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Kino in Wachtberg15 Jahre Kinoerlebnis im alten Töpferbetrieb in Adendorf

Lesezeit 7 Minuten
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Rudi Knorr ist Gesellschafter, Alina Krieg führt die Geschäfte.

Wachtberg – Das „Drehwerk 17-19“ in Adendorf ist ein etablierter Kulturbetrieb mit Kleinkunstbühne, Programmkino und Restaurant-Bistro. Zum 15-Jährigen, das am 27. Oktober 2022 gefeiert wird, sprach Jacqueline Rasch mit Gründer Rudi Knorr und Geschäftsführerin Alina Krieg über die Entstehungsgeschichte und die Zukunft.

Herr Knorr, in 15 Jahren Drehwerk haben Sie sicher eine Menge erlebt . . .

Also die Anfänge waren natürlich schwierig, weil meine Frau Ille und ich gar nicht aus der Branche kommen.

Sondern?

Ich bin gelernter Industriekaufmann, meine Frau gelernte Krankenschwester, und durch unsere Agentur für Kinowerbung hatten wir die Affinität für das Kino. Das hat uns zum Drehwerk gebracht. Wir haben uns alles hier selbst erarbeiten müssen, auch fachlich.

Wie haben Sie diese Location überhaupt gefunden?

Das war aus der Not geboren. Es war früher die Töpferei Söndgen, eine der größten hier in Adendorf, und wir hatten für unsere Agentur ein neues Domizil gesucht. Damals stand das Grundstück mit der ganzen Immobilie zum Verkauf. Eigentlich war es zu groß, aber schön, und wir haben es erworben. Das war schon eine große Entscheidung.

Wenn man auf Ihre Homepage schaut, dann war das Renovieren schon recht abenteuerlich?

Das stimmt! Die Renovierung umfasste drei Abschnitte. Hier war kein Gas, kein Kanal, hier war gar nichts. Es war eben eine Werkstatt, teils verkohlte Räume wegen des Ofens. Als wir es endgültig erworben hatten, kamen viele Handwerker und fassten sich an den Kopf, wie man denn sowas kaufen könne. Da wurde uns schon manchmal ein bisschen Angst und Bange. Wir hatten auch schlaflose Nächte. Aber es hat geklappt, mit viel Arbeit und viel Glück.

Wann kam die Idee auf, hier auch ein Kino einzurichten?

Wir hatten im ersten Abschnitt die Knorrwerbung, der Rest war kaputt und marode. Der zweite Abschnitt war der ehemalige Töpferladen mit Lager, das Backsteinhaus. Daraus haben wir ein Einfamilienhaus gemacht, das jetzt vermietet ist. 2005, 2006 hatten wir uns gefragt, was machen wir mit dem Rest? Es gab bereits eine Zeichnung unseres Architekten für vier Wohnungen, aber das wäre zu teuer geworden.

Drehwerk-Geburtstag

Ein Kino mit 45 Plätzen, ein Bühnensaal mit 70 Plätzen und ein Restaurant mit mediterraner  Küche –  seit Oktober 2007 bereichert das „Drehwerk“ das kulturelle Leben im Drachenfelser Ländchen. Grund genug zum Feiern.

Am Donnerstag, 27. Oktober, lädt das „Drehwerk 17/19“  Gäste und Freunde auf je ein Glas Sekt ein. Als Highlight kündigen die Gastgeber eine große Verlosung an, Lose gibt es noch bis Sonntag, 30. Oktober.

Als Preise winken Freikarten fürs Kino und die Bühne oder Snackpakete für den nächsten Kinofilm. Hauptgewinn ist ein Essen für Zwei im Restaurant. Erworben werden können die Lose an der Kasse im Foyer. (jr)

Damals war die Wohnraumsituation noch nicht so dramatisch wie heute, sogar die Einliegerwohnung hatten wir kaum vermietet bekommen. Wir dachten, wenn wir so viel investieren und keine Mieter finden, dann sind wir pleite. Weil wir kinoaffin sind durch die Agentur haben wir überlegt, eigentlich müsste hier Kultur hin. Das war der Startschuss. Wir haben Studenten kennengelernt, die davon gehört hatten, dass wir dieses Projekt haben, und sie boten sich an, ein Gutachten zu machen, ob das überhaupt funktionieren würde.

Wie haben die das gemacht?

Sie haben sich an den Neuen Markt in Meckenheim gestellt und Leute befragt, ob sie ein Kulturzentrum gut finden würden. Das sah so gut aus, dass wir dann gesagt haben, wir machen es.

Es gibt ja auch ringsherum nichts Vergleichbares.

Genau richtig. Dass wir die Gastronomie noch mit hineinnehmen, war eigentlich nicht vorgesehen. Aber unser Sohn Philipp hatte damals gerade eine Lehre als Koch und Hotelkaufmann hinter sich und sich entschieden, das Bistro zu übernehmen. So haben wir uns  durchgeschlagen. Wir haben aber auch viel Lehrgeld bezahlt.

Haben Sie ein Beispiel?

Wir hatten anfangs Booker für die Bühne, sie haben uns hier Künstler hereingeholt mit Mindestgagen, die ständig Geld kosteten, aber wir hatten viel weniger Einnahmen, das ging nicht. Damals hab ich das dann selbst in die Hand genommen, hab mich in der Szene umgeschaut und bin es ein wenig langsamer angegangen. So, dass auch noch etwas Geld übrig  blieb. Seit einigen Jahren macht das unsere Schwiegertochter Franziska Knorr. Die Anfänge waren hart.

Und dann kam Corona . . .

Die Zeit war deswegen so schlimm, weil man nicht wusste, wohin die Reise geht. Können wir unser Personal halten? Finanztechnisch war es schon so, dass der Staat geholfen hat. Die Hilfen kamen erst sehr schleppend, aber wenn eine Hausbank das weiß, dann hat sie auch schon mal ein bisschen Geduld. Die ganzen Tests, die Kontrollen, das ging uns auf den Keks.

Alina Krieg: Psychisch war die Zeit der absolute Horror. Jetzt ist die nächste Krise, und man kann immer noch nicht genau sagen, was die Zeit eigentlich mit einem gemacht hat. Es ist gar kein Maßstab mehr da zu dem, was vorher war, dafür sind es schon zu viele Jahre. Es ist schlimm, Menschen, die man kennt, wieder nach Hause schicken zu müssen, weil sie ihren Ausweis vergessen haben. Man möchte das eigentlich gar nicht, muss aber, das war für die Psyche ganz schlimm. Seit Corona ist das Thema Veranstaltungen in den Köpfen, es ist immer noch unvorstellbar für viele, überhaupt hinzugehen. Deshalb laufen Bühnenveranstaltungen immer noch sehr schleppend.

Das ist beim Kino anders?

Alina Krieg: Ja. Vielleicht weil man dort nicht so viel redet. Es wird anders wahrgenommen. Ob die Gäste Maske tragen, bleibt ihnen überlassen. Wir sagen immer, jeder soll sich hier wohlfühlen.

Corona ist ja nicht das einzige Thema, jetzt kommen die hohen Energiekosten noch obendrauf.

Unsere Solaranlage auf dem Dach ist jetzt Gold wert. Wir haben sehr viel investiert, 60.000 Euro, in die Solaranlage mit zwei Stromspeichern. Was tagsüber gewonnen wird, muss gespeichert werden, weil wir ja erst nachmittags öffnen. Das passiert auch, aber wir geben noch viel zu viel Strom ins Netz und bekommen nur acht Cent pro Kilowattstunde.

Alina Krieg: Man muss sagen, es ist jetzt das Dreifache an Stromkosten. Und wir können nach Corona und während der Inflation nicht nochmals unsere Preise erhöhen. Irgendwann kann man es niemandem mehr zumuten. Man muss also ausharren und hoffen, dass sich in ein paar Monaten alles wieder beruhigt. Es ist schon spürbar, dass die Gäste sagen, wir gehen eben nicht mehr so oft essen, weil es das Unwichtigste ist, für das man Geld ausgibt.

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Rudi Knorr: Was die Bühne angeht, ist es eigentlich ein Geldwechsel. Der Künstler bekommt den Löwenanteil der Eintrittsgelder, man muss den Techniker bezahlen, die Stromkosten, Gema und Künstlersozialkasse. Woran wir verdienen ist die Bewirtung. Aber das lässt auch nach. Früher hatten wir 40 Leute im Saal, gestern waren es gerade mal 25.

Gibt es ein Stammpublikum?

Rudi Knorr: Ja, ein großes. Wir haben eher ein älteres Publikum ab 40, 45 Jahre, die Leute kommen aus Bonn, Bad Neuenahr-Ahrweiler, sehr viele aus Rheinbach, Bad Godesberg. Es sind überwiegend Frauen, die sich hier einen schönen Kino- und Sektabend machen. Auch viele Filme werden eher von Frauen geschaut. Man muss sich aber immer wieder etwas Neues einfallen lassen.

Wo sehen Sie sich mit dem Betrieb in den nächsten 15 Jahren?

Rudi Knorr: Es wäre schön, wenn wir noch bekannter würden, wenn wir noch mehr Stammgäste hätten, und dass die Leute mehr schätzten, was wir tun. Reich werden wir mit dem Unternehmen nicht, wichtig ist, dass es sich trägt.

Alina Krieg: Für solch einen Betrieb muss man brennen. Wenn man nicht liebt, was man hier tut, ist man komplett falsch. Es wäre schön, wenn wir in 15 Jahren sagen könnten, wir haben unsere Kapazitäten vollkommen ausgereizt. Wir können immer noch davon leben und sind weiterhin sehr glücklich damit.