Am Ortsausschuss vorbeiAltendorferin meldet Doppelort zum Dörferwettbewerb an

Lesezeit 6 Minuten
Ein Kreuz am Obsthof Rönn in Ersdorf mit Abendmahlszene

Ein Kreuz am Obsthof Rönn in Ersdorf mit Abendmahlszene

Die Altendorferin Simone Düllmann-Peckert hat den Meckenheimer Doppelort Altendorf/Ersdorf zum Dörferwettbewerb angemeldet. Der Ortsausschuss fühlt sich übergangen.

„Warum wir hier mitmachen? Nun ja, wir sind einfach eine megageniale Dorfgemeinschaft, ein bisschen wild, ein bisschen verrückt, aber mit dem Herz am richtigen Fleck. Wir wollen unser Dorf so erhalten, wie es ist, lebenswert, liebenswürdig und aktiv. Wir sorgen uns um die Verbesserung unserer Infrastruktur, zanken uns deshalb auch schon mal mit der Verwaltung, um unsere Interessen durchzusetzen. Wir sind aktiv und motiviert, als Dorf das Beste für uns herauszuholen.“

Klingt gut, wie Simone Düllmann-Peckert ihren Heimatort Altendorf-Ersdorf in der Bewerbung beschreibt. Als Einzelperson hat sie den rund 2300 Einwohner starken Doppelort für den aktuellen Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ angemeldet. Aber wer ist „Wir“?

„Das sind die Bürger aus der Bachstraße, Gewerbetreibende, rund 20 Leute“, sagt die Altendorferin auf Anfrage. Der Ortsausschuss ist es jedenfalls nicht, die beiden Ortsvorsteher auch nicht, die meisten Vereine auch nicht, die wussten nämlich von nichts. Düllmann-Peckert will jetzt einer Einladung des Ortsausschusses zum Gespräch am Donnerstag folgen.

Dabei schreibt sie in die Bewerbung: „Jetzt kommt das absolute Highlight: 20 Vereine. 20 Vereine, das ist für unseren Doppelort so etwas wie das Doppelherz: Es hält uns am Leben, es ist unser Leben, wir sind mit Feuer und Flamme in diesen Vereinen engagiert.“ Auch der Ortsausschuss ist ein Verein, und zwar ein gemeinnütziger.

„Von Bürgern aus dem Dorf“

„Den Ortsausschuss betrifft das doch gar nicht, der organisiert doch nur die Termine für die Vereine“, meint Düllmann-Peckert, die seit sechs Jahren in Altendorf zu Hause ist. „Sie wollten das Dorf gar nicht anmelden, sie hatten gar kein Interesse daran.“ Außerdem gebe es noch keinen Termin mit der Jury des Kreises, der die Bewerbung übrigens angenommen hat, wie die Kreisverwaltung auf Anfrage bestätigte. Wenn der Termin feststehe, dann wolle sie es mitteilen. „Es ist eine Aktion von Bürgern aus dem Dorf. Wir machen doch nichts Schlimmes“, sagt Düllmann-Peckert.

Den Unmut, den ihre Aktion bei den Ortsgremien hervorgerufen hat, kann sie nicht nachvollziehen. „Wir bestehen gar nicht darauf, vorher gefragt zu werden. Aber das sind nun mal die Gepflogenheiten, dass man miteinander spricht“, sagt Dieter Brinkhaus, Vorsitzender des Ortsausschusses, im Gespräch mit der Rundschau. Die Initiatorin habe auch „mit keinem Verein gesprochen, der bei uns Mitglied ist“.

Das Treffen am Donnerstag soll „kein Strafgericht werden, es geht uns um die Art und Weise der Bewerbung“. Die habe man nämlich schon selbst auf dem Schirm gehabt, sie aber für verfrüht gehalten. Brinkhaus: „Wir haben LEADER-Projekte im Ort, die aber noch nicht abgeschlossen sind. Wir würden sie gerne zeigen, wenn sie fertig sind.“ Düllmann-Peckert stelle es in ihrer Bewerbung so dar, als gebe es Probleme zwischen Alt- und Neubürgern im Doppelort, „aber es gibt diesen Keil nicht“.

Dass der Ortsausschuss nichts mit einer solchen Bewerbung zu tun hat, sieht auch Otmar Soukup, ehemaliger Ortsvorsteher von Altendorf, ganz anders. Er, der nach heftigen Querelen um einen Ballspielkorb (wir berichteten) als Ortsvorsteher zurückgetreten war, aber noch im Gremium mitarbeitet, erinnert daran, „dass der Ortsausschuss das Vereinsleben im Ort koordiniert“. Er sieht Düllmann-Peckerts Bewerbung als „totalen Eigenlauf“.

Der Ausschuss habe sehrwohl überlegt, am Dörferwettbewerb teilzunehmen, „aber für dieses Jahr ist es noch zu früh“. Ziel des Gesprächs am Donnerstag sei auch, Düllmann-Peckert davon zu überzeugen, ihre Bewerbung zurückzuziehen und sich später gemeinsam mit den Ortsvereinen zu bewerben. Und wie beschreibt er die Stimmung im Ort zurzeit? „Besch...“, sagt Soukup, „hier geht vielen einiges auf den Geist“.

„Wir können nicht guten Gewissens sagen, unser Dorf hat Zukunft. Nicht bei dem, was hier gerade los ist“, ergänzt der Ersdorfer Ortsvorsteher Ferdinand Koll. Gerade erst habe er eine Bürgerin am Telefon gehabt, die sich über den Zwist geärgert hat und möchte, dass sie von den Querelen nicht mehr behelligt werde. „Ich sage nicht zu allem Ja und Amen, aber man kann mit mir reden“, betont Koll. Angesprochen worden sei er von Düllmann-Peckert aber nicht. „Als Neubürgerin sollte man doch mal schauen, wie der Ort funktioniert“, rät Koll.

Auf die Frage, warum sie denn nicht im Vorfeld das Gespräch mit Soukup und Koll gesucht habe, sagt Düllmann-Peckert: Es gebe ein Grüppchen um die beiden, sie nennt es einen „Alte-Herren-Club.“ Daran scheitere einiges. Außerdem habe sie über Facebook informiert, das könne jeder sehen. „Der Wettbewerb heißt ja ,Unser Dorf hat Zukunft‘ und nicht: Wir trauern der Vergangenheit hinterher. Wir haben hier wirklich viele tolle engagierte Menschen haben, die sonst wenig Beachtung finden, weil sie einfach zu den ,Leisen‘, den ,Ehrlichen‘, den ,Rechtschaffenen‘ gehören, die nicht politisch ,rumpoltern‘. Menschen mit Rückgrat, die zu ihrer Meinung stehen. Und genau die wollen wir hier abholen und mitnehmen im Wettbewerb.“

Mit dem Kopf durch die Wand ist nie der richtige Weg.
Holger Jung, Bürgermeister der Stadt Meckenheim

Solch eine Bewerbung „sollte von einem ganzen Ort getragen werden“, meint der Meckenheimer Bürgermeister Holger Jung auf Anfrage. Es sei schade, wenn die grundsätzliche Chance, die der Ort ganz sicher habe, nicht die bestehenden Strukturen einbeziehe. Vielleicht stecke ein „gewisses Maß an Naivität dahinter“, so Jung. „Mit dem Kopf durch die Wand ist nie der richtige Weg.“


Regeln für den Dörferwettbewerb

Die Kreisverwaltung in Siegburg hat die Federführung beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ auf regionaler Ebene. Zu den Regeln schreibt Pressesprecher Antonius Nolden auf Anfrage der Rundschau: „Teilnahmeberechtigt sind räumlich geschlossene Ortschaften oder Gemeindeteile mit überwiegend dörflichem Charakter bis zu 3000 Einwohnern oder Gemeinschaften von benachbarten Dörfern mit insgesamt 3000 Einwohnern. Da eine Ortslage/ein Dorf nur zukunftsfähig sein kann, wenn viele Bewohnerinnen und Bewohner hinter ihrem Dorf stehen, werden Bewerbungen von Einzelpersonen nicht angenommen. Es muss aber kein eingetragener Verein sein, der an dem Wettbewerb teilnehmen möchte, es reicht eine „Dorfgemeinschaft“ – also eine Gemeinschaft von aktiven Bewohnerinnen und Bewohnern.

Gemäß Aufruf des Bundes, an dem sich die Länder und Kreise orientieren, heißt es „Die Initiative zur Teilnahme kann von Vereinen, Initiativen und Gemeindevertretungen ausgehen.“ Ob nun die Bereitschaft an dem Wettbewerb teilzunehmen durch einen Mehrheitsbeschluss signalisiert wird, oder ob eine Gruppe an engagierten Bürgerinnen und Bürgern sich zum Wettbewerb anmelden, ist für uns, dem Rhein-Sieg-Kreis, als Durchführende des Kreiswettbewerbs nicht von Bedeutung. Spätestens bei der Bereisung wird sich herausstellen, ob es wirklich nur eine kleine Gruppe ist, die teilnimmt, oder ob ein Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner dahinter steht. Dies wird dann in die Bewertung einfließen.

Nolden weiter: „Aus der Erfahrung heraus kann gesagt werden, dass ein Mehrheitsbeschluss eines Ortsausschusses bzw. Dorfvereins nicht bedeuten muss, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes hinter der Dorfentwicklung und damit Teilnahme am Kreiswettbewerb stehen. Auf die Ortslagen Altendorf/Ersdorf bezogen, haben wir geklärt, dass nicht nur eine Person an dem Wettbewerb teilnehmen möchte, sondern dass eine Initiative, bestehend aus mehreren Bewohnerinnen und Bewohnern, dahinter steht.“

Nachtmodus
Rundschau abonnieren