259 Mal wurde der kostenlose Geschirrverleih „Tischlein deck dich“ in Freilingen seit 2021 in Anspruch genommen. Das ist auch gut für die Umwelt.
Geschirr für alle Anlässe„Tischlein deck dich“ in Freilingen hat gut 7000 Teile im Bestand
Das Erfolgsmodell lagert im kleinen Schuppen: Seit Ende Mai 2021 wird in Freilingen der kostenlose und ehrenamtliche Geschirrverleih „Tischlein deck dich“ angeboten. Bei bisher 259 Ausleihen wurden 112 716 Teile in einem Umkreis von rund 60 Kilometern zu Dorffesten, Vereins- und Familienfeiern gebracht.
„Wir haben Annahmestopp!“ Simone Böhm, rührige Vorsitzende des Vereinskartells Freilingen, blickt um sich: In den Wandregalen im kleinen Schuppen stehen dicht befüllte Transport- und Lagerkisten, alles akkurat gestapelt und aufgeräumt. „Rechts ist das Sammelsurium, hier links aber haben wir auch edle Service“, meint Böhm zufrieden. Was auf den ersten Blick wie das Porzellan- und Geschirrlager eines Caterers oder Hotels anmutet, ist tatsächlich eine Art blitzblanke Resterampe für einen guten Zweck: Auf 7000 Teile – vom Tässchen bis zur Kuchenplatte – ist der Bestand an gespendetem Porzellan angewachsen, den „Tischlein deck dich“ hier verwaltet.
Gesammelt und aufgebaut wurde das Lager in der Coronazeit 2020/21. Mit 150 Teilen für eine Familienfeier in Freilingen fing am 30. Mai 2021 alles an. Eine Idee, die Simone Böhm nach dem Vorbild einer Initiative in Hannoversch-Münden entwickelte. Böhm und Judith Maur, die für das Marketing von „Tischlein deck dich“ zuständig ist, hätten nie gedacht, dass daraus ein solches Projekt werden würde.
Rekordzeit zwischen Anfrage und Lieferung liegt bei einer Stunde
Dabei geht es beim Verleih eigentlich um den Umweltschutz: Wer ausleiht, muss nicht auf Einmalgeschirr etwa aus Pappe zurückgreifen. Das Angebot nutzen mittlerweile Vereine und Familien. „Tischlein deck dich“ steht auch bereit für Dorffeste oder Veranstaltungen der Gemeinde Blankenheim wie „Sommer am See“. Spontane Ausleihen wie in den Anfangsmonaten gibt es zwar immer noch – Rekordzeit zwischen Anfrage und Lieferung: eine Stunde. Doch am liebsten hat es Simone Böhm, wenn mehr Zeit zur Verfügung steht. Interessenten sollten online einen kleinen Fragebogen ausfüllen: Was wird benötigt an Tellern, Besteck, Gläsern und Kannen? Andernorts wäre ihr ehrenamtlicher Geschirrverleih, der mittlerweile aus einem Umkreis von mehr als 60 Kilometern angefragt wird, vermutlich längst ein kleines Start-up geworden.
Der zeitaufwendigste Auftrag bisher? Eine Nutzerin wollte für eine große Garten-Hochzeit bitte nur „geblümtes“ Geschirr haben. Nur welches? Also packte Simone Böhm Muster der vorrätigen Varianten in eine der über ein Förderprogramm des Landes 2023 beschafften Transportkisten und reiste an „wie zu einer Hochzeitsmesse“, wie sie sich schmunzelnd erinnert. Es gibt ja bei ihr nicht nur die Abteilung „Sammelsurium“ von Einzelstücken oder Geschirrteile in nur geringer Stückzahl. Das Gegenteil ist „Beige Goldrand“, ein Service, das in größerer Menge und allen Größen und Formen vorrätig ist.
„Eine Großspende kam von einem Witwer. Der hatte es über Jahrzehnte gelagert“, so Böhm zu einem der Klassiker aus älteren Eifelhaushalten, gespendet für „Tischlein deck dich“, wie vieles aus Haushaltsauflösungen und Nachlässen. Dazu gehört etwa das komplette Geschirr aus der ehemaligen Dorfkneipe Meiershof. Wie bei Gastronomieporzellan üblich, dick gebrannt, robust, unverwüstlich. Auch edlere Ware, etwa von Seltmann in Weiden in der Oberpfalz oder Villeroy & Boch aus Mettlach, ist vorhanden. Das aber sogar Hochedles wie von KPM – Königliche Porzellan-Manufaktur – im Schuppen in Freilingen lagere, ist allerdings ein Gerücht.
Mittlerweile mehr als 7000 Stücke Porzellan und Gläser im Bestand
Anlässe mit mehr als 2000 Einzelteilen kann der Verleih mittlerweile aus dem Bestand von mehr als 7000 Stücken Porzellan und Gläsern bestücken. „2000 natürlich komplett“, so Böhm, also Tassen, Teller, Besteck und Gläser. 50 Kuchenplatten sind gefragt? „Kein Problem“, beruhigt Böhm.
Die Anlässe sind wie die Auftraggeber dabei grundverschieden: Das kann die kurzfristig angesetzte Trauerfeier mit 1000 Teilen sein. 2720 – das weiß Böhm ganz genau – waren es für den „Sommer am See“ in diesem Jahr in Freilingen, 1200 Teile für eine Hochzeit in Köln – oder auch mal nur zehn Weingläser auf die Schnelle für eine kleine Privatfeier in der Eifel.
Zeit sparen die Nutzer und Nutzerinnen des Services dabei kaum, denn sie müssen das Leihgeschirr abholen, spülen und sauber wieder zurückbringen. Bei Großveranstaltungen hilft dann das „Spülmobil“, das die Gemeinde Blankenheim angeschafft hat.
Geld für Umweltschutzprojekte an Schulen und Kindergärten
Ein kostenloser Geschirrverleih, um die Umwelt zu schonen – das war und ist die Idee hinter dem Angebot. Ein zweiter Grundgedanke kommt zunehmend dazu, so Böhm: die „Geschirrrettung“. Was in den Kisten im Schuppen landet, ist eben nicht verräumt, verloren oder weggeschmissen – es sei denn, es geht danach schlicht zu Bruch oder wird auch nur leicht beschädigt. Selbst dann hat das gespendete Geschirr bei „Tischlein deck dich“ noch einen Sinn: Es wird schlicht „in einer Kiste rausgestellt“, so Judith Maur. Ein Abnehmer hat sich immer noch gefunden.
Aus dem Erfolgsmodell hat sich nebenbei ein weiterer Vorteil ergeben: An die 2500 Euro wurden bisher von den Ausleihenden für die Initiative gespendet. Böhm und Maur geben das Geld für Umweltschutzprojekte an Schulen und Kindergärten im Gemeindegebiet weiter. Vor einer Woche erhielt so die Ahr-Grundschule einen Scheck in Höhe von 1000 Euro. Es wird nicht die letzte Spende für einen guten Zweck in diesem Jahr gewesen sein, verspricht Böhm. Das „Spendenschwein“ laufe schon wieder voll, eine Kita in oder um Blankenheim kann sich demnächst freuen.
Alles soll raus und dann wieder rein – das ist die Maxime des Geschirrverleihs. Bis auf eine Ausnahme: Der „Blankenheim-Becher“, ein touristisches Mitbringsel aus alten Zeiten, bleibt bis auf weiteres im Schuppen stehen. Sie wolle ihn Blankenheims Bürgermeisterin Jennifer Meuren schenken, meint Simone Böhm. Jetzt müsse noch ein passender Anlass gefunden werden. Etwa, wenn sich Meuren zur erneuten Kandidatur fürs Bürgermeisterinnenamt entschließt. Das allerdings kann noch dauern. Meuren hat sich im Gegensatz zu einigen ihrer Amtskollegen im Kreisgebiet noch nicht öffentlich festgelegt.