Glasfaser-Stadt Rheinbach?Masterplan für schnelles Internet wird vorgestellt
Rheinbach – Der „Masterplan Gigabit“ für die Stadt Rheinbach ist am Montagabend Thema im Haupt- und Finanzausschuss. Es handelt sich dabei um ein mittelfristiges Konzept, wie der Breitbandausbau in der Glasstadt und ihren Ortschaften vorangetrieben werden kann. Schon im Vorfeld zeichnet sich ab, dass dafür Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe nötig sind.
Die Stadt hatte 2018 für eine Beratung zu diesem Thema eine Förderung über 50 000 Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erhalten, den Zuschlag erhielt der TÜV Rheinland. Mitarbeiter Thomas Erdmann stellt heute Abend die Ergebnisse vor.
Die Digitalisierung führt zu Veränderungen in allen Lebensbereichen. Auch für Unternehmen, Bildungsstätten und Verwaltungen ist eine leistungsstarke Breitbandanbindung zu einem der wichtigsten Standortfaktoren geworden. Der Bedarf an gigabitfähiger Netzinfrastruktur ist immens, die Breitbandversorgung hat bereits enorme Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft einer Region. Doch die Telekommunikationsunternehmen investierten laut Erdmann nur in den Breitbandausbau, wenn ihre Kunden auch tatsächlich auf Produkte mit einer hohen Bandbreite zurückgreifen würden.
Auch die 5G-Technologie werde flächendeckend Verbindungen im Gigabitbereich zur Verfügung stellen, prognostiziert Erdmann. Dafür muss jedoch zunächst eine flächendeckende Glasfaserversorgung der Basisstationen angeregt werden. Sobald dieser Ausbau stattgefunden hat, können schlecht versorgte Räume zwischen kabelgebundenen Gigabitanschlüssen mit 5G überbrückt und flächendeckend mit schnellem Internet versorgt werden.
Kupfernetz garantiert Grundversorgung
Aktuell existiere im Stadtgebiet ein flächendeckendes Kupfernetz, über das eine Grundversorgung garantiert werde, hatte Erdmann ermittelt. Ein Teil der Stadt ist bereits als hinreichend mit Breitbandanschlüssen versorgt anzusehen. Die Bedarfe von Unternehmen und Institutionen dagegen werden nur teilweise gedeckt. „Fehlende Breitbandversorgung könnte sich bereits in naher Zukunft negativ auf Wirtschaft und Gesellschaft der Stadt Rheinbach auswirken“, so der Experte. Er sagte, ein Ausbau der Glasfaserinfrastruktur sei unumgänglich. Allerdings zeigte sich bei der näheren Untersuchung, dass für einen flächendeckenden Gigabitausbau, dessen Grundlage ein Glasfaserausbau ist, zweistellige Millionenbeträge von 30 bis 40 Millionen Euro notwendig sind. „Der Gigabitausbau stellt für Rheinbach eine erhebliche finanzielle und organisatorische Herausforderung dar“, erklärt Erdmann.
Eine zeitnahe Umsetzung sei daher unrealistisch – zumindest, wenn man die Umsetzung als alleinige Aufgabe der Stadt betrachten würde. Vielmehr zeige sich, dass der Gigabitausbau nur durch gemeinsames Handeln von Stadt, Land, Bund und Telekommunikationsunternehmen zu bewältigen ist. Ein wesentlicher Teil des Ausbaus werde laut Erdmann voraussichtlich durch die am Markt aktiven Netzbetreiber erfolgen. Durch den privatwirtschaftlichen Wettbewerb besteht dabei allerdings ein hohes Risiko, dass die verfügbaren Ressourcen nicht optimal für einen flächendeckenden Ausbau genutzt werden, sondern sich auf wenige, für die Anbieter lukrative Bereiche konzentrieren. So könnten in den dicht besiedelten Stadtvierteln mehrere Glasfasernetze parallel verlegt werden, während in den dünner besiedelten Außenbereichen überhaupt kein Ausbau stattfinde.
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Die Stadt Rheinbach könne versuchen, einem solchen Marktversagen vorzubeugen, indem sie eine aktive und koordinierende Rolle beim Ausbau einnimmt und sich als zentrale Schnittstelle zwischen allen Betreibern und den Firmen und Bürgern einbringt. Die dafür notwendigen Daten stehen mit dem „Masterplan Gigabit“ zur Verfügung. Laut dem Experten sei es nun möglich, über das System den Netzausbau zu überwachen und Gebiete mit Priorität zu identifizieren. Angesichts der schnellen Entwicklung des Netzausbaus sei es essenziell, die Datenbasis in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren.
Aufgrund der hohen Bedeutung des Themas für die Stadtentwicklung empfiehlt er, diese Aufgabe nicht als kurzfristiges Projekt anzusehen, sondern unbefristet zu verstetigen. Die Perspektive der Breitbandkoordination sollte nicht auf den reinen Infrastrukturausbau beschränkt, sondern intensiv mit allen digitalen Themen verzahnt werden. Um eine möglichst effiziente und flächendeckende Versorgung zu erreichen, empfiehlt der „Masterplan Gigabit“, eine räumliche Priorisierung von Gebieten vorzunehmen, die sich an der Bedarfsentwicklung und Kapazität der derzeit verfügbaren Netze orientiert. Außerdem empfiehlt Erdmann, parallel zum Festnetzausbau eine ausgefeilte 5G-Strategie für die Glasstadt zu entwickeln. Ein Schritt dahin könnte die Etablierung eines 5G-Testfeldes in Kooperation mit den Netzbetreibern oder der Bundes- und Landesregierung sein. Ebenso denkbar sei die Unterstützung des Ausbaus im Rahmen eines „Small-Cells-Ansatzes“ durch die Nutzbarmachung von Straßenlaternen, Ampeln, Wartehäuschen und Informationstafeln. Durch die Erschließung dieser Anlagen mit Glasfaser und Funktechnik biete sich die Möglichkeit, die eigene Infrastruktur digital zu erneuern und durch die Vermarktung zusätzliche Einnahmen für die Stadt zu generieren.