300 Liter Wein sollen aus der ersten Lese in Nideggen-Berg gekeltert werden. In einigen Jahren sollen es bis zu 35.000 Liter sein.
Wein aus der EifelIn Nideggen-Berg bedrohten die Stare die Weinlese
Diese Trauben sind reif, perfekt und unglaublich lecker. Das haben viele ehrenamtliche Sommeliers unentgeltlich im Weinberg vom Markus Schäfer und seiner Frau Lisa festgestellt. So richtig freuen konnten sich die Vlattener Jungwinzer über das Urteil allerdings nicht: Die leckeren Beeren sind nicht nur bei Weinmachern beliebt, sondern auch bei anderen Wesen. Unvermittelt hatten Stare entdeckt, dass am Rand von Berg schmackhafte Nahrung für sie bereitsteht. Zu Hunderten waren sie in die Anlage eingefallen, um sich an der unvermuteten Delikatesse zu laben.
Weintrauben stehen in unserer Region normalerweise nicht auf dem Speiseplan der Singvögel. Schließlich ist der Schäfersche Weinberg der einzige in der Region – und das ist das Problem. „In den klassischen Weinregionen verteilen sich die Vögel, und hier kommen alle zu uns“, sagt Markus Schäfer mit gequältem Lächeln.
In Berg stehen auf vier Hektar insgesamt 75.000 Rebstöcke
So musste kurzerhand die fällige Weinlese um zwei Tage vorverlegt werden, damit noch genug Trauben für die Menschen geerntet werden konnten. Zum ersten Mal haben die Schäfers mit insgesamt zwölf Helfern ihre eigenen Trauben von den Rebstöcken geschnitten, die sie vor drei Jahren gepflanzt hatten. 16 Reihen waren es damals, aus denen nun die erste Ernte eingebracht werden konnte.
Mittlerweile sind zwei weitere Bereiche dazugekommen, so dass sich auf dem vier Hektar großen Gelände 75.000 Rebstöcke in 130 Reihen befinden. Doch bis alle Reben auf dem gesamten Berg Trauben tragen, wird es noch zwei Jahre dauern.
Und bis dahin? Ist Zeit zum Lernen. Zum Beispiel, dass Stare auch gern Trauben naschen und von weither zu dem roten Wimpel oben auf dem Berg kommen, der eigentlich zu ihrer Abwehr gedacht war.
„Zum Glück haben die Vögel sich an den wenigen roten Trauben des Spätburgunders gütlich getan und die Weißweinbeeren stehen gelassen“, sagt der 30-Jährige. Sauvignac, Pinotin und Cabertin sind noch nicht in größeren Mengen von den gefiederten Feinschmeckern verkostet worden. Es sind Neuzüchtungen, die neben Geschmack eine wichtige Eigenschaft aufweisen: Pilzresistenz.
Der Eifeler Wein ist pilzresistent und wird nicht gespritzt
Denn die größte Gefahr drohe von Pilzsorten wie Mehltau oder Roter Brenner, erläutert Schäfer. Er zeigt ein Blatt mit einem schwarzen Belag: „Das ist abgestorbener Mehltau.“ Wenn der Rebstock zum Beispiel vom Riesling gewesen wäre, wäre es notwendig gewesen, ihn zu spritzen, um den Pilz zu bekämpfen. „Wir haben pilzresistente Sorten, die nicht so empfindlich sind“, so Schäfer.
Auch sonst scheint das Konzept mit der biologischen Bewirtschaftung aufzugehen. Heinz Berchtold zeigt begeistert auf die Rebstöcke. „Hier ist nicht gespritzt worden“, sagt er stolz. Zwischen den Reihen blühe es in großer Vielfalt, was auch viele Nützlinge anziehe. Zufrieden zeigt Markus Schäfer eine Traube, die er gerade vom Stock geschnitten hat. „Da sitzt noch ein Marienkäfer“, sagt er.
Berchtold ist der Inspirator für den Entschluss des Vlattener Landwirtes Schäfer, sich im Weinbau zu probieren. Er unterstützt das Vorhaben mit all seiner Erfahrung. 30 Jahre hat er in Portugal Wein angebaut und bis auf die große Weinpresse auch die Edelstahlbehälter und Gerätschaften mitgebracht, mit denen die erste Ernte verarbeitet wird. Die Sache mit den Vögeln ist jedoch auch für den erfahrenen Weinbauern neu. „Vögel hatten wir in Portugal nicht“, sagt er nachdenklich, während die Stare wie im Hitchcock-Klassiker „Die Vögel“ über seinen Kopf flattern.
In einigen Jahren sollen bis zu 35.000 Liter Wein gekeltert werden
Rund 300 Liter Wein, so schätzt Schäfer, könnte die Lese dieses Jahres ergeben. Bis zu 35.000 Liter Qualitätswein sollen es werden, wenn am Ende alle Rebstöcke gelesen werden können. „Es könnte mehr sein, aber wir wollen einen guten Wein keltern“, sagt er. Der Boden in Berg mit seinen reichhaltigen Mineralien gebe es her. Und das sei zu schmecken, fügt er hinzu, nachdem er eine Beere von der Traube genommen und gegessen hat.
Doch bis es so weit ist, gibt es noch viel zu tun. Das Projekt für den Winter ist der Ausbau eines Weinkellers. Im Frühjahr steht dann der Schnitt der Reben an. „Wir rechnen mit rund 400 Arbeitsstunden pro Hektar“, erklärt Schäfer. Das entspreche einer vollen Arbeitskraft, die nur für den Weinberg engagiert werde.
Nun ist klar, dass eine weitere Investition notwendig ist: Vogelschutznetze. „Es gibt mobile Netze, aber dann bräuchten wir etwa fünf Kilometer nur für diese 16 Reihen, die wir jetzt geerntet haben“, sagt der 30-jährige Landwirt. Stattdessen sollen Netze installiert werden, die auf- und zugezogen werden können. „Die haben aber den Nachteil, dass morgens die Feuchtigkeit nicht so schnell aus dem Weinberg geht“, erläutert Schäfer.
Nachdem die Arbeiter nach einer Brotzeit mit einem Schluck Wein zur Feier des Tages den Weinberg verlassen haben, schneiden Markus Schäfer, seine Frau Lisa, die den zwei Monate alten Sohn Jesse vor den Bauch trägt, und Berchtold konzentriert die letzten Trauben von den Rebstöcken, während die verärgerten Stare frustriert über den abgeernteten Hang streichen.
Sorgfältig kontrollieren die drei die Trauben, damit auch keine faulen Beeren in den Korb kommen. Unauffällig wirft Lisa Schäfer eine Traube voller saftiger Weinbeeren auf das Stroh zwischen den Reihen. Ihr Mann blickt sie fragend an. „Für die Vögel“, sagt sie und lächelt.
Der Rebschnitt
Die komplizierteste Arbeit für die Winzer steht im Frühjahr an, wenn die Reben geschnitten werden. „Das ist die wichtigste und zeitaufwendigste Arbeit im Weinberg“, so Heinz Berchtold. In den Fortbildungskursen im Weinbau habe dieses Thema den größten Anteil eingenommen, berichtet Markus Schäfer. Allein eine Woche sei über die verschiedenen Arten des Rebschnittes gesprochen worden.
Über die richtige Art würden sich die Geister scheiden, so der Landwirt. „Wir haben uns für den sanften Rebschnitt entschieden“, sagt er. Dabei werden beim Beschneiden nur kleine Wunden gesetzt, so dass die Leitungsbahnen im Inneren des Rebstockes nicht verletzt werden. Deshalb sollten die Winzer nur mit einer normalen Pflanzenschere in den Weinberg gehen und nicht mit einer Motorsäge. „Unsere Rebstöcke sollen so alt werden, dass auch unser kleiner Sohn noch viel davon hat, wenn er das will“, sagt Schäfer. Andernfalls könnten die Stöcke krank werden und schon nach zehn Jahren sterben. (sev)