John-Christian Urich arbeitet wie eine Maschine. Sein Schlagzeug ist längs zum Publikum aufgebaut, er ist der Menge zugewandt und dominiert die Bühne. Den ganzen Abend lang tritt er mit dem rechten Bein unermüdlich den Bass, die Hände schlagen die Trommeln und Becken, sein Körper ist ein einziger Rhythmus. Dazu singt er die tanzbaren Texte von Anbetung, Liebe und Sex. Der Komponist und Bandleader der Tortured Souls ist mit dem Bassisten Ernie McKone, dem Keyboarder Randy Ernata und einem Gitarristen auf Europatournee, Donnerstag spielte die Band im Scala.
Die Zusammensetzung der Tortured Souls ist noch neu, fünf Alben hat Urich mit den ehemaligen Bandkollegen bereits aufgenommen. Besonders faszinierend ist der Gitarrist: Die Band, das sind offiziell Schlagzeuger, Keyboarder und Bassist. In Opladen erscheint dann ein Vierter auf der Bühne, und der hat es in sich: Seine Grimassen und Bewegungen faszinieren und fesseln, bei seinen Soli bringt er die Gitarre zum Singen. Zu viert liefern die Tortured Souls eine perfekte Housemusik, die gleich von den ersten Tönen an Stimmung aufbaut. Das Scala ist diesmal zum Glück nicht bestuhlt, fast 150 Leute füllen den Saal gut, und die meisten beginnen sofort, zu tanzen. Selbst, wer cool still bleibt, zuckt doch verräterisch mit dem Knie.
Ganz nach dem Motto „The Music Never Stops“ spielen die Musiker durch, die Überleitungen stimmig mit den Stücken verwoben, sodass die Spannung nicht abreißt. Nach einer schweißtreibenden Dreiviertelstunde legen die Tortured Souls eine Pause ein, die Zuschauer stürmen die Bar. Als die Band wieder die Bühne erklimmt, ist Urich zunächst etwas atemlos, aber schnell ist der durchdringende Disco-Rhythmus wieder aufgebaut und man lauscht seiner leidenschaftlichen Stimmkunst, die teils nah am Scatten ist. Es folgt ein ekstatisches Keyboardsolo von Ernata, und die funkige Musik hält weitere Überraschungen bereit: Sie können auch sphärischen Gitarren- und Keyboardklang mit rauschenden Becken. Dann hält der scheppernde Bass wieder Einzug. Der Zuhörer fühlt sich erinnert an die 80er und 90er Jahre, an Prince und Kool & the Gang. Den Tortured Souls – der Name ist stimmungsmäßig irreführend – wurde prognostiziert, die Zukunft der Housemusik zu sein. Tatsächlich aber ist ihre zeitlose Musik Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem.