Heimbach-Vlatten – Sie sind klein, haben ein weiß-braun geflecktes Gefieder und sitzen gerne in Baumhöhlen – Steinkäuze. 25 Jungtiere sind im vergangenen Jahr in und um Vlatten gezählt worden. Grund genug für die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen, den Ortsteil von Heimbach als steinkauzfreundliches Dorf auszuzeichnen. Diesen Titel tragen in der Umgebung sonst nur die Orte Nideggen-Berg und Bürvenich.
Stark gefährdet
Die Steinkäuze sind nach Angaben des Vereins stark gefährdet. 2016 brüteten in NRW nur noch 5000 Paare, im Vergleich zu den Zahlen von 2003 ein Rückgang um 14 Prozent. Der Grund? Steinkäuze nisten in den Asthöhlen von alten Bäumen, vorzugsweise auf Obstwiesen, auf denen das Gras nicht allzu hoch wächts. Doch solche Lebensräume gibt es nach Angaben des Vereins immer weniger.
Zwei schwalbenfreundliche Dörfer im Kreis
Neben steinkauzfreundlichen Dörfern gibt es im Kreis Euskirchen auch zwei, die sich besonders für den Erhalt von Schwalben einsetzen. Sistig und Niederelvenich wurden in den vergangen Jahren vom Naturschutzbund im Kreis Euskirchen (Nabu) als schwalbenfreundliche Dörfer ausgezeichnet.
Eigentlich heiße die Kampagne schwalbenfreundliches Haus und zeichne einzelne Personen aus, berichtet Uwe Wedegärtner, Vorsitzender des Nabu. Doch in den beiden Fällen habe sich die gesamte Dorfgemeinschaft gemeinsam engagiert, deshalb gelte die Auszeichnung für den gesamten Ort. Außer schwalbenfreundlichen Häusern zeichnet der Nabu auch fledermausfreundliche aus. Wie zum Beispiel das Haus der Familie Otto in Hausen im Jahr 2015, die einen Holzkasten für Fledermäuse aufhängte und sich verpflichtete, die Tiere als Hausgenossen zu akzeptieren.
Beide Kampagnen gebe es beim Nabu seit gut zehn Jahren, berichtet Wedegärtner. Schwalbe und Fledermaus seien sogenannte Kulturfolger. Das bedeute, dass sie sich in der Nähe von Menschen ansiedeln, weil es dort Vorteile für sie gibt. Doch mit dem Verschwinden vieler alter Bauernhöfe und Fachwerkhäuser werde ihr Lebensraum immer kleiner. Die Tiere finden kaum geeigneten Nistplätze und auch das Nahrungsangebot werde knapp, erklärt Wedegärtner. Dem will der Nabu mit seinen Kampagnen entgegenwirken.
Mehr als ein Drittel der aus Feld uns Garten bekannten Vögel sei inzwischen gefährdet, berichtet Wedegärtner weiter. „Ganz kritisch sieht es für Feldvögel aus“, sagt er. Ob Kiebitz, Grauammer oder Braunkehlchen – aufgrund intensiver Landwirtschaft finden die Vögel nicht mehr genug Nahrung. Heute würden die Felder häufig „klinisch rein“ gehalten, sagt Wedegärtner. Das habe zur Folge, dass es deutlich weniger Unkraut und Insekten gebe. Das sei ein Problem, da sich genau davon viele heimische Vögel ernährten.
Wer im heimischen Garten etwas dagegen tun wolle, könne Futterhäuschen aufstellen, rät der Nabu-Vorsitzende. Inzwischen seien diese Futterstellen auch längst nicht mehr nur bei Frost und Schnee notwendig. Bis auf zwei bis drei Sommermonate brauchten gerade die Feldvögel laut Wedegärtner das ganze Jahr über Hilfe.
Außerdem seien naturnahe Gärten wichtig für Vögel und andere heimische Tiere. „Einfach mal das Gras hochwachsen lassen“, schlägt Wedegärtner vor. Eine wilde Ecke im Garten sei hilfreich, auch ein Totholzhaufen und ein Komposthaufen nützten der Artenvielfalt, erläutert er. Hecken seien zudem besser als Zäune und am besten bestünden sie aus verschiedenen heimischen Büschen und Bäumen. Wer Hilfe oder Beratung bei seinem eigenen naturnahen Garten benötige, könne sich jederzeit an den Nabu wenden, so der Vorsitzende. (jre)
Früher sei Vlatten von solchen Obstbaumwiesen umgeben gewesen, weiß Jörg Latz. Doch durch Neubaugebiete und Landwirtschaft seien die alten Wiesen nach und nach verschwunden – und mit ihnen die Steinkäuze und einige andere Tiere. Der 53-Jährige betreibt selbst Landwirtschaft. Auf seinem Grundstück hat er eine Wiese, wie Steinkäuze sie eigentlich mögen: einige alte Bäume, eine gut überschaubare Fläche und durch die weidenden Kühe bleibt das Gras kurz.
Doch seine Bäume seien noch nicht alt genug, sagt er. Astlöcher finden die Käuze hier keine. Deshalb hat Latz einen Nistkasten auf einen Baum setzen lassen – ein länglicher, grauer Kasten mit einem Loch. Innen sei die Nisthilfe s-förmig angelegt, berichtet Latz. Das soll die Steinkäuze vor Mardern schützen.
Die Nisthilfe stammt von der Gesellschaft zu Erhaltung der Eulen. Latz ist nicht der einzige Vlattener, der eine im Garten hat. Ortsvorsteherin Ingrid Müller ist sicher, dass auch deshalb die Steinkauz-Zahl im vergangen Jahr so hoch war. Das bestätigt auch Doris Siehoff von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen.
Ein weiterer Faktor sei, dass die Wiesen, auf denen die Nisthilfen angebracht wurden, bewirtschaftet sind. Pferde, Schafe und Kühe halten dort das Gras schön kurz. Das sei wichtig. „Sonst können die Käuze nicht jagen“, erklärt die Expertin. Ein dritter Punkt, der das Brüten der Käuze begünstigt habe, sei die Baumpflege. Der Einsatz der Vlattener hat sich gelohnt. 2010 wurden in dem Dorf gerade einmal sieben junge Steinkäuze gezählt. Nun sind es 18 mehr. „Wir waren selber überrascht, dass wir so viel Nachwuchs haben“, sagt Latz. Viele der Dorfbewohner seien sehr engagiert, berichtet Ortsvorsteherin Müller. Stolz hat sie deshalb auch die Auszeichnung von Siehoff entgegengenommen.
Mögen keine Waldnähe
Der Verein baut nicht nur die Nisthilfen auf, sondern kontrolliert sie auch zwei Mal im Jahr, vor allem zur Brutzeit. Ob in seinem Nistkasten Steinkäuze leben, weiß Latz allerdings nicht. Direkt gesehen, dass ein Vogel hineingeflogen sei, habe er nicht. Auch vermutet er, dass der nahe Wald die Tiere eher abschreckt. Denn von dort aus starteten Bussard und Habicht ihre Raubzüge – die Feinde der kleinen Käuze.
Aber Latz weiß, wo es in Vlatten Steinkäuze gibt. Majestätisch ragt die Krone der Linde auf dem Lützenberg in die Höhe. In ihren dicken, knorrigen Ästen sind einige Baumhöhlen zu erkennen. In diesem Baum leben auf jeden Fall Steinkäuze, ist Latz sicher. Die Linde sei einer der wenigen natürlichen Nistplätze, die Steinkäuze in Vlatten finden. Und von dort aus sieht man, warum: Über weite Flächen erstrecken sich Felder, Bäume und Gebüsch gibt’s kaum.
Doch ein Umdenken habe stattgefunden, sagen Latz und Müller. Seit der Flurbereinigung in den 1980er Jahren seien einige Obstbaumwiesen als Ausgleichsflächen rund um Vlatten angelegt worden. Die vom Steinkauz bevorzugten Asthöhlen entstünden allerdings erst mit der Zeit, berichtet Latz. Die vorhandenen Bäume seien schlichtweg noch zu jung. In einigen Jahren aber könnten sie Vlattens Zukunft als steinkauzfreundliches Dorf sichern.