Euskirchen – Mehrere Dörfer im Euskirchener Stadtgebiet könnten Teil einer neuen „Leader“-Region werden. Die Idee für das Vorhaben ist im Bürgerverein Odendorf entstanden. Die Initiatoren haben sich jetzt in einem Bürgerantrag mit der Bitte um Unterstützung an die Stadt Euskirchen gewandt. Die Verwaltung steht dem Antrag aufgeschlossen gegenüber. Dies gilt auch für die Fraktionen, wie die erste Beratung im Rat zeigte.
Die Idee
Leader ist die Abkürzung der französischen Bezeichnung „Liaison Entre Actions de Développement de l'Économie Rurale“ – auf Deutsch: Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft. Es handelt sich um eine Fördermaßnahme der Europäischen Union (EU). Das Programm dient der Strukturförderung des ländlichen Raums und wird finanziert aus einem EU-Landwirtschaftsfonds. Hinzu kommt ein öffentlicher regionaler Anteil.
Die Region
Geplant ist die Gründung einer Leader-Region mit dem Arbeitstitel „Voreifel – die Bäche der Swist“. Sie wäre im Kreis und Umgebung die dritte nach den Regionen Eifel und Zülpicher Börde. Angehören sollen ihr die Kommunen Swisttal, Rheinbach und Meckenheim, zudem die Ortschaft Adendorf (Gemeinde Wachtberg) und die Euskirchener Ortsteile Kirchheim, Schweinheim, Flamersheim und Palmersheim. Alles in allem umfasst das Gebiet gut 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Vorbild ist das 1995 aus der Taufe gehobene Talauenprojekt im südlichen Steigerwald (Franken), dessen Hauptziele Regionalentwicklung und dezentraler Hochwasserschutz sind. Die nun ins Auge gefasste Leader-Region „wäre geologisch über die Zuflüsse zur Swist miteinander verbunden“, heißt es in der Konzeptbeschreibung.
Die erste Unvorstellbarkeit
Die Säulen der Kernvision, auf der die Leader-Region basieren soll, sind „zwei Unvorstellbarkeiten“, so die Initiatoren: zum einen die Flut vom 14. Juli „mit all dem Leid, den Opfern und der Zerstörung“. Die Bäche, die die Region prägen und miteinander verbinden, seien plötzlich zu reißenden Flüssen geworden.
Nun schwebt den Bürgerverein Odendorf „der große Plan vor, mit vielen kleinen, möglichst einfach umzusetzenden Maßnahmen des natürlichen und technischen Hochwasserschutzes“ an den Bachläufen ein neues Sicherheits- und Lebensgefühl zu schaffen. Gleichzeitig wollen sie die Biodiversität erhöhen, mehr CO2 in den Böden speichern „und vor allen Dingen besondere, neue Möglichkeiten der Naherholung, Umweltbildung, Freizeit- und Tourismusaktivität schaffen“, wovon auch die regionale Wirtschaft nachhaltig profitieren soll.
Die zweite Unvorstellbarkeit
Auf die Hochwasserkatastrophe folgte eine Welle der Hilfsbereitschaft – für die Initiative die zweite Unvorstellbarkeit. Diese neue soziale Gemeinschaft soll das Leader-Projekt ausbauen, etwa durch die Vernetzung von Jung und Alt sowie neue Kultur- und Sportangebote, aber auch durch kleinere Maßnahmen, die den privaten Hochwasserschutz und die Entsiegelung von Flächen fördern oder der Natur anderweitig dienen. Das Konzept umfasst eine ganze Reihe konkret beschriebener Ideen und schließt mit dem Aufruf: „Gemeinsam wiederauferstehen aus dem Schlamm und der Verwüstung – Hand in Hand!“ Vereinsschriftführerin Angela Gilges appelliert an die Euskirchener: „Lassen Sie uns gemeinsam diese tolle Chance nutzen.“
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Die Stadt Euskirchen
In seiner jüngsten Sitzung hat der Rat die Stadtverwaltung beauftragt, gegenüber dem Bürgerverein das Euskirchener Interesse an einer Mitgliedschaft in der angestrebten Leader-Region zu bekunden und die notwendigen Haushaltsmittel einzuplanen. Der Kreis Euskirchen und der Rhein-Sieg-Kreis sähen das Vorhaben ebenfalls positiv, so der Erste Beigeordnete Alfred Jaax.
Die Politik
„Wir unterstützen das Anliegen voll und ganz“, sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Klaus Voussem. Euskirchen habe nun endlich die Chance, Teil einer von der EU geförderten Leader-Region zu werden. Grünen-Sprecherin Dorothee Kroll hob die „großartige Vorarbeit“ hervor, die geleistet worden sei. Sie stimme der Initiative darin zu, dass man den Hochwasserschutz nur kommunen- und kreisübergreifend verbessern könne.
Das weitere Vorgehen
Die Interessensbekundungen aus den Kommunen und Kreisen stellen den ersten Schritt im Verfahren dar, um anschließend mit weiteren Partnern eine Aktionsgruppe zu bilden und eine regionale Entwicklungsstrategie voranzubringen. Für den Leader-Wettbewerb 2023 bis 2027 muss die Region sich bis 4. März beim NRW-Umweltministerium bewerben. Die Zeitschiene ist nach Jaax’ Worten „als außerordentlich ambitioniert anzusehen“.