Der Wachtberger Planungsausschuss will keine Zaunsatzung für unbeplante Grundstücke und auch keine vorsorgliche Abfuhr für einen Bauwunsch am Mehlemer Bach in Niederbachem.
Wachtberger Planungsausschuss„Wenn die das bauen, saufe ich ab!“
Was tun gegen Plastikzäune und Gabionenmauern, und wie lässt sich eine Bebauung der Aue in Niederbachem verhindern? Der Wachtberger Planungsausschuss hat sich gestern in zweistündiger Sitzung jedoch zu keiner effektiven Abwehr durchringen können. Bei den Zäunen gab der Ausschuss vor allem auf, um die Verwaltung nicht unnötig zu belasten, zumal sie vielleicht gar nicht zuständig ist und auch die Kontrolle nicht leisten kann. Bei dem Bauwunsch eines Anliegers des Mehlemer Bachs fehlte der Ausschussmehrheit ein konkreter Bauantrag, womit sich - hoffen die Politiker - der Fall dann ohnehin erledigen würde.
Was das Bauvorhaben unter Verwendung des einstigen Gasthauses „Alte Traube“ in einem dekmalgeschützen Mühlenkomplex anbelangt, hat der Beigeordnete Swen Christian aber doch wohl sehr große Bauchschmerzen und kündigte eine Protokollnotiz an. „Ich habe alles gesagt“, kommentierte er den Beschluss des Planungsausschusses und hob in Unschuld die Hände.
Fluten zeigen: Auenland nicht bebauen
Die Wachtberger Gemeindeverwaltung befürchtet nämlich, dass bei Neubauten im Umfeld der Mühle ein Präjudiz für die Bebauung entlang des Mehlemer Bachs geschaffen werden und die Baulinie mangels eines Bebauungsplans deutlich nach hinten rutschen könnte. Das Dilemma entspringt einem alten Flächennutzungsplan, aus dem im Jahr 2013 bei dessen Renovierung das einst als Wohnbauland ausgewiesene Areal nicht herausgelöscht wurde.
Seit einigen Hochwassern ist zwar klar, was auch ein ökologischer Fachbeitrag schon dokumentiert hat, dass nämlich das Auenland am Mehlemer Bach zu 90 Prozent auf keinen Fall bebaut werden darf, um bei einem neuerlichen Starkregen einer Katastrophe zu entgehen. Aber ob das rechtlich gegen Bauansprüche genügt, die bei der Kreisverwaltung vorgetragen werden, kann niemand mit Bestimmtheit sagen.
Einer der 14 Zuhörer in der Sitzung am Dienstabend im Rathaus war jedenfalls von der Tatenlosigkeit des Ausschusses entsetzt und sagte: „Wenn die das bauen, saufe ich ab!“
Auch der Beigeordnete Christian hob auf die Gefahr ab: „Wir müssen da regelmäßig mit sehr viel Wasser rechnen“, warnte er. Gemäß der Starkregenkarte der Gemeinde verbiete es sich regelrecht, dort einen Bebauungsplan aufzustellen. Sicherlich sei der Flächennutzungsplan bloß „behördenverbindlich“ und nicht „baurechtlich“, aber die Gemeinde hab es dann nicht in der Hand.
Tobias Teichner (CDU) fand es allerdings völlig unnötig, dass die Gemeinde aktiv werde, bloß weil ihr ein Bauwunsch vorgetragen wurde, ohne dass aber ein konkret prüfbarer Antrag vorliege. Er wollte dem Besitzer oder einem Investor auch nicht konkret sagen, dass dieses Grundstück gar nicht bebaut werden kann.
Der Ausschussvorsitzende, Andreas Löllgen (SPD) fand allerdings die Bauidee „sehr charmant, weil sie einen 20 Jahre alten Schandfleck beseitigen“ würde. Von Mehrgenerationenwohnen ist die Rede. Oliver Henkel (Grüne) fand Teichners Einwand „sicher formal richtig“, es könne aber jeder lesen, dass da Hochbau gewünscht sei. Beschließen wollte er aber „heute nicht“, weil er „Klärungsbedarf“ sah und bekräftigte: „2012 wollten wir schon wegen der kritischen Lage am Mehlemer Bach keine Bebauung dort machen.“ Zudem sei den Bewohnern der Hügel kein Bauverbot zum Hochwasserschutz zu vermitteln, wenn jemand im Tal bauen dürfe.
Christian mahnte vergeblich einen konkreten Beschluss gegen eine Bebauung dort an. Er fände in „fair “ und „alles andere würde mich fassungslos machen“, doch die Abstimmung ging mit elf Nein-Stimmen, drei Enthaltungen (auch der von Henkel) und nun einer Ja-Stimme (Mira Schwarzenberger, Unser Wachtberg) ganz gegen seine Erwartung aus und auch noch deutlich.
Paul Lägel (SPD) erklärte, er fände es vorschnell, jetzt den Daumen zu heben oder zu senken, zumal er das Projekt interessant findet, während Bernd Düsterdiek (CDU) Teichner zur Seite sprang und eine konkrete Prüfung dem Kreis überlassen würde. „In voreiligem Gehorsam den Flächennutzungsplan zu ändern“ belaste unnötig die Verwaltung. Mira Schwarzenberger fand, dass die Eigentümer und alle Bewohner der Aue zu schützen seien. Andreas Pashalidis (UWG) regte eine Ortsbegehung an, weil ihm vier Seiten Erklärung von der Verwaltung nicht genügten, um eine Meinung zu bilden.
Ähnlich ging die Diskussion über zwei Bürgeranträge aus, die eine gemeindeweite Einfriedungssatzung forderten, um auf Grundstücken außerhalb der Bebauungspläne Unschönes wie Plastikzäune und steingefüllte Metallkörbe (Gabionen) verhindern wollte. Mit acht Nein-Stimmen (hauptsächlich CDU) fielen die beiden Anträge letztlich bei sieben Ja-Stimmen nur knapp durch.
Der Todesstoß kam wohl aus der Verwaltung, als Jeannette Herrmann einwand, dass sich die Gemeinde erst beraten lassen müsse, ob sie da rechtlich überhaupt Vorgaben machen dürfe. Schwarzenberger fand die Argumente der Antragsteller gut, Henkel entschied: „Wir sollten Auswüchse verhindern.“ Am Bestand könne die Gemeinde jedoch gar nichts ändern. Lägel mochte die Anträge „nicht einfach von der Tagesordnung schieben“. Zuständig wäre die Gemeinde laut Landesbauordnung, korrigierte Swen Christian Oliver Henkel. Düsterdiek lehnte den Arbeitsaufwand für die Verwaltung ab: „Zweck und Mittel stehen in keiner Relation.“