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„Begrüßungs-Kölsch“ in den 80ernFeriendorf Freilingen feiert 50-jähriges Jubiläum

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Außen charakteristisch, innen gemütlich: Ein Blick in eines der zur Vermietung stehenden Häuser im Feriendorf Freilingen. 

Blankenheim-Freilingen – Vor 50 Jahren wurde auf dem Hochplateau Freilinger Bruch, knappe zwei Kilometer von Freilingen entfernt und im Volksmund nur Maiebösch und Jüddeburg genannt, das Feriendorf eröffnet. 207 Nur-Dach-Häuser stehen auf dem rund 17 Hektar großen Gelände direkt am Waldrand.

Oliver Reinking steht am 25 mal 12,50 Meter großen Schwimmbecken und wirkt wie der Bademeister. Der ist der Verwalter des 1971 gegründeten Feriendorfs tatsächlich auch – neben Hausmeister, Platzwart auf den beiden Tennisplätzen und der kleinen Minigolfanlage sowie Gärtner fürs gemeinschaftliche Grünland der 17 Hektar großen Fläche. „Wir müssen den Standard hochsetzen“, sagt Reinking beim Gang durchs top gepflegte Grün. Ähnlich wirken die lange Hauptstraße“ sowie Gassen und Wege.

Das Feriendorf ist sein Leben

Schön wild wirkt wiederum der kleine, rundum dicht bewachsene Löschteich in der Dorfmitte. Am Rand stehen zwei Insektenhotels, dahinter eine größere Streuobstwiese, beides angelegt von der IG – der Interessengemeinschaft der Ferienhauseigentümer Freilinger Bruch, sozusagen Reinkings alltäglicher Verhandlungs- und Ansprechpartner. Reinking, der die Verwaltertätigkeit vor 20 Jahren von seinem Vater Günter übernommen hat, und wie seine Eltern schon lange im eigenen Haus am Rand der Anlage wohnt, sagt: „Das Feriendorf ist mein Leben.“

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Der heutige Verwalter Oliver Reinking am Schwimmbecken.

Da ist er nicht der Einzige. Es ist eine kleine Oase für die Gäste aus dem Rheinland. Sie suchten und suchen eine Auszeit oder machten Urlaub in der unberührten Eifelnatur. „Und jetzt gucken wir hier eben auf die Rotoren des Windparks Rohr-Reetz.“ Michael Hermanns, Schriftführer der IG, nimmt die Anlagen gelassen. Tatsächlich überragen die Rotorblätter je nach Standort den über die Jahrzehnte gewachsenen Baumbestand, auch die hohe Hainbuchenhecke vor der Wetterseite seines Häuschens.

Ein Haus für 30.500 D-Mark

30.500 D-Mark kostete ein Ferienhaus 1971 – ein Preis, der sich schnell als zu günstig erwies angesichts der Nachfrage. 1981 sei erstmals die Marke von 100.000 D-Mark übersprungen worden, so Michael Hermanns in einer kleinen Chronik zum 50-jährigen Bestehen des Feriendorfes Freilingen. Aktuell können es je nach Ausstattung bis zu 140.000 Euro sein.

In den ersten beiden der drei Bauabschnitte waren die Ferienhäuser überwiegend auf Grund der Gemeinde Blankenheim errichtet worden. Die verpachtete sie an die Betreibergesellschaft, diese an die Bewohner. Mit dem dritten Bauabschnitt von 1980 bis 1982 wurden die neuen Häuser zunehmend verkauft. Das Gelände, ein Sondergebiet, kann nicht vergrößert werden.

1984 entging das „Dorf“ knapp dem Absturz eines Starfighters, der in der Nähe aufschlug. 1998 drohten der Konkurs der Betreiber und die Schließung der Anlage. Das konnte abgewendet werden und führte zur Gründung der Ferienpark Freilingen GmbH & Co. KG. (sli)

Jedes der 62 bis 65 Quadratmeter großen Nur-Dach-Häuser, die im wahrsten Sinne des Wortes schräg aussehen, hat einen Garten meist auf der Rückseite, dessen Fläche variieren kann. Bei den ersten Häusern, die zwischen 1971 und 1973 gebaut wurden, wurde an Garten zugeschlagen, was gewünscht war. Bis zu 800 Quadratmeter groß wurden so einzelne Parzellen, bevor man eine einheitliche Regelung traf, so der IG-Vorsitzende Kurt Matejt. Er hat sein Haus von den Schwiegereltern übernommen, es stammt aus dem ersten Bauabschnitt.

„Anfang der 1970er-Jahre war das ja eher einfacher Standard. Wenn meine Schwiegereltern aus Düren hierhin kamen, hatten sie immer einige Kanister mit Wasser dabei“, so Matejit. Es habe im Feriendorf noch keine Straße, keine Kanalisation gegeben, stimmt Hermanns zu. Er hat sein Häuschen vor zehn Jahren gekauft. Für die Alteingesessenen ist er Nummer 214, das ist die Hausnummer, eine Orientierung, die auch Postboten oder Handwerkern hilft, eine Adresse in den engen Reihen der scheinbar ewig gleichen Häuser auf dem Lageplan an der Einlassschranke zu finden.

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Obwohl Hermanns wie mittlerweile 60 Prozent aller Feriendorfbewohner Eigentümer ist, darf er dennoch nicht mehr als 60 Tage pro Jahr hier wohnen. Das sieht die Regelung für „Sondergebiete“ laut Baurecht vor. Auch er war zuvor Pächter, aber nie ein Mieter wie die, die sich über das Ferienwohnungsangebot von Eigentümern einbuchen.

Warteliste mit Kaufinteressenten

Verwalter Reinking ist froh, dass er nicht auch noch Immobilienmakler der heiß begehrten Häuschen ist: „100 Interessenten stehen derzeit auf der Warteliste.“ Dass das Feriendorf so beliebt sein würde, wundert Günter Reinking nicht. Er hat 1999 mit zwei Kompagnons durch die Gründung einer neuen Betreibergesellschaft das Feriendorf vor der drohenden Schließung gerettet. Er war von 1977 bis 2001 Verwalter, bevor er das Amt an seinen Sohn übergab.

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207 Nur-Dach-Häuser stehen auf dem rund 17 Hektar großen Gelände direkt am Waldrand.

Damals... Reinking senior kommt schnell ins Erzählen. Das sei eine andere Zeit gewesen. Im Oktober 1977 fingen er und seine Frau mit der Verwaltertätigkeit an. Im Sommer 1978 hatten sie die Idee des „Begrüßungs-Kölsch“ für die in aller Regel am Samstagabend anreisenden Hausbewohner. Das kam gut an und Reinkings begründeten eine Art „Schwarzgastronomie“, wie er schmunzelnd meint, mit dem Bierausschank im Verwaltungsbau. Mittlerweile ist der Raum als solcher nur noch für private Feiern zu mieten.

Das ist genauso vergangen wie die Zeit der Telefonzelle mitten im Feriendorf, die zunächst der einzige Festnetzanschluss war. Die Post habe dann einem Bewohner, der krankheitsbedingt darauf angewiesen war, die erste Leitung gelegt, danach allen anderen. Bis es soweit war, wuchs ab 18 Uhr die Warteschlange vor der Zelle – dann war das Telefonieren billiger.

Bewohner wünschen sich eine Kneipe

Zu den Geschichten von damals gehört auch, dass die erste Dachdämmung nur aus zwei Zentimeter dickem Styropor bestand, so Hermanns. Das habe er festgestellt, als er vor Jahren mit der Komplettrenovierung seiner 214 begann. Böden, Bad, Kochecke, Dach – das seien die Klassiker, so Oliver Reinking: „Gerade läuft die Dachsanierungswelle.“

Grundsätzlich ist erstaunlich viel erlaubt, sogar eine Unterkellerung der auf 16 Betonpfählen mit Unterlüftung der Bodenplatte aufgestellten Häuser, die sich an finnischen Vorbildern orientieren. Gauben sind möglich – die Dorfordnung schreibt allerdings die maximale Größe vor –, ebenso ein Wintergarten, Carport oder ein Teich im Garten. Hermanns hat das für seine Nummer 214 alles an- und umgebaut. Arbeit sei das nicht, eher ein Vergnügen, sagt er mit Blick auf seine grüne Idylle.

Nur eins vermissen sie im Feriendorf: Ein Restaurant mit Kneipe am Eingang, das wäre doch was, so Kurt Matejt. Nur: Wer soll das Investment bezahlen, von dem angesichts der abgeschiedenen Lage unklar wäre, ob es sich trägt. Das ist dann ebenso wie mit der Überdachung des Freibads: zu teuer.