Corona-Prävention an SchulenEltern üben Kritik an Quarantänevorschriften
Leverkusen – Nachdem die Jahrgangsstufe Q1 des Lise-Meitner-Gymnasiums wegen eines Coronafalls in der Schülerschaft in den Heimunterricht verlegt und teilweise unter Quarantäne gestellt wurde (wir berichteten), gibt es großen Unmut von Seiten der Eltern.
Der größte Kritikpunkt: Die betroffenen Schüler sollen zunächst nicht getestet werden – das soll nach Aussage des Gesundheitsamtes erst in zwei Wochen, nach Ende der maximalen Inkubationszeit, geschehen. Daraufhin hat Ursula Baumgärtel, Anwältin und Mutter eine Schülerin, einen Brief an die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer geschrieben, in dem sie zum einen die unüberlegte Wiedereröffnung der Schulen anprangert und zum anderen den Umgang mit den Schülern im Falle eines Infektionsfalles.
„Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?“, fragt Baumgärtel die Ministerin. „In der Wirtschaft, sei es ein Schlachthof oder ein Unternehmen wie Federal Mogul, werden sofort umfangreiche Tests durchgeführt. Bei den Schülern, die eine Pflicht haben, zur Schule zu kommen, wird dies unterlassen.“
Vorgehen bei Federal Mogul
Tatsächlich wurden beim Burscheider Unternehmen alle möglicherweise betroffenen Mitarbeiter im Abstand von wenigen Tagen gleich zwei Mal getestet, um jene, die auch bei einem zweiten Test negativ waren, wieder zur Arbeit zulassen zu können. Hier gelten die Auflagen des Rheinisch-Bergischen Kreises.
Corona Aktuell
Vier Neuinfektionen im vergleich zum Vortag vermeldet die Stadt Leverkusen am Dienstag. Als aktuell erkrankt gelten 75 Bürger. Im Klinikum werden fünf Covid-19-Fälle behandelt, einer auf der Intensivstation. Von den fünf Patienten stammen drei aus Leverkusen. (stes)
Die Stadt Leverkusen bestätigt auf Anfrage, dass hier andere Regeln gelten: „Das Gesundheitsamt Leverkusen stellt den gesamten Haushalt einer Kontaktpersonen 1. Grades vorsorglich unter Quarantäne“, sagt eine Stadtsprecherin. Und zwar ganze zwei Wochen, erst dann sei ein negativer Test voll aussagekräftig. Das gelte nicht nur für Schüler, Unternehmen müssten sich hier ebenso daran halten. Von den 121 Schülerinnen und Schülern der Q1 am Lise-Meitner-Gymnasiums seien 30 unter Quarantäne gestellt. Inklusive ihrer Familien.
Familien in Hausarrest
Eine davon ist die Familie von Tanja Steiner, deren Tochter in einem Oberstufenkurs in der Nähe des infizierten Schülers gesessen hat und damit als direkte Kontaktperson gilt. Am Freitag wurde sie am Telefon von der Schule darüber informiert, dass die ganze vierköpfige Familie unter häusliche Quarantäne steht und das Gesundheitsamt sich melden werde. Dass das Gesundheitsamt ihr sagt, dass ihre Tochter erst in zwei Wochen getestet werde und bis dahin die ganze Familie zu Hause bleiben müsse, damit hat sie nicht gerechnet. „Das ist doch keine einheitliche Regelung“, sagt die Mutter. „Reiserückkehrer können nach einem negativen Test an ihren Arbeitsplatz.“
Sie bat daraufhin um einen Rückruf von Dr. Martin Oehler, dem Chef des Gesundheitsamtes, der diesem Wunsch auch folgte. „Ich habe ihn gefragt, wer diese Vorgehen festlegt und er hat mir gesagt, dass er das entschieden hat und dass er da frei in seiner Entscheidung ist.“ Steiner findet das nicht richtig. „Für die Familien hängen da schließlich auch Arbeitsplätze dran“, sagt sie. Ihr älterer Sohn besucht die Jahrgangsstufe Q2, auch er ist in Quarantäne.
Weil seine Klassenkameraden aber weiter in der Schule unterrichtet werden, ist der Heimunterricht für ihn sehr beschränkt. Besonders stört Steiner auch, dass sie noch nichts Schriftliches über den ganzen Vorgang bekommen hat, alle Informationen sind nur per Telefon gelaufen.
Masken sind noch kein Konzept
Die Reaktion der Schule findet Baumgärtel gut: „Das war aber nur durch schnelles Handel des besonnenen Schulleiters möglich. Hier fehlt jegliche Unterstützung vom Ministerium.“ Das sei zudem vollkommen unvorbereitet in die Schulöffnung gegangen. „Das Tragen von Masken ist kein Konzept, sondern eine Minimallösung, die nicht einmal zu Ende gedacht ist.“
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Dass dann nicht einmal alles daran gesetzt wird, die Betroffenen schnellstmöglich zu testen, findet sie unmöglich: „Allen Urlaubsrückkehrer egal, ob sie sich freiwillig in ein Risikogebiet begeben haben, steht ohne Wenn und Aber, ein kostenfreier Test zur Verfügung. Schüler, die aufgrund der Schulpflicht, in den Risikobereich eines Infizierten gelangen, erhalten diesen nicht kostenfrei.“ Hier müsse schnellstmöglich eine einheitliche und für alle tragbare Lösung her, sind sich die Eltern einig.