründung, wenn man keinen baut.“