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Neuer GenussführerFünf Betriebe aus Bonn sind dabei

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Martin Matzen führt mit Partnerin und Angestellten das Restaurant  Deutschlandreise

BonnMichael Sachse stellt den neuen Genussführer von Slow Food vor.Die Bonner Gastronomie ist mit gleich fünf Restaurants bestens repräsentiert

Vier lange Jahre sind vergangen, seit der jüngste Slow-Food-Führer erschienen ist. Die Pandemie mit einhergehenden Lockdowns und Kurzarbeit, explodierende Energiekosten, steigende Lebensmittelpreise sowie das schmalere Budget vieler Gäste bewirken nicht nur, dass Lokale in eine Schieflage geraten, sondern haben auch das Erscheinen des Genussführers mehrfach aufgeschoben. Letztlich haben rund 450 Lokale in ganz Deutschland die Kriterien erfüllt, um in den Guide aufgenommen zu werden: Slow Food Genussführer 2023/24, oekom Verlag München, www.oekom.de, 658 Seiten, ISBN 978-3-96238-210-0, 36 Euro

Die Prinzipien sind geblieben: regional vor international, handwerklich vor extravagant, bezahlbar vor hochpreisig. Die aufgetischten Speisen sollen hochwertig und fair sein. Die berücksichtigten Gasthäuser stehen für die Geschmäcker ihrer Region und achten auf möglichst regionale Herkunft der Zutaten. Aus Nordrhein-Westfalen wurden 37 Restaurants berücksichtigt. Das Slow-Food-Convivium Bonn war besonders aktiv, die Stadt ist mit fünf Adressen überdurchschnittlich oft vertreten.

Michael Klevenhaus ist ein Pionier. Nachhaltig arbeitende Betriebe im Umfeld aufzustöbern, betrachtet der erfahrene Gastronom als eine Kernaufgabe. Seit 30 Jahren leitet er das Café im Kunstmuseum Bonn. Mit dem Ausbruch der Pandemie hat Klevenhaus die Leitung des Restaurants „Speisesaal“ in der Kunsthalle abgegeben und konzentriert sich noch mehr auf das gegenüberliegende Café, das sein Angebot keineswegs auf Kaffee und Kuchen beschränkt. Von der saisonalen Karte locken rheinische Klassiker wie die Bonner Buttermilchbonnezupp (6,50 Euro), Himmel un Ääd (13,80 Euro) oder Brotkuchen mit Backpflaumen, Äpfeln und Vanilleschaum (4,80 Euro).

Salat wird mit Ziegenkäse aus der Vulkaneifel veredelt, die Pasta kommt von Sassella in Rheinbach, frische Lebensmittel vom Gemüse über Fleisch bis hin zu den Bioeiern aus der Region und der Kuchen von der Bäckerei Breuer in Oberkassel auf der anderen Rheinseite.Auch das LVR-LandesMuseum Bonn beherbergt ein Restaurant. Das DelikArt gilt ebenso als Hort für Anhänger von Speisen, die vornehmlich aus regionalen Zutaten zubereitet werden. Das Gemüse stammt vom Bauern aus der Nachbarschaft wie zum Beispiel die Kartoffeln, die das Team um Geschäftsführer Michael Baumgarten von Kartoffelbauer Decker in Hersel bezieht. Die Küche legt Wert auf die Zubereitung vegetarischer oder veganer Gerichte wie einem Curry mit Gemüse, Ingwer, Koriander, Kokosmilch und Basmatireis (17 Euro). Fleischprodukte stammen mehrheitlich aus der Eifel wie Lamm, Kaninchen, Geflügel oder Kalb von der Firma Lapinchen in Euskirchen. So serviert das Team des „DelikArt“ etwa Kaninchenrücken mit Marktgemüse, Estragon-Senf-Sauce und Kartoffelgratin (26 Euro) oder zwei panierte Schnitzel vom Eifelkalb mit süß-saurem Kartoffelsalat (21 Euro).

Klassisch-rheinische Gerichte wie „Himmel un Ääd up DelikArt“ haben je nach Jahreszeit einen Stammplatz auf der Speisekarte. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Weinsortiment. Biodynamische Winzer wie Andres und Schwarztrauber aus der Pfalz oder Bertram-Baltes von der Ahr stehen hoch im Kurs. Bier bezieht das „DelikArt“ unter anderem von der Gemünder Brauerei in der Eifel. Auch bei nichtalkoholischen Getränken gilt die Maxime, regionalen Anbietern Vorfahrt zu gewähren. Dafür bürgen Fruchtsäfte aus der Kelterei Weber in Nümbrecht oder Limonade aus Daun.Martina Kuhnert reist viel durch Deutschland. Ihre Reisen sind die Basis für den Speiseplan im Restaurant „Deutschlandreise“ in Bad Godesberg, das sie gemeinsam mit ihrem Partner Martin Matzen führt. Unterwegs spürt Kuhnert kleine Betriebe auf, in denen traditionell und nachhaltig gearbeitet wird. Ihre Entdeckungen teilt sie anschließend mit den Gästen, indem sie typische Leckereien mitbringt oder bestellt, die anschließend sechs Wochen den Speiseplan dominieren. Bis Mitte der Woche stehen noch Speisen ostfriesischer Herkunft auf der Karte. Diese werden anschließend von Pfälzer Spezialitäten abgelöst.

Aktuell wird die neue Speisekarte erstellt. Darauf stehen dann Leckereien wie Fleeschknepp (Fleischknödel) mit Meerrettichsoße und lila Kartoffel-Kürbis-Stampf oder dreierlei Saumagen mit Bratkartoffeln und Salat. Es gibt Bier von Mayers Brauhaus in Oggersheim. Weintrinker dürfen sich unter anderem auf St. Laurent vom Weingut Heußler aus Rhodt unter Riedburg oder Chardonnay vom Weingut Lindenhof in Forst freuen. Viele der in der Küche verwendeten Rohstoffe sind biozertifiziert. Noch wichtiger ist es den Gastgebern jedoch, Produkte zu beziehen, die „um die Ecke“ angeboten werden. So stammt etwa das Mehl für das Hausbrot von der Broicher Mühle, Fleisch von der Bad Godesberger Metzgerei Voigt, die Eier vom Wittfelder Hof in Wachtberg oder Gemüse, Salat und Obst von Landbau Müller (Godesberger Markt). Lieferanten und Bezugsquellen sind auf der Homepage aufgeführt. Dazu gehören Getränke wie Kaffee von Cofi Loco, Bier von Ale Mania und der Craftquelle oder Schnäpse von der Brennerei Schietinger am Fuß der Schwäbischen Alb.Im Februar 2021 haben Kristina und Christian Bautz ihr Restaurant „Kris & Chris“ in Endenich eröffnet. Der Zeitpunkt für den Start inmitten der Pandemie hätte ungünstiger nicht sein können. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, wie schnell sich das Paar mit seiner Bistronomie, die es als „Heimat für Weltenbummler“ umschreibt, einen hervorragenden Ruf erworben hat. Ein in kurzen Abständen wechselndes, überschaubares Speiseangebot, das sich von vielen verschiedenen internationalen Küchen inspirieren lässt, ist ihr Markenzeichen.

Christian Bautz kocht vorwiegend mit Zutaten aus der Region. So beziehen die beiden zum Beispiel Gemüse und Salat vom Sechtemer Gemüsehof Hartmann. Das Fleisch stammt vom Hof Schmitz in Morenhoven, vom Metzger Mülhausen aus Ettringen in der Eifel oder das Lammfleisch aus Alzheim bei Mayen von der Schäferei Bous. Aufgewachsen ist Christian Bautz sowohl im Rheinland als auch in Mexiko. Zu seinen beruflichen Stationen als Koch zählten Engagements in der Schweiz, Japan, Abu Dhabi, London, Österreich und Bayern. Entsprechend breit ist sein kulinarisches Repertoire. Beim Wein setzen die Gastgeber komplett auf die Erzeugnisse deutscher Winzer.Himmel un Ääd“ darf auch auf der Speisekarte des Restaurants Assenmacher nicht fehlen. Oliver Weiß bereitet die rheinische Spezialität als Kartoffelsuppe mit gebratener Blutwurst, Apfel und Zwiebel (5,50 Euro) zu. Seit 2013 betreibt der Koch sein Lokal mit Ehefrau Constance in unmittelbarer Nachbarschaft der Schwarz-Rheindorfer Doppelkirche. Das Speisesortiment beschränkt sich allerdings nicht auf rheinische Küche. Zum Team zählt auch ein philippinischer Koch. Von dessen Expertise profitiert die kulinarische Vielseitigkeit. Es gibt unter anderem warmen Glasnudelsalat mit Erdnusssauce (5,60 Euro) oder das Traditionsgericht „Adobo“ von der Schweineschulter, zubereitet mit Ingwer und Knoblauch und serviert mit Basmatireis und mariniertem Spitzkohl (14,90 Euro).

Das Fleisch bezieht das Ehepaar Weiß von bäuerlichen Erzeugergemeinschaften. Eine Besonderheit ist die wechselnde Auswahl an Craft Beer aus der Umgebung. Zudem stammt der Kaffee aus einer Beueler Rösterei, und es gibt hausgemachte Limonade.