Dass eine heute 71-Jährige ihn in Bad Münstereifel auf einem Supermarkt-Parkplatz angefahren hat, hat ein 22-Jähriger erfunden.
Geldstrafe22-Jähriger erfindet Unfall in Bad Münstereifel und verplappert sich in Shisha-Bar
Über einen skurrilen Fall hatte jetzt Richter Felix Marienfeld am Amtsgericht Euskirchen zu urteilen. Die Geschichte hatte am 25. August 2021 auf dem Gelände eines Einkaufsmarktes in Bad Münstereifel begonnen. Sie endete mit der Verurteilung von Marco K. (Name geändert) wegen falscher Verdächtigung.
K., Mitarbeiter des Marktes, hatte bei der Polizei Anzeige gegen eine heute 71 Jahre alte Nettersheimerin erstattet. Sie sollte ihn, so seine Behauptung, auf dem Supermarkt-Areal mit ihrem Auto angefahren und am Schienbein verletzt haben.
Die Staatsanwaltschaft zweifelte aber an seiner Darstellung. Auf ihren Antrag hin erließ das Amtsgericht gegen K. wegen falscher Verdächtigung einen Strafbefehl. Dagegen legte er Einspruch ein, sodass es zur Hauptverhandlung kam – just an dem Tag, an dem er 22 Jahre alt wurde. Der Angeklagte erschien zu dem Termin nicht. Er hatte einen Rechtsanwalt mit einer Vertretungsvollmacht ausgestattet.
Fahrerin aus Nettersheim weist den Vorwurf entschieden zurück
Die Nettersheimerin wies den Vorwurf, den Mann beim Einparken mit der Stoßstange berührt zu haben, entschieden zurück. Eine weitere Zeugin (54), Arbeitskollegin des Angeklagten, die neben ihm gestanden hatte, erklärte, sie sei zurückgewichen, als das Auto langsam auf sie zugekommen sei. „Es könnte sein, dass er minimal berührt worden ist“, sagte sie weiter: „Mit Sicherheit kann ich das aber nicht sagen.“ Einen Schrei oder eine andere Äußerung aus seinem Mund habe sie nicht gehört.
Bald war die Polizei vor Ort. Eine Beamtin und ein Beamter sagten vor Gericht, K. habe sich als Unfallopfer vorgestellt, ihnen eine Rötung am Schienbein gezeigt, über Schmerzen geklagt und sei gehumpelt.
Marco K. hat sich die Verletzung selbst zugefügt
Dem Polizeibeamten kam in dem Prozess die entscheidende Rolle zu. Er hatte am Abend nach dem Zwischenfall mit einem Kollegen eine Shisha- und Cocktailbar in Mechernich besucht. Unter den Gästen war auch Marco K., den sein Kollege aus gemeinsamen Fußballzeiten kannte. Man habe, erzählte der Beamte, zu mehreren Leuten an zwei Tischen zusammengesessen. K. habe ihn als denjenigen erkannt, der den Unfall aufgenommen hatte: „Du bist doch der Polizist von heute Mittag.“
K. habe also gewusst, mit wem er es zu tun hatte, als er in der Runde erzählte, er sei gar angefahren worden, sondern habe sich die Verletzung am Bein mit einem Gegenstand selbst zugefügt, um ein paar Tage krankzufeiern und Schmerzensgeld geltend zu machen. „Ich war baff“, erinnerte sich der Polizist.
Beweggründe für Euskirchener Richter unklar: Stolz oder Dummheit?
Groß war auch die Überraschung, als der Beamte bei dem Versuch zu zahlen erfuhr, dass schon jemand seine Rechnung beglichen hatte – nämlich Marco K. „Es ging um 10 oder 15 Euro. Über meinen Kollegen habe ich geregelt, dass er das Geld zurückbekam“, sagte der Beamte.
Warum K. sich um Kopf und Kragen geredet hatte, blieb offen. „Sei es aus Stolz, Geltungsdrang oder Dummheit – die Beweggründe lassen sich nicht herausfinden“, sagte Richter Marienfeld. Wie die Staatsanwaltschaft sah er keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit des Polizisten zu zweifeln.
So stand für ihn nach der Beweisaufnahme fest, dass K. sich der falschen Verdächtigung schuldig gemacht hatte. Er habe seine Geschichte „freien Mutes und in Kenntnis der Polizei am Tisch“ erzählt, sagte der Richter und verhängte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 25 Euro.
Die Anklägerin hatte 30 Tagessätze à 25 Euro beantragt, der Verteidiger Freispruch. Er hatte argumentiert, der Polizist müsse den Angeklagten in der Shisha-Bar falsch verstanden haben, was Marienfeld aber ausschloss.