Forellenhof in BlankenheimVier Faktoren für ein „blaues Auge“
Blankenheim – Ein kleiner Hotspot war während des Hochwassers am 14. Juli der Zulauf des Mülheimer Bachs zur Ahr in Höhe des Forellenhofs, wenige hundert Meter unterhalb von Blankenheim. Knapp hinter der Zufahrt sackte die B258 nach einer Unterspülung auf einer Länge von fast 50 Metern ab. Doch die Anwohner des Fischzuchtbetriebs unmittelbar zwischen Bachzulauf und Ahr hatten Glück. Möglicherweise auch wegen eines zukunftsweisenden Hochwasserschutzprojekts, das vor Jahren auch am Mülheimer Bach umgesetzt worden ist.
Vom Hochwasser verschont durch mehrere Faktoren
Normalerweise würde auch bei Jürgen Schmidt Land unter herrschen. Das weiß er ganz genau. „Es ist mir ja fast schon peinlich, dass wir mit mehr als einem blauen Auge davongekommen sind“, sagt der Eigentümer des Forellenhofs. Schmidt bewirtschaftet ihn in vierter Generation, wenn auch nur im Nebenerwerb. Sein Urgroßvater hatte den Betrieb 1920 gegründet. An die 250 Kilogramm schwer ist der aktuelle Bestand in den Teichen unterhalb der vier Wohnhäuser, die zum kleinen Weiler Forellenhof gehören.
Was Schmidt mit „blauem Auge“ meint, ist das Zusammentreffen mehrerer glücklicher Faktoren, die der für Hochwasser fast prädestinierten Siedlungslage genau dieses Drama ersparte. Und das hat Gründe.
Die Lage des Bachs
Einer ist naturgegeben: Unmittelbar links von der Wohnbebauung fließt der Mülheimer Bach in Richtung Ahrtal hinab. Das tut er allerdings in einem gut zweieinhalb Meter tiefer liegenden Bett – ein natürlicher Sicherheitsabstand zu den Häusern. In der Flutnacht kletterte der Pegel bis auf wenige Zentimeter an die Bodenplatte eines verpachteten Häuschens am jenseitigen Bachufer – und blieb stehen. Neben abgerissener Uferbepflanzung und einigen zerstörten Stützmauern hält sich der Schaden im Rahmen.
Die Keller blieben trocken bis auf den des Gästehauses, in dessen Tiefgeschoss der Wasserkeller für die Fischteiche mit separatem Zu- und Ablauf ist. Der habe am tiefsten Punkt von 21 bis 3 Uhr einen guten Meter unter Wasser gestanden. „dann war das Wasser wieder weg“, so Schmidt. Zudem sei eine Pumpe beschädigt. Eine der beiden Brücken zu den Häusern und den Teichen wurde überschwemmt. Doch beide Bauwerke hielten.
Die Bepflanzung
Ein weiterer Grund für das Vorbeischrammen an der Katastrophe ist möglicherweise hausgemacht. „Mein Vater hat vor Jahrzehnten Fichten und Weißdorn direkt am Ahrufer gepflanzt, um dort die Böschung zu schützen“, sagt Jürgen Schmidt. Zehn Tage nach der Katastrophe zeigt sich: Dieser Teil der Böschung hielt. Wo der Schutz fehlte, sogar einfach gegenüber, ist die Böschung unterspült und weggerissen.
Die Topografie
Eine dritte Ursache ist offenbar die trichterförmige Topografie des Zulaufs zur Ahr: Der Bach wie die Ahr haben an dieser Stelle die Möglichkeit, auf Wiesen auszuweichen. Derartige Retentionsflächen sind eine der klassischen Hochwasserschutzmaßnahmen, die beispielsweise auch an der Kyll zu finden sind.
Die Renaturierung
Der vielleicht wichtigste Faktor könnte ein Renaturierungsprojekt an der Ahr und ihren Zuflüssen im Gemeindegebiet Blankenheim sein. Zwischen 1993 und 2005 realisierten Bundesumweltministerium, Land und Kreis mit der NRW-Stiftung auch im Oberlauf des Mülheimer Bachs das Projekt „Ahr 2000“. Es wurden im Bereich der Ahr zulaufenden Bäche Regenrückhaltebecken gebaut, durch Ankauf Retentionsflächen geschaffen und Renaturierungen von Bachläufen umgesetzt. Ein Effekt: Fließgeschwindigkeit und Durchflussmenge gerade bei Hochwasser werden reduziert.
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Gut zwei Wochen nach der Flutnacht sieht der Mülheimer Bach fast so aus wie immer im Sommer. „Da können Sie eigentlich um diese Jahreszeit mit hochgekrempelten Hosenbeinen durchgehen“, so Schmidt. Irritierend ist nur das relativ hohe Tempo, mit dem das Wasser zur Mündung in die Ahr strömt.