Ein sicherer Ort für MädchenWie ein Euskirchener in Kolumbien Leben rettet
- Sexualisierte Gewalt, Prostitution, Kinder, die schwanger werden, gehören zum Lebensalltag von kolumbianischen Mädchen in Chocó.
- Der gebürtige Euskirchener wollte ihnen einen sicheren Ort schenken und gründete vor etwa vier Jahren die Casa Hogar.
- Nicht nur private Spenden aus dem Euskirchener Kreis helfen der Initiative, auch Prominente steuern Hilfe bei.
Euskirchen – Wenn Dr. Theo Rüber über Casa Hogar erzählt, sprüht er vor Überzeugung und Tatkraft. Das, was der junge Arzt Anfang 2015 bei einem Praktikum in einem Krankenhaus in der kolumbianischen Metropole Cali und bei einer Reise in den Chocó erlebte, hinterließ Spuren und führte letztlich dazu, kurze Zeit später eine Initiative zu starten, die zur Entwicklungsarbeit in Kolumbien beiträgt und ihren Schwerpunkt im Bereich der Frauenbildung setzt: Casa Hogar.
„Ich habe damals Schlimmes gesehen, nicht nur während der Arbeit“, so der 32-Jährige, der ursprünglich aus Euskirchen kommt. Vor allem Mädchen seien die Leidtragenden in der von Machismo geprägten Gesellschaft. Sexualisierte Gewalt, Prostitution, Kinder, die schwanger werden, gehören zum Lebensalltag.
Von Armut gezeichnete Region
Casa Hogar richtet seine Aktivitäten auf das kolumbische Verwaltungsgebiet Chocó, das trotz großer Goldvorkommen von Armut gezeichnet. In der dortigen patriarchal durchdrungenen Gesellschaft leiden Frauen unter den strukturellen Ungerechtigkeiten, der Zugang zu Bildung etwa ist mit großen Schwierigkeiten behaftet.
Der Chocó liegt an der Grenze zu Panama und entspricht etwa der Größe von Niedersachsen. Gut 80 Prozent der Bevölkerung sind afrokolumbianischer Abstammung, also Nachfahren der afrikanischen Sklaven aus der Kolonialzeit. Der Chocó litt besonders unter dem gut 50 Jahre dauernden bewaffneten Konflikt zwischen Guerillagruppen und dem Staat. Die nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Infrastruktur war nicht möglich. Noch immer ist die Sicherheitslage vor Ort problematisch, weshalb nur wenige Hilfsorganisationen vor Ort vertreten sind. (hn)
Kooperation mit Kindermissionswerk „Die Sternsinger“
Heute, nur drei Jahre nach der Gründung von Casa Hogar, können Theo Rüber und ein mittlerweile auf rund 60 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, Kolumbien, Österreich und den USA angewachsenes Team bereits beachtliche Erfolge vorweisen.
So wurde in enger Zusammenarbeit mit Projektpartner vor Ort und der Kooperation mit dem Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ die Schule Colegio Diocesano San José in Istmina baulich erweitert. Im Juni wurde die Einweihung gefeiert: Anstatt wie bislang 202 Schülerinnen und Schülern Platz an der Schule zu bieten, können nun 438 am Unterricht teilnehmen und Abschlüsse bis zur Hochschulreife erlangen. Etwa die Hälfte der Schüler sind Mädchen.
Sicherheit vor Ausbeutung und sexueller Gewalt
Casa Hogar heißt übersetzt „Haus Herd“, in Lateinamerika ist der Begriff ein Synonym für einen sicheren Ort und sorgenfreie Geborgenheit. Der Name steht für das Kernziel des Vereins: einen Ort zu schaffen, an dem Mädchen sicher sind vor Ausbeutung, Gewalt und Prostitution, einen Ort, an dem sie lernen können und einen Abschluss erhalten, der für die Universität qualifiziert.
Casa Hogar betreibt in Istmina schon jetzt ein Wohnhaus, in dem fünf junge Mädchen von Ordensschwestern betreut werden, „die trotz ihrer Begabung keine weiterführende Schule besuchen können“, so Theo Rüber.
Ein Ausbau soll Platz für weitere 20 Mädchen bringen, sodass 25 Stipendien vergeben werden können. Ein ehrenamtlicher Architekt arbeitet bereits an den Plänen.
Prominente Unterstützung
„Anfangs sind wir noch recht blauäugig an die Umsetzung unserer Ziele herangegangen“, so Theo Rüber, Bauchlandungen inklusive. Heute habe man ein funktionierendes Projektmanagement im Rücken, ein Team versierter Fachleute, die allesamt ehrenamtlich arbeiten. Anwälte, Architekten, Kulturschaffende, Medienmacher, Web-Designer: Theo Rüber bewies sich in der kurzen Zeit des Bestehens von Casa Hogar als talentierter Drahtzieher und überaus erfolgreicher Netzwerker. „Genau hierin liegt die große Besonderheit von Casa Hogar“, weiß der junge Arzt, der sich der Hirnforschung verschrieben hat. „Wir haben es geschafft, die Kräfte und das Know-how junger, engagierter Fachleute aus unterschiedlichsten Bereichen zu bündeln, die sich für die Initiative und die Unmittelbarkeit der Unterstützung begeistern. Und sie sind alle ehrenamtlich dabei.“
Unterstützung bekommt Casa Hogar dabei von reichlich Prominenz, die mit ihren Namen für die Sache werben: die Kabarettisten Eckart von Hirschhausen, Bodo Wartke und Marcus Koschuh, Ex-Wise-Guy Dän Dickopf, die Olympioniken Ezinne Okparaebo und Moritz Müller, Musiker Joey Kelly, Model Toni Garrn und etliche mehr.
Benefiz-Konzert mit den Alten Bekannten
Ihre guten Kontakte nutzend, organisieren die Macher des Vereins Casa Hogar auch immer wieder Kulturveranstaltungen. Als Nächstes steht am Samstag, 21. September, ein Benefizkonzert mit Deutschlands erfolgreichster A-cappella-Pop-Gruppe in Euskirchen an.
Die Alten Bekannten, die Nachfolgeband der A-cappellla-Stars Wise Guys, spielen ab 20 Uhr zugunsten von Casa Hogar und Misereor im Euskirchener City-Forum.
Der Abend im City-Forum verspricht eingängige Melodien und Texte, die von humorvoll-bissig bis anrührend-emotional reichen.
Karten sind in allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie im Ticketshop des City-Forums Euskirchen, Hochstraße 39-41, für 37 Euro erhältlich oder können auch unter der Tickethotline Tel. 024 05/40 860 sowie online bestellt werden. (hn)
www.eventim.de/noapp/tickets.html
Hälfte der privaten Spenden aus Kreis Euskirchen
Die Spenden, die auf das Konto von Casa Hogar fließen, gehen nahezu ohne Abzüge in die Projekte in Kolumbien. „Übrigens generieren wir gut die Hälfte der privaten Zuwendungen aus dem Kreis Euskirchen“, so Theo Rüber. „Diese Spenden sind sozusagen das Rückgrat unserer Arbeit. Das macht mich als Euskirchener meiner Heimatstadt gegenüber sehr dankbar.“
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Seit Juli dieses Jahres hat Casa Hogar eine hauptamtliche Referentin. „Durch ihre Einstellung fließt kein Cent weniger in die Projekte in Kolumbien“, garantiert Rüber, der Casa Hogar eine bislang „gute Entwicklung“ bescheinigt. Was er sich wünscht? „Dass unsere NGO langfristig Bestand hat und dadurch vielen Mädchen den Weg in Bildung geebnet wird. Jeder ist aufgerufen, daran mitzuwirken und sich unserem Team anzuschließen.“