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Serie „Jecke Historie“Als Gisela I. und Ferdi I. in Altendorf-Ersdorf regierten

Lesezeit 4 Minuten

Vor 20 Jahren waren Gisela und Ferdi Hilberath das Prinzenpaar 

  1. Für Jecke ist es eine harte Session. Corona-bedingt keine Sitzungen, keine Züge, kein Spaß im Saal und auf der Straße.
  2. Die Rundschau schaut mit der Serie „Jecke Historie“ in die Geschichte der Narretei in der Region.
  3. Heute: Gisela I. und Ferdi I. (Hilberath), die 2000/2001 in Altendorf-Ersdorf regierten.

Altendorf-Ersdorf – Als sie vor 20 Jahren als Gisela I. (Hilberath) im Meckenheimer Stadtteil mit Ehemann Ferdi die Jecken regierte, kamen selbst gute Freunde aus dem Staunen nicht heraus – und sogar die Töchter kommentierten die unerwartete Nachricht mit ungläubiger Zurückhaltung. Trotz aller Unkerei wurde die Regierungszeit von Gisela und Ferdi Hilberath in der Session 2000/2001 dennoch ein Erfolg – und Karneval wird im Ort bis heute gefeiert, wenngleich momentan auch in sehr gemäßigter Form. „Wir sind damals überall gut angekommen“, bilanziert der heute 66-jährige ehemalige Prinz rückblickend. Woran lag das? Und wie kamen zwei im Grunde recht gemäßigte Karnevalisten, die bis dahin nicht in einem Verein organisiert waren, zu einem der höchsten Ehrenämter im Karneval? Die Antwort lautet: Durch Zufall – und einer anfangs nicht ernst gemeinten spontanen Provokation.

So sei er nach einer Herrensitzung im Januar 1999„etwas angetrunken“ nach Hause gekommen und habe seiner Frau davon erzählt, wie er die Prinzessin geküsst habe, erzählt Ferdi Hilberath. „Und das nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals.“ Spontan habe ihm seine Frau darauf geantwortet, dass er das nun „die ganze nächste Session“ tun könne – mit ihr! Geglaubt habe er eigentlich nicht an diese Ansage, gesteht Hilberath, zumal Ehefrau Gisela bis zu diesem Zeitpunkt weder Karnevalistin gewesen sei, noch in dieser Hinsicht konkrete Pläne gehabt habe. Nichtsdestoweniger, den Worten folgten die Vorbereitungen aufs hohe Amt. Und die Prinzessin in spe bewies im Verlauf, dass sie gewillt war, die Sache bis zum Ende durchzuziehen. Das Ornat, das geändert wurde, besorgte Ferdi Hilberath von einem Arbeitskollegen. Das Prinzenkostüm kann momentan im Stadtmuseum Burg Altendorf als Teil der Sonderausstellung „Altendorf-Ersdorf – Die wechselhafte Geschichte des Doppelortes“ betrachtet werden.

Die „Söße Möhne“ in der Nachkriegszeit. 

Mit Hilfe des Kegelclubs „Gemischtes Doppel“, den „Sößen Möhnen“ und handwerklich begabten Privatleuten aus dem Dorf wurde der weiß-rote Wagen in Form eines Hutes selber gebaut und auch finanziert. Rund 9000 Krepp-Röschen wurden gerollt und mit dem Heißluftkleber angebracht. „Da gab es einige verbrannte Finger“, erinnern sich beide. Das Motto „Alle unter einem Hut“ gab das Ziel vor: „Wir wollten, dass alle mitmachen.“ Der karnevalistische Leitsatz war übrigens Initialzündung zur Gründung eines Ortsausschusses, in dem alle Vereine von Altendorf und Ersdorf inklusive Schule und Kindergarten bis heute mit je einer Stimme vertreten sind. „Wir wollten, dass alle Vereine zusammenarbeiten, auch um Termine besser koordinieren zu können.“

Eine Tanzgruppe um Tochter Katharina begleitete die Tollitäten. Die „Söße Möhne“ in der Nachkriegszeit. 

Begleitet wurde das letztlich von den „Söße Möhne“ im Herrenhaus Burg Altendorf vorgestellte Prinzenpaar – eine Proklamation gab es nicht – von einer eignen Tanzgruppe um Tochter Katharina. Die tanzbegeisterte 16-Jährige hatte die standesgemäße Entourage persönlich organisiert und stand mit auf der Bühne. Von den zahlreichen Auftritten in Altendorf, aber auch Meckenheim, Lüftelberg, Merl und Wormersdorf, Rheinbach und sogar Heimerzheim, ist dem Paar vor allem der Besuch am Meckenheimer Standort der Bonner Werkstätten in Erinnerung geblieben. „Das war überwältigend, wir sahen diesen Menschen wirklich an, dass wir ihnen eine große Freude gemacht hatten“, beschreibt Ferdi Hilberath die Stimmung und fügt hinzu: „Die kleinen Blumensträußchen, die wir verteilten, hielt jeder ganz fest in Händen.“ Bis heute erinnern sich Gisela und Ferdi Hilberath gerne an diese Zeit zurück, auch wenn es wegen der Termine oft stressig war, denn Urlaub gab es für die Tollitäten in jener Zeit nicht: „Manchmal wartete ich noch auf Kunden, da fuhren andere hupend an mir vorbei, die zur selben Veranstaltung wollten“, sagt Gisela Hilberath, die als Hausverwalterin tätig war. Heute ist das Paar Mitglied im Meckenheimer Prinzen Club, bei der Prinzengarde und beim Bohnenball-Team, das an Karneval jeweils samstags ein Kostümfest organisiert.

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Außerdem tanzt Ferdi Hilberath im ortseigenen Männerballett „Dicke Föös“ und Ehefrau Gisela ist seit elf Jahren Vorsitzende der „Söße Möhne“. Die Möhnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, jedes Jahr an Weiberfastnacht für die Frauen der beiden Ortsteile eine Sitzung zu organisieren. Seitdem Gisela Hilberath das Zepter in der Hand hält, werden dazu auch Kölner Kräfte rekrutiert, so dass die Mehrzweckhalle jedes Mal ausverkauft ist. Gefeiert wird ebenfalls die offizielle Sessions-Eröffnung am 11. November, die im vergangenen Jahr jedoch ruhig ausfiel. Obermöhn Gisela Hilberath und ihre Helferinnen verteilten lediglich den Sessionsorden „Söße Möhne Al -Ersch - Mir fiere alleen“ mit einer langen Stange, um den Sicherheitsabstand einzuhalten.