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Fünf Kilo Kokain im SprinterBonner Gericht war milde gestimmt

Lesezeit 3 Minuten
Jede Menge Drogen wurden in dem Wagen gefunden.

Jede Menge Drogen wurden in dem Wagen gefunden.

Bonner Landgericht entscheidet: 33-jähriger Drogenkurier wird von der Haft verschont und darf Weihnachten bei seiner Familie in Italien sein

Welcher guter Geist die Hand über dieses Verfahren gehalten hat, das ist für den schlichten Beobachter schwer nur auszumachen. Denn auf der Anklagebank saß am Freitag ein 33-jähriger Moldawier, der in Italien zuhause ist, und sich wegen Einfuhr und Handels von 5 Kilo Kokain verantworten muss. Am 5. Juni 2024 wurde der Familienvater von der Zollfahndung an der Raststätte Peppenhoven rausgewunken - und kontrolliert. Auf seinem Mercedes Sprinter hatte der Fahrer einen Citroen im Huckepack, den er in Belgien aufgeladen hatte. Schließlich entdeckten die Spürhunde unterm Beifahrersitz des Sprinters eine Tasche, in der sich über 5 Kilo „szeneüblich verpacktes“ Kokain befand. Seitdem saß der 33-Jährige in Untersuchungshaft.

Fast sieben Monate später erst wurde das Verfahren gegen den Drogenkurier vor dem Bonner Landgericht eröffnet - und startete gleich mit einer Überraschung: Kammervorsitzender Nicolaus Alvino zeigte sich unzufrieden mit den trägen und unvollständigen Ermittlungen der Zollfahndung. Da der Fall nicht mit der „gebotenen Zügigkeit behandelt“ worden sei, dachte er laut darüber nach, ob der Angeklagte - wegen „der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung“ - noch vor Weihnachten haftverschont werden könnte. Natürlich nur, wenn der 5-Kilo-Kurier ein „belastbares Geständnis“ abliefert. Die drei Verteidiger hörten das gern, baten um eine längere Beratungspause und zimmerten ein passendes Geständnis zusammen.

Angeklagter wollte Auftraggeber nicht nennen

Der Angeklagte sei, so hieß es anschließend in der Verteidiger-Erklärung, im Auftrag seiner italienischen Autowerkstatt, für die er schon länger Transporte durchgeführt habe, beauftragt worden, ein Auto in Belgien abzuholen. Diesmal jedoch sei er von einem „Hintermann, der wohl die Fäden zieht“, angesprochen worden, ob er zu seinem üblichen Salär noch einen Tausender drauf haben wollte. Bedingung jedoch sei, dass er keinerlei Fragen stellt. Den Namen des Auftraggebers wolle der Angeklagte jedoch aus Angst um seine Familie nicht nennen. Verteidiger Ulrich Sommer: „Eine Lücke, die wir bewusst nicht füllen wollen.“

Wegen der Ansprache habe der Angeklagte „geahnt“, dass es um etwas Illegales gehe, aber er habe nicht gewusst, um was es gehe und schon gar nicht in welcher Größenordnung. Nachdem in Belgien der Citroen aufgeladen und er noch zum Abendbrot eingekehrt war, sei er von einem Fremden angesprochen worden: Als er später zu seinem Sprinter zurückkam, sei ein Spiegel eingeklappt gewesen und ein Fenster geöffnet. Der Angeklagte, der das bemerkt habe, habe sich „seinen Teil gedacht“, aber nichts gefragt und sei - wie geplant - über die Grenze nach Deutschland gefahren.

Prozess in Bonn: Freispruch kategorisch abgelehnt

Warum denn an der Tasche mit dem Kokain seine DNA-Spur gesichert wurde, wollte Staatsanwalt Oliver Häfele noch wissen. In der Tasche habe er zuvor immer seine Arbeitskleidung verwahrt, antwortete der 33-Jährige auf Italienisch, von einer Dolmetscherin übersetzt. Diese Erklärung wurde von allen fraglos geschluckt. Auch, dass dem Angeklagten die Drogen „mehr oder weniger untergejubelt“ worden seien.

Einen Freispruch, wie von der Verteidigung ebenfalls ins Feld geführt, hat Kammervorsitzender Alvino - nach dieser Einlassung - kategorisch abgelehnt und eine Strafe zwischen zwei und drei Jahren nicht ausgeschlossen. Auch nicht,   dass der 33-Jährige noch vor Weihnachten haftverschont werde - und bei seiner Familie in Italien sein könne. Alvino: „Es gibt keinen Grund mehr, den Angeklagten in der Haft zu behalten.“