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Prozess in BonnMeckenheimer erneut wegen Missbrauch vor Gericht – Nichte war Opfer

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte und sein juristischer Beistand im Bonner Gerichtssaal.

Der Angeklagte und sein juristischer Beistand im Bonner Gerichtssaal.

Vor dem Bonner Landgericht muss sich 62-jähriger Meckenheimer nach 13 Jahren erneut wegen besonders schwerer Vergewaltigung verantworten - Diesmal droht die Sicherungsverwahrung.

Es scheint das erschreckende Drehbuch seines Lebens zu sein: Zweimal entscheidet sich ein 62-jähriger Meckenheimer, einst im öffentlichen Dienst beschäftigt, das Horror-Szenario einer grausamen Vergewaltigung ablaufen zu lassen.

In beiden Fällen wurden Frauen zum Opfer seiner Gewaltfantasien, die er gut kannte: 2011 vergewaltigte er, damals 49 Jahre alt, eine 44-jährige Freundin, die ihn besucht hatte, und wurde vom Landgericht Bonn zu fast sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, die er größtenteils auch abgesessen hat. 13 Jahre später, in diesem März, bemächtigte er sich der 41-jährigen Tochter seines Bruders, die in seiner Rheinbacher Wohnung zu Besuch war. Gestern startete vor der 10. Großen Strafkammer erneut ein Prozess wegen besonders schwerer Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung sowie Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Der Angeklagte soll während des ganzen Geschehens die Nichte wiederholt mit ihrem Handy fotografiert und später die Bilder auf sein Mobiltelefon überspielt haben.

Prozess in Bonn: Genau wie vor 13 Jahren

Verblüffend – laut der Verlesung der Anklage – die fast identische Vorgehensweise: In beiden Fällen war der Angeklagte vor der Tat in einer depressiven Grundstimmung gewesen, denn eigentlich wollte er sich das Leben nehmen. Zuvor jedoch soll er sich dazu entschieden haben, noch was sexuell zu reißen: So empfing er die Nichte, nachdem sie geklingelt hatte, mit einer Schreckschusspistole, und forderte sie auf, sich auszuziehen. Die 41-Jährige versuchte noch vergeblich über den Balkon zu fliehen, aber der Angeklagte hielt sie fest, schlug sie und riss ihr die Kleider vom Körper. Als die Frau sich wehrte und nach ihm trat, fesselte er sie an den Händen mit Kabelbindern und an den Füßen mit Seilen. Später wurde sie noch geknebelt, der Mund zudem mit Klebeband verschlossen. Drei Mal vergewaltigte er seine Nichte.

Beim dritten Mal stülpte er ihr – wie schon beim Verbrechen 13 Jahre zuvor – einen Plastiktüte über den Kopf und verschnürte sie mit einem Seil. Denn die Todesangst des Opfers – so hieß es bereits im ersten Urteil – „erregte ihn zusätzlich“. Anschließend zerschnitt er die Fesseln. Dabei fügte er der 41-Jährigen eine Verletzung mit dem Messer zu. Er erklärte, er wolle sich das Leben nehmen und rührte Tabletten in ein Glas Wasser. Die Nichte soll ihn vom Suizid abgehalten haben. Dafür versprach sie ihm, niemandem etwas von dem Vorfall zu erzählen. Tatsächlich ging die junge Frau sofort zur Polizei und zeigte ihren Onkel an. Einen Tag später wurde er festgenommen, seitdem sitzt der Wiederholungstäter in U-Haft. In diesem zweiten Bonner Verfahren steht jetzt die Sicherungsverwahrung für den 62-Jährigen an.

Sexualstraftäter droht lange Haft

Zur Klärung wurde eigens der psychiatrische Sachverständige Dr. Wolfgang Schwachula beauftragt, der den Angeklagten bereits im ersten Verfahren begutachtet hatte. Falls die Sicherungsverwahrung angeordnet werden sollte, kommt der einschlägige Sexualstraftäter über Jahrzehnte nicht mehr, höchstens nach vielfacher Prüfung, auf freien Fuß. Sein Verteidiger Hagen Sven Seipel hatte nach der Anklageverlesung die Richter dringend um ein Rechtsgespräch gebeten, stieß aber beim Kammervorsitzender Marc Eumann auf eine klare Absage: „Sie wissen, was hier im Raum steht. Eine Maßregel wie die Sicherungsverwahrung ist nicht verhandelbar.“

Dem Angeklagten, der in türkisfarbenem Jogginganzug erschien (beim Umzug von Köln in die JVA Siegburg waren die Klamotten des Häftlings verloren gegangen), scheint klar zu sein, was die Stunde geschlagen hat. Er saß mit seinem farbigen Outfit zwischen seinen Verteidigern. Vor 13 Jahren noch hatte der Mann sich für seine „abscheuliche Tat“ entschuldigt und dem Opfer 12 000 Euro Schmerzensgeld gezahlt. Ein Versöhnungsgeste wird ihm diesmal nicht helfen.