Sandsäcke retten frischen EstrichStarkregen überschwemmt erneut Heimerzheimer Straßen
Swisttal – „Die Sandsäcke haben unseren frisch gelegten Estrich gerettet“, schreibt Thomas Reichelt zu einem Video vom Starkregen am Dienstag, das er auf Facebook postet. Fast schon gelassen erzählt der Betreiber vom Gasthof „Zur Linde“ in Heimerzheim, wie das Gastronomiegebäude fast wieder unter Wasser gestanden hätte. Mit Sandsäcken hat er es geschafft, die Regenmassen, die die Vorgebirgsstraße herunterflossen, umzuleiten. „Wir erleben das fünf bis sechs Mal im Jahr, das war auch vor der Flut schon so“, sagt Reichelt. Wasser im Gasthof hätte diesmal jedoch besonders schlimme Folgen gehabt, denn erst am Nachmittag war in der Küche ein neuer Estrichboden verlegt worden.
Seit der Flutkatastrophe vom 14. Juli arbeiten die Brüder Thomas und Andreas Reichelt am Wiederaufbau ihres Gasthofs. Die Estrichmaschine steht noch vor der Tür. Im Eingangsbereich fehlt der Estrich für den neuen Boden noch. „Aber mit der Flut hat das nicht so viel zu tun“, betont der Gastronom. Diese Probleme kenne er schon von seinen Eltern Heinz und Veronika. Seit 1975 sei das Wasser, das bei starkem Regen die Vorgebirgsstraße hinabströmt, immer mehr geworden. Damals seien die Neubaugebiete wie der Höhenring und das Industriegebiet entstanden.
Daraufhin habe bereits der Vater Vorbereitungen getroffen, berichten die Söhne. Zum einen gibt es an den Eingangstüren Schienen für Spundwände, die Thomas Reichelt im Ernstfall einsetzt und abdichtet. Solche Wände werden häufig zur Sicherung von Baugruben oder eben zur Abdichtung gegen Wasser genutzt. Zum anderen berichtet Reichelt von einer Mauer, die sein Vater im Keller gebaut hat. Sie ist dazu da, das Wasser zu sammeln, das dann von einer Pumpe gleich wieder aus dem Keller befördert wird. „Diesmal ist es gut gegangen, aber das Wasser ist so viel geworden“, konstatiert er. So viel, dass diese Maßnahmen bereits bei stärkeren Regenfällen nicht mehr ausreichen würden.
In seinem Video ist nicht nur die Estrichmaschine vor der Tür zu sehen, sondern es zeigt auch die Kanäle entlang der Vorgebirgsstraße, aus denen das Wasser heraussprudelt. Diesen Zustand beschreibt Reichelt inzwischen als „das Übliche“. Dennoch ist ihm auch der Frust anzumerken. „Die Kanalisation ist komplett veraltet“, erklärt er: „Sie ist einfach zu klein für das ganze Wasser. Das sieht man nicht nur bei uns an der Vorgebirgsstraße, sondern auch auf der Kölner und der Euskirchener Straße. Es muss etwas passieren!“
Nutzerinnen kritisieren Zustand der Kanalisation scharf
Das Video hat auf Facebook zudem für teils heftige Kritik an der Gemeindeverwaltung gesorgt. Eine Nutzerin schrieb: „ So ein Regen wie heute ist wirklich nicht so außergewöhnlich. Das darf doch nicht die Kanalisation an ihre Grenzen bringen.“ Zudem stellte sie in Frage, ob die Kanäle nach der Flutkatastrophe nachweislich kontrolliert worden seien. Eine weitere forderte: „Die Kanalisation müsste regelmäßiger gereinigt werden und es muss eine Lösung her“, denn das Wasser sprudele wieder heraus. Es werde gebaut und gebaut und die Kanäle seien viel zu klein. „In den letzten 35 Jahren wurde da nichts verändert.“
Eine weitere Facebook-Nutzerin schrieb: „Vor dem letzten vorhergesagten Unwetter hat man die Kanäle in der Quellenstraße gereinigt. Uns auf der unteren Pützgasse hat man ausgelassen. Haben das dann schnell selbst erledigt. Die waren so voll, da wäre gar nichts abgelaufen.“ Dass der Starkregen bei einigen wieder Angst schürte, zeigte der Kommentar einer weiteren Nutzerin: „Das kann so wirklich nicht weitergehen, wir können doch nicht ewig Panik haben, dass wir wieder alle absaufen.“
Bürgermeisterin gibt zu, dass Maßnahmen nötig sind
Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) verwies auf Anfrage der Rundschau auf die hydronomische Kanalnetzberechnung, die die Gemeinde Ende 2020 vorgenommen habe. Dabei werde die Belastung durch Regen- und Hochwasser auf das Kanalnetz simuliert. „Dabei kam heraus, dass Maßnahmen nötig sind. Wir hatten das Geld bereits im Haushalt eingestellt, doch dann kam uns die Flut dazwischen“, so die Erste Bürgerin. Besonders entlang der Vorgebirgsstraße und der Bachstraße seien Maßnahmen nötig. Aktuell laufe nun eine Bedarfsanalyse, die das Ingenieurbüro Bach und Mergel aus Bonn durchführe. Laut der Verwaltung soll es nicht mehr lange dauern, bis Ergebnisse vorliegen.
Bis dann tatsächlich Maßnahmen ergriffen werden, kann jedoch noch einige Zeit verstreichen. Zunächst müsse geplant werden, dann müsse der Fachausschuss den Beschluss fassen. Dabei komme es auf die Kosten an. „Das Geld werden wir in den Haushalt einstellen, das ist keine Frage“, versichert Kalkbrenner. Schließlich stehe diesen Sommer die Planung für den Doppelhaushalt 2023/24 an.
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Eine Privatisierung des Kanalnetzes würde an den Abläufen nichts ändern, da ist sich die Bürgermeisterin sicher: „Der Erftverband arbeitet nach derselben Systematik“ – also ebenfalls mit hydronomischen Berechnungen und Bedarfsanalysen. Im März 2021 hatte der Bau-, Vergabe- und Denkmalausschusses der Gemeinde die Übertragung des Kanalnetzes an den Erftverband zum wiederholten Male ausgeschlossen. Die SPD hatte den Antrag gestellt. Der Ausschussvorsitzende Manfred Lütz (CDU) machte damals deutlich, dass es keinen Sinn ergebe, einen kostendeckenden Bereich der Infrastruktur an einen externen Betreiber abzugeben.