Bonn liegt an der Spitze der Gebühren in Deutschland und dennoch: Anlieger suchen abends lange nach einem Stellplatz für ihr Auto.
AnwohnerparkenParkplätze bleiben für Anwohner in Bonn rar und werden teurer
Die Wolfstraße ist typisch für den Mikrokosmos der Bonner Nordstadt. Sie hat keine Durchgangsfunktion. In den 65 Häusern zwischen Heerstraße und Breite Straße dominieren Wohnungen. Aber es haben sich auch ein Unternehmen zur IT-Betreuung, ein Internet-Startup für Online-Kunstkurse, mehrere Handwerker, eine Autowerkstatt und sechs Gaststätten angesiedelt. Einzelne Wirte haben Sitzmöbel auf frühere Parkplätze gestellt. Die Straßenränder teilen sich Fußgänger mit Mülltonnen, angeketteten Fahrrädern, einigen Baumscheiben und parkenden Autos.
Anfang März hat die Stadt die Preise fürs Anwohnerparken in einer zweiten Stufe angehoben – auf jetzt 360 Euro im Jahr. Einkommensschwache Inhaber eines Bonn-Ausweises bekommen den Ausweis für ein Jahr schon für 90 Euro. Ursprünglich hatte das Papier 30 Euro gekostet. Nachdem der Bund im Jahr 2020 den einheitlichen Höchstsatz von 30,70 Euro abschaffte und das Land NRW den Kommunen freie Hand gab, hatte der Stadtrat die Erhöhung beschlossen. Das Argument: Der öffentliche Straßenraum soll zu einem angemessenen Preis genutzt werden. Schließlich müssen auch Händler für ihre Auslagen oder Wirte für ihre Tische auf dem Gehsteig Gebühren zahlen.
Bonn: Weniger grüne Parkausweise
Die Anzahl grüner Parkausweise ist seit der zweiten Anhebung laut Stadtverwaltung von 5200 auf 4100 gesunken. Doch auch wenn an einem Vormittag in der letzten Ferienwoche in der Wolfstraße tatsächlich drei Parkplätze frei sind, kann ein Anwohner noch keinen verringerten Parkdruck erkennen. „Von einer echten Entlastung sehen wir hier nichts“, sagt er.
Szenenwechsel: Auch die Argelanderstraße in der Südstadt ist als Bewohnerparkzone ausgewiesen – allerdings abwechselnd nur auf einer Straßenseite. Hier ist der Wohnungsanteil im Nutzungsmix noch höher. Am selben Vormittag sind alle Parkplätze belegt. Mehrere Autos parken vorschriftswidrig auf der Fahrbahn neben den Baumscheiben. Ein Parkausweis liegt höchstens in jedem zweiten Wagen. „Wir haben einen Parkausweis beantragt“, sagt eine ältere Frau, die auf der Straße gerade ihr Auto belädt, „aber oft müssen wir abends trotzdem länger suchen“. In der Nähe gebe es kein alternatives Parkhaus. „Bis zur Uni-Garage ist für uns zu weit.“ Auch ein anderer Autobesitzer sieht kaum Verbesserung. „Nachts steht man eben auf der Straße“, verrät er. Dann seien die Streifen des Ordnungsamtes nicht unterwegs. Vor den Baumscheiben ist das ab 18 Uhr außerdem legal.
Bonn ist Spitzenreiter bei Gebühren
Mit ihrem Gebührensatz von 360 Euro im Jahr ist die Stadt Bonn seit März nach einer Aufstellung des ADAC-Bundesverbandes Spitzenreiterin in Deutschland. Köln berechnet seit Juli je nach Länge zwischen 100 und 120 Euro. In Koblenz fallen je nach Länge und Breite des Fahrzeugs auch schon mal 200 Euro an. Aachen will erst im nächsten Jahr nachziehen und ebenfalls staffeln. Hier sollen im Durchschnitt 245 Euro fällig werden. Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat ihre Pläne für eine Gebühr von ebenfalls 360 Euro vorerst kassiert. Dort kostet der Ausweis weiterhin 30 Euro. Fünf Euro Rabatt gibt es bei online gestellten Anträgen.
Für den Rückgang bei den Parkausweisen gibt es drei Erklärungen: Einerseits sind in der Vergangenheit offenbar manche Parkausweise für den eher symbolischen Preis von 30 Euro entgegen den strengen Ausgaberegeln auch an Bonner gegangen, die das Fahrzeug gar nicht regelmäßig in ihrer Parkzone abstellen. An Eltern oder Großeltern etwa, die für ihre auswärts studierenden Kinder einen Wagen angemeldet hatten, der auf ihren Namen läuft. Andererseits hat ein Teil der bisherigen Ausweisnutzer angesichts der deutlich höheren Kosten wohl zunächst versucht, das Auto anderweitig abzustellen. „Wer nicht so oft hier parkt, der riskiert vielleicht ab und an einfach ein Verwarngeld“, glaubt ein Anwohner in der Südstadt. Die ältere Dame zeigt ein Auto auf einem freien Parkplatz. „Der steht hier schon mindestens zwei Wochen“. Einige Nachbarn bewegten ihr Auto nur noch, wenn es unbedingt sein müsse. Oder man halte sich gebührenfreie Parkplätze gegenseitig frei und wechsele sich darauf ab.
In der Wolfstraße wurde inzwischen ein Parkscheinautomat aufgestellt. Ab Herbst will die Stadtverwaltung fürs Parken in der Nordstadt von Besuchern Gebühren verlangen. Wer keinen Anwohnerparkausweis hat, der muss dann zwei Euro pro Stunde zahlen. So sollen die knappen Parkflächen für Dauerparker und Besucher unattraktiver werden. Letztere können dann auch gleich in eines der citynahen Parkhäuser fahren. In anderen Bereichen – etwa in der Südstadt – ist ähnliches noch nicht vorgesehen. Anwohner mit Auto, aber ohne Ausweis sollten sich deshalb zeitnah um einen bemühen. Die Stadtverwaltung warnt auf ihrer Homepage vor einer Bearbeitungszeit von bis zu drei Monaten.
Wartezeit bis zu drei Monate
Anspruch auf einen Parkausweis hat, wer in einer Parkzone seinen Hauptwohnsitz hat und keinen eigenen privaten Parkplatz nutzen kann. Pro Person kann nur ein Fahrzeug angemeldet werden.
Der Ausweis ist ans Kennzeichen gebunden. Er kann für sechs, zwölf oder 24 Monate beantragt werden. Ein Bonn-Ausweis oder eine Kopie desselben ist bei Antragstellung vorzulegen, um die Ermäßigung zu erhalten. Ein Antrag ist erst nach Anmeldung an der entsprechenden Adresse möglich.
Um Knöllchen zu vermeiden, können Fahrzeughalter auch die Bestätigungsmail über den Ausweisantrag gut sichtbar aufs Armaturenbrett legen. Für die Ausstellung der Ausweise benötigt die Stadtverwaltung derzeit bis zu drei Monate. wmr