AboAbonnieren

Tomburg Winds Rheinbach im Interview„Ich träume immer noch von einem Haus der Musik“

Lesezeit 5 Minuten
Der musikalische Leiter der„Tomburg Winds“, Adi Becker“ hält seine Posaune.

Der musikalische Leiter der „'Tomburg Winds'“, Adi Becker, sieht das Orchesterprojekt der Musikschule Voreifel gut aufgestellt. Es gibt allerdings auch Schwierigkeiten

Die Tomburg Winds feiern am Wochenende mit zwei Konzerten ihr 20-jähriges Bestehen. Volker Jost sprach mit dem musikalischen Leiter des Sinfonischen Blasorchesters, Adi Becker, über die Geschichte des Orchesterprojektes der Musikschule Voreifel.

Herr Becker, Sie sind seit 2007 verantwortlich für die „Tomburg Winds“, in welchem Zustand haben sie das Orchester übernommen?

Zunächst einmal gebührt den beiden Gründern und Initiatoren des Orchesterprojektes, Georg Heide und Claus Kratzenberg, ein ganz herzlicher Dank, denn ohne deren Engagement gäbe es die „Tomburg Winds“ überhaupt nicht. Ursprünglich ging es um eine Zusammenarbeit der Wormersdorfer „Fidelia“ mit der damaligen Musikschule, um den jugendlichen Nachwuchsmusikern eine fundierte Ausbildung zukommen zu lassen. Und das ist ganz hervorragend gelungen. Ich habe damals eine junge aber energiegeladene Formation übernommen, aber die ist nicht mehr mit dem heutigen Ensemble zu vergleichen. Was hat sich geändert? Mittlerweile ist aus dem damals 30-köpfigen Nachwuchsorchester ein renommiertes und weithin bekanntes Sinfonisches Blasorchester mit mehr als 60 Jugendlichen und Erwachsenen geworden. Darüber hinaus werden mit dem Kinderblasorchester und dem Jugendblasorchester hoffnungsvolle Talente nach und nach an das Mitwirken im „großen“ Sinfonischen Blasorchester herangeführt, und das hat sich bestens bewährt. Auch die Zusammenarbeit mit beiden Orchesterleitern Andrew Noah Cap und Nico Haag ist gut, die leisten eine tolle Arbeit.

Was unterscheidet die „Tomburg Winds“ von anderen Blasorchestern?

Wir haben nicht nur das gesamte Spektrum der Blasinstrumente dabei samt Englisch Horn und Fagott, sondern auch eine sehr große Backline mit bis zu 7 Schlagwerkern. Angefangen vom Glockenspiel und Röhrenglocken über Pauken, Gong, Becken und Latin-Percussion bis zum kompletten Drumset sind wir hier bestens aufgestellt.

Wer entscheidet eigentlich, was das Orchester spielt?

Die Musiker machen zwar auch schon mal Vorschläge, doch das meiste gebe ich vor. Weltweit gesehen ist die Musik und das Genre des Sinfonischen Blasorchesters eine Riesensparte mit einem großen Markt, vor allem in Österreich, den Beneluxländern und den Vereinigten Staaten gibt es eine Menge exzellenter Originalkomponisten für solche Formationen. So ist unser Repertoire eine gute Mischung aus Original-Kompositionen und Sinfonischer Filmmusik, für die ich auch schon mal die Arrangements selbst schreibe. Diese Musik passt nicht nur exakt für unser Ensemble, sondern ist auch noch attraktiv für die Musiker. Wobei wir immer wieder mal Elemente aus Folk, Jazz und aktueller Popmusik einstreuen.

Welchen Vorbildern eifern Sie nach?

Es gibt so viele großartige professionelle Sinfonische Blasorchester, da fällt es schwer, eines herauszuheben. Vielleicht die Marinierskapel der niederländischen Marine oder „The President's Own“, das Marineorchester der Vereinigten Staaten. Das mag aber auch damit zusammenhängen, dass ich selbst seit 25 Jahren Musiker der international renommierten Big Band der Bundeswehr bin und natürlich kenne ich auch viele Kollegen aus dem befreundeten Musikkorps der Bundeswehr, das natürlich auch zu den führenden Blasorchestern der Szene gehört.

Wie sehen Sie die derzeitige musikalische Entwicklung des Ensembles? Ich bin stolz und dankbar für das, was wir derzeit an Qualität zu bieten haben. Wir nehmen – außerhalb der Coronazeit – alle zwei Jahre an großen Wettbewerben teil, und das durchweg sehr erfolgreich. So haben wir beim Deutschen Musikfest 2019 den ersten Platz in der Oberstufe mit 95,2 von 100 möglichen Punkten belegt – der besten Wertung, die überhaupt bei diesem Wettbewerb vergeben wurde. Weshalb wir von der Jury aufgefordert wurden, beim nächsten Mal in der höchsten Kategorie, der sogenannten Höchststufe, teilzunehmen. Aber um da mithalten zu können, fehlt uns schlichtweg die Infrastruktur.

Was meinen Sie damit?

Um noch mal einen Qualitätssprung zu machen, benötigen wir ganz eigene Strukturen und eigene Proberäume, wo wir nicht nur unsere Instrumente aufgebaut stehen lassen können, sondern auch unser Notenarchiv und wichtige Dinge griffbereit zur Verfügung haben und vor allem bei der nächsten Probe da weitermachen können, wo wir zuletzt aufgehört haben. In einem solchen Raum könnten ja auch auf Absprache Proben einzelner Register und aller Ensembles der Musikschule stattfinden. Im Moment – und dafür müssen wir natürlich auch dankbar sein – sind wir lediglich eine Art Gast in den Räumen der Grundschule Sürster Weg, unsere (mitunter sehr teuren) Instrumente müssen in kleinen Nebenräumen gestapelt werden, und wir können nicht so agieren, wie wir für den Erfolg müssten. Ich träume ja immer noch von einem „Haus der Musik“, das wäre nicht nur super für die weitere Entwicklung der „Tomburg Winds“, sondern auch für die der anderen Ensembles der Musikschule.

Es fehlt also an Proberäumen?

In einem solche Haus der Musik könnte es auch eine kleine „Cafeteriaähnliche Ecke“ für Gespräche oder gemeinsames Zusammensein – auch mit den Lehrern – geben, denn auch der soziale Zusammenhalt ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Musikensembles. Das gemeinsame Musizieren trägt dazu bei, dass sich Kinder und Jugendliche zu reifen Menschen entwickeln können. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie das Erlernen eines Instrumentes Menschen jeden Alters in seiner ganzen Persönlichkeitsentwicklung weiterbringen kann. Wir haben es mit sehr einfachen Mitteln dahin geschafft, wo wir jetzt sind. Aber es wäre doch toll, wenn es uns in manchen Dingen noch einfacher gemacht würde. Ich schätze absolut, was die Kommunen, die die Musikschule tragen, für uns leisten. Und ich weiß natürlich, dass die Mittel überall knapp sind, aber ich bin sicher, dass auch die Gemeinden des Zweckverbandes sehr von einer solchen Investition in die Zukunft profitieren würden. Wir versuchen ja auch – nicht nur durch die musikalische Bildung von Jugendlichen – vieles an die Gemeinden zurückzugeben.

Wie sehen Sie die Zukunft der „Tomburg Winds“?

Es ist schwer zu sagen, wie es weitergeht mit dem Nachwuchs nach der Corona-Pandemie. Wir werden alle Kräfte in der Musikschule dafür brauchen, um auch weiterhin genügend Nachwuchs für uns und alle Ensembles zu generieren. Die Orchester haben in der Corona-Zeit sehr von ihrer gelebten Gemeinschaft profitiert, grundsätzlich bleiben die jungen Menschen heute länger dabei als früher, auch über das Abitur hinaus. Manche suchen sich sogar extra einen Studienplatz in der Nähe, um hier weiter mit musizieren zu können, und der eine oder andere ist sogar Profimusiker geworden. Man kann sicherlich sagen: Das Orchester ist seinen Mitgliedern ans Herz gewachsen.