AboAbonnieren

Blockbuster im IndustriegebietPremiere im Rheinbacher Autokino am Donnerstag

Lesezeit 4 Minuten

Kinoerlebnis einmal anders: Aus dem Auto schauen die Gäste auf die Leinwand, Snacks können online im Voraus geordert werden.

Rheinbach – Die Blockbuster wie der südkoreanische Oscar-Abräumer „Parasite“ oder das Sequel „Birds of Prey – The Emancipation of Harley Quinn“ waren sofort ausverkauft, für Sam Mendes’ hochgelobten Kriegsfilm „1917“ sind noch Tickets zu haben. All jene, die Eintrittskarten online gekauft haben, werden allerdings nicht im Kinosessel Platz nehmen, sondern im Auto vorfahren. Wenn heute Abend ab 21 Uhr Premiere ist im Autokino Rheinbach mit dem Rennstall-Epos „Le Mans 66“, dann geht ein lokales Projekt an den Start, das weit mehr ist als „nur“ eine Filmschau.

In der Krise zusammengerauft

„Einfach war vor Corona“, sagt Oliver Wolf. Jetzt muss man sich etwas einfallen lassen. Der Rheinbacher Event-Unternehmer und der Wachtberger „Drehwerk“-Betreiber Rudi Knorr haben sich zusammengetan, um in der Krise, die beide Unternehmen zu hundert Prozent trifft, etwas auf die Beine zu stellen, das die Firmen und die Beschäftigten zumindest ein wenig absichert. Die Idee, ein Autokino anzubieten, hatte Knorrs Sohn Samuel.

Auf einem Teil seines Firmengeländes hat der Rheinbacher Unternehmers Oliver Wolf das Autokino aufgebaut.

Mit ins Boot holten sie die Münsteraner Firma „moving movies“, die auch schon für das Rheinbacher Sommerkino die gesamte Projektions- und Audiotechnik beisteuert. Das Sommerkino der Bürgerstiftung am Hexenturm wird es 2020 Corona-bedingt ja auch kaum geben.

Nach einer passenden Location wurde zunächst in Wachtberg gesucht, die anvisierte Freifläche war aber nicht zu haben. Beim Gespräch in Oliver Wolfs Büro im Rheinbacher Industriegebiet kam dann die zündende Idee: Warum nicht das eigene Firmengelände nutzen?

Vier Wochen Arbeit im Vorfeld

Gut vier Wochen Vorbereitung steckt in dem Projekt. Schließlich musste eine der derzeit begehrten UKW-Frequenzen bei der Bundesnetzagentur beantragt werden, auch die Stadt Rheinbach musste zustimmen. Und die Filmauswahl? Jeder der Beteiligten gab seinen Wunschfilm an, Rudi Knorr verhandelte mit den Verleihern. Auch die waren froh, denn auch ihr Geschäft liegt zurzeit komplett brach. Selbst der neue Bond ging gar nicht mehr an den Start.

„Bad Boys for life“ hatte sich Deniz Demirci gewünscht. „Wir brauchen auch ein bisschen Mainstream“, sagt der Techniker, der für die Vorführungen zuständig ist und beim Aufbau von Leinwand und LED-Wand stark eingespannt ist. Weil sich Vorschriften fast minütlich ändern, muss auch er schnell reagieren. Eigentlich war auf der Wiese Platz für 100 Fahrzeuge bei 30 Zentimeter Abstand und geschlossenen Fenstern, Samstag dann kam die Info, auch für Fahrzeuge gelte der Mindestabstand von 1,50 Metern. Also musste alles neu abgesteckt und markiert werden. Spontan Lösungen finden muss Demircvi auch, wenn sein Chef Oliver Wolf für die offizielle Eröffnung heute Abend um 20.30 Uhr einen Hubsteiger braucht, damit man Bürgermeister Stefan Raetz auch in den hinteren Autoreihen sehen kann.

Logistik als besondere Herausforderung

Apropos: Die Logistik ist eine besondere Herausforderung, selbst für Oliver Wolf, der schon seit mehr als 20 Jahren im Eventgeschäft ist. Schließlich gilt es, das gesamte Kinovergnügen kontaktlos abzuspulen. Das beginnt mit der Online-Ticketbuchung, die übrigens seit dem Start am Montagabend reibungslos klappt. Um einen Rückstau im Industriegebiet zu vermeiden, werden die Fahrzeuge um das Betriebsgebäude von Wotec herum geleitet und dann von Einweisern je nach Größe auf die Standplätze dirigiert. SUVs stehen seitlich oder hinten. „Das wird schon spannend, ob das alles so klappt“, sagt Oliver Wolf. Mit der Online-Buchung kann auch ein Snack-Paket – Crunchy Coconut Caramel Popcorn und mehr – gebucht werden. Die Mitarbeiter stellen das bestellte Menü auf einen Tisch, der Autofahrer holt es dort ab. Also eine Menge Vorbereitung, bis der Cineast seinen Lieblingsfilm auf der 8,20 mal 4,10 Meter großen Leinwand sehen kann.

Einen Markierwagen, wie er beim Fußball verwendet wird, bedient Marvin Mehler, um die Stellplätze anzuzeichnen.

Erst einmal bis 31. Mai soll das temporäre Autokino geöffnet sein, bis dahin gilt die Genehmigung. Allerdings hat Oliver Wolf schon sehr viel mehr Ideen. Er kann sich hier Konzerte auf einer kleinen Bühne vorstellen; auch deshalb hat er die Leinwand verschiebbar installieren lassen. Björn Heuser, der schon im „Drehwerk“ aufgetreten ist, hat Interesse bekundet, Bands haben sich gemeldet, die gerne auftreten würden. „Level zwei“ nennt es Oliver Wolf. Die Musik könnte wieder per Autoradio übertragen werden, das Bild käme über die LED-Walls. Ab 8. Mai soll es auch ein Kinderprogramm im Kino geben, nachmittags für Familien. Dann darf das Auto voll besetzt sein und nicht wie jetzt mit nur zwei Personen bei den Abendvorstellungen.

An diesem Wochenende soll der Kino-Ablauf getestet, sollen Schwachstellen ausgelotet werden. Wenn es gut läuft, kann sich Oliver Wolf noch so einiges vorstellen. Gespräche mit dem Meckenheimer Verbund und der Gemeinde Wachtberg laufen bereits. „Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagt Wolf, „und wir möchten den Menschen auch ein bisschen Lebensfreude zurückgeben“.

https://drehwerk-1719.de/autokino/