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Hammerwerk ErftBad Münstereifeler Unternehmen ächzt unter hohen Energiepreisen

Lesezeit 5 Minuten
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Glühend heißer, tonnenschwerer Stahl wird hier zum Rohling für die Weiterverarbeitung geformt.  

Bad Münstereifel-Arloff – Es ist fast schon absurd: Ein Unternehmen, das mit dafür sorgt, dass der Strom günstiger werden kann, hat derzeit extrem unter den hohen Energiepreisen zu leiden. Denn das Hammerwerk Erft in Arloff stellt unter anderem Getriebeteile für Windenergieanlagen her, laut Geschäftsführer Marc Schmitz aktuell die günstigste Stromform. Etwa ein Viertel der Aufträge kommt momentan aus dem Windkraftsektor. Aber der in Arloff bearbeitete Stahl wird auch für schwere Maschinen wie Schiffsgetriebe, Kräne oder in der Bahntechnik verwendet.

Doch das Hammerwerk fürchtet um die Kundschaft. Dabei sah es vor dem Ukraine-Krieg gar nicht schlecht aus. „Wir haben Corona überstanden, wir haben die Flut überstanden. Wir haben es geschafft, in die schwarzen Zahlen zu kommen“, beschreibt es Schmitz.

Geschäftsführer sieht große Herausforderung für 2023

Doch trotz aktuell zufriedenstellender Auftragslage sieht er besonders für das Jahr 2023 eine gigantische Herausforderung auf das Unternehmen zukommen: „Sie ist größer, als alles, was wir in den letzten Jahren überstehen mussten.“ Aktuell und auch bis Jahresende sei man gut beschäftigt. Aber der Diplom-Kaufmann rechnet damit, dass das Unternehmen ein ganzes Jahr defizitär arbeitet.

Denn das Hammerwerk benötigt Energie. Und zwar jede Menge. 100 Millionen Kilowattstunden Gas und mehr als sechs Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Im Vergleich zu 2021, wo die Energiekosten im niedrigen bis mittleren sechsstelligen Bereich lagen, hätten sie sich verzweieinhalbfacht. Schmitz rechnet damit, dass sie sich 2023 noch mal mehr als verdoppeln. Dann sei man im siebenstelligen Bereich. Immerhin die Gasumlage ist jetzt vom Tisch. Sie hätte für das Unternehmen 200.000 Euro monatlich betragen.

Mögliche Tariferhöhungen bereiten ebenfalls Sorgen

Als weiteres Damoklesschwert schweben die von der IG Metall angestrebten Tariferhöhungen über dem Betrieb. Acht Prozent Lohnsteigerung stehen im Raum. „Es ist angesichts der Inflation nachvollziehbar, dass die Lohnkosten viel höher sein müssen“, gibt Schmitz zu. Aber für das Unternehmen mit seinen 270 Mitarbeitern bedeute das weitere Kosten im siebenstelligen Euro-Bereich.

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Die nächste  Generation: Marc Schmitz leitet mit seinem Onkel Karl-Günter Diederichs das Hammerwerk Erft in Arloff.

„Ich bin stolz auf unsere Belegschaft, sie hat in der Vergangenheit Opfer gebracht. Aber das passt von unserer Seite aus natürlich nicht zusammen“, sagt Schmitz. Denn gemeinsam habe man nach mehreren Jahren mit großen wirtschaftlichen Problemen durch Sanierung und Umstrukturierungen den Betrieb wieder gesund bekommen. „Wir sind ein sehr gut finanziertes Unternehmen, auch dank unserer Gesellschafter“, sagt Schmitz. Dabei soll es auch bleiben.

Hilfen der Regierung nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Doch die versprochenen Hilfen der Bundesregierung seien ein Tropfen auf dem heißen Stein, beispielsweise das Kostendämpfungsprogramm des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Das sei nicht nur hochkomplex in der Beantragung und kaum selbst zu stemmen, weshalb man Anwälte beauftragen müsste.

Das Hammerwerk Erft

Start mit einem Lufthammer

Das Unternehmen wurde 1950 von der Familie Diederichs gegründet, die seit dem 16. Jahrhundert das Schmiedehandwerk ausübt. Ein Jahr später startete die Produktion mit sechs Mitarbeitern an einem 400-Kilogramm-Lufthammer.

Zahlreiche Erweiterungen

Das Kesselhaus, das Ringwalzwerk und die Vergüterei wurden Ende der 60er-/Anfang der 70er-Jahre errichtet. Auch weitere leistungsfähigere Hammer und Pressen wurden nach und nach angeschafft. Der Bau der neuen Dreherei startete 1999, der des neuen Ringwalzwerks 2000.

Die größte Investition

Die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte erfolgte 2007: die Errichtung einer neuen Pressenhalle mit einer 3500-Tonnen-Freiformschmiedepresse und mehreren Schmiedeöfen. (ets)

Die zu erwarteten Summen im Bereich von 80.000 bis 100.000 Euro seien auch viel zu gering. Und dann gibt es auch noch Probleme durch die Flut: Denn wie soll man die Energiekosten der Jahre 2021 und 2022 vergleichen, wenn 2021 die Produktion zwei Monate stillstand und kaum Energie verbraucht wurde?

Preissteigerung trifft auch Kunden

Um Kosten zu senken, hat das Hammerwerk Erft den Gasverbrauch pro Versandtonne um zehn Prozent gesenkt, etwa durch technische Maßnahmen oder Anpassung der Produktionsabläufe. Zusätzlich zu diesen Effizienzmaßnahmen gibt man gestiegen Preise auch an den Kunden weiter.

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Mehrere Hundert Grad heiße Stahlwürfel werden mit schwerem Gerät aus den Öfen gezogen.

Genau da sieht Marc Schmitz ein großes Problem: „Je länger das dauert, desto mehr schauen sich die Kunden auf dem internationalen Markt um.“ Der Hammerwerk-Geschäftsführer rechnet dann im Bereich Windkraft mit dem Effekt, den es auch bei der Solartechnik schon gab: Lieferketten verschieben sich. Deutschland, vermutlich sogar Europa, schaut in die Röhre.

Abwanderung einer ganzen Branche verhindern

„Die Branche ist sehr energieintensiv“, so Marc Schmitz. Seine Kunden, große Unternehmen und Konzerne, verlagerten ihre Produktionsstätten einfach – nach China oder Nordamerika: „Das ist nur eine Frage der Zeit. Und das muss verhindert werden.“ Er als Geschäftsführer eines Hammerwerks kann das nicht. Dafür ist die Politik zuständig.

„Aber da nützen eben keine 80.000 Euro. Wir reden von Summen in ganz anderen Dimensionen“, so Schmitz. Und mal eben die Produktion einstellen und später weitermachen, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck es formuliert hat, funktioniere auch nicht. „Das ist die schlimmste Art der Einsparung“, so Schmitz, denn sie gehe ausschließlich zulasten der deutschen Wirtschaft.

Kritik an Gesetz und Abhängigkeit von Russland

Stattdessen müsse die Politik beim Strom weg vom Preisbildungsgesetz. Aktuell richtet sich der Strompreis nach dem teuersten Erzeuger – und das ist Strom aus Gas. Kritik übt er auch an der Abhängigkeit von Russland: „Als Geschäftsführer eines Unternehmens würde ich keine so einseitige Lieferabhängigkeiten eingehen.“ Denn es geht ja nicht nur um die Kosten für Gas. Es geht ja auch um die Frage, ob das Gas überhaupt verfügbar ist: „Wenn wir in einer Mangellage sind, bestimmt die Bundesnetzagentur, wer Gas bekommt.“

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Aber das Unternehmen hilft sich auch selbst – zumindest in Sachen Strom. „Wir haben eine umweltfreundliche Photovoltaikanlage für ein Dach bestellt. Und wir haben noch weitere freie Dächer.“ Aber auch, wenn man dann weniger für Strom zahlen muss – das Gasproblem löst das Hammerwerk Erft so nicht.