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Posse um Blumen am HerrenhausPflanzpatin will Entschuldigung von der Stadt Meckenheim

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Simone Düllmann-Peckert aus Altendorf ist Grünpatin der Stadt Meckenheim.

Simone Düllmann-Peckert aus Altendorf ist Grünpatin der Stadt Meckenheim.

Eine Grünpatin als „Freiflächenfreibeuterin“ und ein Hausmeister eines Herrenhauses, der ihr die gepflanzten Blumen vor die Haustür wirft, machen der Stadt Meckenheim zu schaffen.

Meckenheim hat eine „Freiflächenfreibeuterin“, und die hält der Stadtverwaltung nun in einem blumigen Schriftverkehr den hoheitlichen Auftrag für ihre Tat am Herrenhaus in Altendorf vor: das Patent als Grünpatin. An der Rückseite des Herrenhauses hatte sie Blumen zur Verschönerung einer Zugangsrampe und einer WC-Anlage gepflanzt; ihr erster Widersacher war der Hausmeister, dann folgte Gegenwind aus verschiedenen Fachabteilungen und vom Ersten Beigeordneten. Nun verlangt Simone Düllmann-Peckert, denn um die geht es, vom Bürgermeister Aufklärung und Entschuldigung, zumal er ihre Urkunde unterzeichnet habe. Auch von Schadensersatz ist die Rede.

Düllmann-Peckert ist im Ort nicht nur bekannt durch ihre Bewerbung um das Amt der Ortsvorsteherin. Die 56-Jährige hat einen weithin gerühmten Garten, in dem auch mehr als ein Dutzend Hühner, zwei Hunde und vier Enten zuhause sind. Vor etwa sechs Jahren hatte sie ihr jetziges Wohnhaus in Meckenheim gekauft, und den Garten von null an aufgebaut. Am Anfang sei er leer gewesen, nur eine Kiefer habe darin gestanden, sagte sie der Rundschau, als sie sich zum Ende des vorigen Sommers zu einem Gartenfotowettbewerb des Landes angemeldet hatte (sie wurde, wie sie sagt, 63. von weit mehr als 1000 Teilnehmern). Bei der Veranstaltungsserie „Offene Gartenpforte Rheinland“, mache sie seit Jahren mit.

Mit dieser Erfahrung ging sie auch die Bepflanzung am Herrenhaus in Altendorf an, das der Stadt Meckenheim gehört und auch Stadtmuseum ist. Am Donnerstag, 9. Mai, kam das Unheil in Fahrt: Der Hausmeister entfernte die Pflanzen. Am nächsten Morgen meldete Düllmann-Peckert ins Rathaus: „Nachdem gestern alle Pflanzen zerstört wurden, habe ich heute Morgen im Sängerhof neue gekauft.“ Wieder sei sie vom Hausmeisterehepaar an ihrer Arbeit gehindert worden und zur Vorlage einer Bescheinigung aufgefordert worden, „dass ich das darf“, dabei sei sie „aber bereits offizielle ehrenamtliche Pflanzpatin“.

Das Herrenhaus der Burg Altendorf ist auch das Meckenheimer Stadtmuseum

Das Herrenhaus der Burg Altendorf ist auch das Meckenheimer Stadtmuseum

Der Zeitpunkt ihrer Ernennung ist ein Großteil des Öls, das seitdem Grünpatin und Verwaltung gegenseitig ins Feuer geschüttet haben. „Sie besaßen weder eine Erlaubnis, noch hat eine Grünpatenschaft für diesen Bereich vorgelegen. Diese Grünpatenschaft haben Sie erst ab dem 22.05.2024 erlangt“, übermittelte der Altendorf-Ersdorferin der städtische Fachbereich Bildung, Kultur und Sport am 28. Mai zu der Pflanzung hinter dem Herrenhaus. Die vorige Patenschaft habe sich bloß auf die „Außenanlage“ des Gebäudes bezogen.

Stadt Meckenheim kontert mit Paragrafen

Und dann folgen Paragrafen, zumal es längst um den Vorwurf einer Sachbeschädigung ging: Denn die Pflanzung sei verbotswidrig erfolgt und nach §94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, BGB, „wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der Stadt Meckenheim“ geworden. Nach § 946 BGB sei die Stadt damit Besitzerin der Blumen, sodass „auch keine Sachbeschädigung an Ihrem Eigentum vorliegt“. Im Klartext: Als der Hausmeister die Pflanzen entfernte, gehörten sie nicht mehr der Grünpatin. Es geht um acht Lavendel, zwei persische Rosen und Rosmarin, die sie neben den Weg zur Toilette in den Rasen gesetzt hatte – wie abgesprochen, wie sie beteuert

Und so eskaliert der Fall seit Wochen; Düllmann-Peckert lässt keine Behauptung auf sich beruhen. Als der Mann auf das Hausrecht verweist, das ihm am Morgen im Rathaus bestätigt worden sei, fragt sie in der für sie zuständigen Fachabteilung nach und schreibt danach in einer Mail an den Verwaltungsvorstand der Stadt: „Nun habe ich selber im Rathaus angerufen und erfahren, dass heute niemand im Grünflächenamt vorgesprochen hat und auch niemand da gewesen wäre“, der ihm diese Info gegeben haben könnte. Sie bittet um eine Entscheidung noch am selben Tag, „weil morgen das Maipaar kommt“.

Der Gegenwind aus der Verwaltung hat Düllmann-Peckert jedoch „verwundert“. Sie findet, die Stadt habe die Kausalität umgedreht und „durch die angeblich nicht vorliegende Pflanzberechtigung“ aus ihr „eine potenzielle Freiflächenfreibeuterin“ gemacht, schrieb sie an den Bürgermeister. Dies werde sie nicht hinnehmen. Die von ihm, dem Bürgermeister, unterzeichnete Urkunde vom 11. August 2022 weise sie als Patin für die Begrünung der öffentlichen Außenanlage am Herrenhaus auf der gesamten Parzelle an der Burgstraße 5 aus, und zum Außengelände gehörten sicherlich auch der barrierefreie Zugang zum Herrenhaus sowie die Toiletten, argumentiert die Schreiberin.

Von „Selbstjustiz“ ist die Rede

Als Beweis der vorherigen Absprache mit dem Grünflächenamt verweist Düllmann-Peckert auf einen Verbindungsnachweis mit der Telefonnummer der Sachbearbeiterin am 30. April um 11.55 über dreieinhalb Minuten: „Es gab keinerlei Einwände ihrerseits (!).“ Ein „Inabredestellen des positiven Telefonats und der Pflanzinformation“, so Düllmann-Peckert in dem Schreiben, „wäre ein fatales Signal für ALLE (!) ehrenamtlichen Pflanzpaten der Stadt Meckenheim“. Die Pflanzen seien durch den Hausmeister in „Selbstjustiz“ entfernt und dann „obendrein als ‚Grünabfall‘ auf einen öffentlichen Gehweg vor mein Haus gekippt worden“.

Auch dazu gab es eine trockene Anmerkung aus dem Fachbereich: „Was die Pflege der Außenanlagen anbelangt, so ist für die reguläre Müllentsorgung die jeweilige Hausmeisterin zuständig. Die Kontroll- und Überwachungspflicht für die Pflege der Außenanlage obliegt dem Arbeitgeber der Hausmeisterin. Diese führt der Arbeitgeber im eigenen Ermessen durch.“

Einer solchen Grünpatenschaft liegt auch immer ein Vertrauensverhältnis zwischen Stadt und Pate zugrunde, weil es Sinn und Zweck eines solchen bürgerschaftlichen Engagements ist, dass der Einsatz abgestimmt und den Zielen der Stadt folgt. Ich würde mir wünschen, dass alle Beteiligten sich hierauf verlassen dürfen.
Hans Dieter Wirtz, Erster Beigeordneter von Meckenheim

In Vertretung des Bürgermeisters schrieb am 11. Juni der Erste Beigeordnete Hans Dieter Wirtz. Er dankte der Frau für ihren Einsatz, erwähnte eine zwischenzeitliche Klärung und stellte klar, dass zur ersten Pflanzung (inzwischen gibt es eine neue) noch keine Berechtigung dazu vorgelegen habe. Wirtz fügte hinzu: „Einer solchen Grünpatenschaft liegt auch immer ein Vertrauensverhältnis zwischen Stadt und Pate zugrunde, weil es Sinn und Zweck eines solchen bürgerschaftlichen Engagements ist, dass der Einsatz abgestimmt und den Zielen der Stadt folgt. Ich würde mir wünschen, dass alle Beteiligten sich hierauf verlassen dürfen.“

Genau dieser letzte Satz erzürnte Düllmann-Peckert erneut. Sie legte per Mail, wie sie es formulierte, „Widerspruch“ ein, was ihr eine Belehrung über den Widerspruch als „möglichen Rechtsbehelf gegen eine Verfügung einer Behörde“ einbrachte und die Bitte von „weiterem Mailverkehr in dieser Angelegenheit abzusehen“. Eine Anmerkung, die die Schreiberin vollends auf die Palme bringt, und sie schrieb zurück: „Mir platzt nun langsam wirklich die Hutschnur.“ Schadensersatz sei der Hausmeister schuldig, die Verwaltung habe die Aufklärung des Sachverhalts zu leisten und ihr einen Abschlussbericht zukommen zu lassen. Sie lasse sich keine Verfehlungen andichten und lasse notfalls schreiben, und: „ich lasse mir schon gar nicht von Ihnen sagen, wann es Zeit ist, aufzuhören, Mails zu schreiben“.

Dem Bürgermeister sprach Düllmann-Peckert den Mut ab, selbst zu antworten. Man darf also gespannt sein, wer in diesem Stück aus dem Leben, das kein erdichteter Bauernschwank ist, den nächsten Brief verfasst und den vorerst letzten beantwortet, der mit der Floskel endete: „Mit ungeduldigen Grüßen aus dem gallischen Altendorf“.


Die Stadt Meckenheim verweist auf die wunderbare Arbeit der Grünpaten in den vorigen Jahren. Seit Jahrzehnten engagieren sich Bürger für die Bepflanzung in der Stadt, als Dankeschön gab es im vorigen Jahr die bereits achte Grünpatenparty, bei der immer ein Fachvortrag gehalten wird, um den Ehrenamtlern etwas zurückzugeben. 179 Hobbygärtner waren im vorigen Jahr beteiligt. Sie arbeiten allesamt unentgeltlich und zahlen auch für das benutzte Material.