Liebe setzt sich durchMaibaum-Verkauf und Lieferservice sind trotz Pandemie begehrt

In Rösberg besorgt sich ein junger Mann gleich zwei Bäume.
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Rhein-Sieg-Kreis – „Wir wollen, dass das ganze Dorf bunt wird“, erklärte Dominik Bolde. Dafür rief der erste Vorsitzende des Junggesellenvereins (JGV) Fidelitas Heimerzheim mit seinem Kameraden einen Maibäumchen-Lieferservice ins Leben. Allerdings sprengten die Bestellungen schnell den geplanten Rahmen: Eigentlich sollten nur Bäume in Heimerzheim ausgeliefert werden, aber die Anfragen erreichten den JGV auch aus Meckenheim, Wachtberg und Bonn. Am Ende war die Liste 56 Namen lang.
Ursprünglich war geplant, fertig geschmückte Bäume auszuliefern. „Nur zwei bis drei Meter hoch, deswegen haben wir es Bäumchen-Lieferservice getauft“, erklärte Bolde noch, als die Aktion anlief. Aus den Bäumchen wurden dann doch fünf bis sieben Meter hohe Stämme, die der JGV allesamt am vergangenen Sonntag mit einem Forstteam aus dem Wald holte.

In Gielsdorf wird der Dorfmaibaum mit dem Traktor gestellt.
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Am Ende wurden nicht alle Bäume geschmückt, und auch nicht alle ausgeliefert. Die Gruppe teilte sich in drei Trupps auf. „Zwei Zweierteams liefern coronakonform Bäume im Umkreis von fünf Kilometern aus. Ein Team bleibt in Heimerzheim, wo die Leute von weiter weg ihre Bäume abholen kommen“, erklärte der Vorsitzende. Zudem ging dem Brauchtumsfan das Herz auf, als viele Besteller den Wunsch äußerten, ihren Maibaum selbst zu schmücken. „Es gibt zum Beispiel einen Vater, dem liefern wir den Baum und das Kreppband und er schmückt dann mit seiner Tochter – einfach toll“, schwärmte er.
Entstanden ist die Idee durch das Beispiel der Martinsstuten, die im Vorjahr in Heimerzheim nicht wie üblich abgeholt oder an einer Stelle verteilt wurden, sondern coronabedingt von einem einzelnen Sankt Martin zu den Kindern an die Tür gebracht wurden. „Da haben wir uns gedacht, wenn die Leute nicht zu uns kommen können, dann bringen wir die Bäume eben hin“, so Bolde. Das Ziel der Junggesellen: „Wir wollten trotz der Pandemie das Brauchtum pflegen und auch ein Lebenszeichen in Coronazeiten geben“, erzählte Bolde.
Dabei zwang die Pandemie den JGV dazu, neue Wege zu gehen, denn ein Baumverkauf war zuvor nie Aufgabe der Vereine. „Wir stellen Bäume, vor allem den großen Dorfbaum, den wir auch in diesem Jahr organisieren, wir verkaufen sie normalerweise nicht“, erklärte der Vorsitzende. Kreppband war beim Club Fidelitas laut Bolde ausreichend vorhanden, auch noch aus dem Vorjahr, als die Maibaumtradition zum ersten Mal brachlag.

Joshu Maeding und Guido Bolde (v.l.) schmücken die bestellten Birken in Heimerzheim.
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So machten sich die Junggesellen am Freitagmorgen daran, alle geschmückt bestellten Bäume zu dekorieren. Anschließend wurde aufgesattelt. „Wir haben uns natürlich schlau gemacht und abgesichert, wie wir die Auslieferung machen können. Es erfolgt durch die Vorabbezahlung alles möglichst kontaktlos.“ Der Betrag von 15 Euro pro Baum war für den JGV laut Bolde nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung: „Wir machen das nicht, um Geld damit zu verdienen, sondern um es zu ermöglichen, dass einige trotz der Pandemie ihrer Liebsten einen Maibaum stellen können.“
Spätestens um 19 Uhr sollte alles fertig sein, damit bis zur Ausgangssperre alle wieder zu Hause waren.
Die Fidelitas-Mannen wollten aber auch ein Zeichen im ganzen Ort setzen und Farbe in den grauen Corona-Alltag bringen. „Wir überraschen alle Gaststätten, Kindergärten und auch die Feuerwehr in Heimerzheim. So viele bunte Birken hat es in Heimerzheim am 1. Mai vermutlich noch nie gegeben“, so Bolde.
Alfter
„Es ist eine große Herausforderung, den Dorfmaibaum mit nur zwei Mann zu stellen, wenn sonst 20 Junggesellen helfen. Da müssen wir kreativ werden und der Traktor muss herhalten“, berichtete Benedikt Kreuzberg. Der Vorsitzende der Männerreih im JGV Gielsdorf ist sich aber sicher: „Das wichtigste am Brauchtum ist dieser Baum.“
Dabei schwirrte eine Drohne umher, die Gielsdorfer filmten den ganzen Prozess. „Um den Menschen den Brauch trotz der Pandemie nach Hause zu bringen“, berichtete Kreuzberg. Das Video ist auf Facebook beim JGV zu sehen. Auch die Gielsdorfer mussten sich der Ausgangssperre anpassen: „Normalerweise steht der Baum so um 19.30 Uhr, diesmal fangen wir schon mittags an.“ Für den Mai 2022 wünschen sich die Junggesellen wieder Normalität: „Es gibt wieder kein Maifest, kein Maipaar, die meisten Vereine haben ihre Saison ganz abgesagt. Wir haben es gar nicht für möglich gehalten, dass wir zwei Jahre in Folge aussetzen müssen und hoffen alle, dass es nun das letzte Mal war.“
Bornheim
„Meine Freundin wird sich riesig freuen“, meinte Tobias Epping (44). Am Freitagmittag war er Teil einer ganzen Schar von Männern, aber auch Frauen und Familien eilten zum Maibaumverkauf der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Bornheim tief in den Rösberger Wald. Dort war das volle Sortiment zur Brauchtumspflege zu haben: Birken, Herzen mit Namen und und bunte Bänder aus Krepppapier. „Als Zeichen der Fanfreundschaft zwischen dem 1. FC Köln und dem BVB bekommt meine Iris ein rotes Herz mit Geißbock und gelb schwarze Bänder an ihren Maibaum“, erzählte Epping.
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Als Niklas Heydweiller (32) in der Rundschau vom Maibaumverkauf im Rösberger Wald las, ließ er sich ebenfalls nicht zweimal bitten. „Das ist eine ganz tolle Idee“, lobte er die Initiatoren. So könne trotz der Pandemie wenigstens ein bisschen Brauchtum erhalten werden. Der FBG-Vorsitzende Armin Kuhl war derweil über die Disziplin der Kunden erfreut. Wegen der Pandemie sei zwar weniger los gewesen, „doch alle, die herkamen, hielten die Regeln hundertprozentig ein“.
Der Vater schmückt den Maibaum mit den Kindern
„Die meisten Kunden fuhren an diesem Tag mit ihrem Auto oder einem Traktor in den Wald. „Es kamen auch Leute zu Fuß und mit ihrem Fahrrad“, berichtete Kuhl. Auch Uwe Hartig (51) und Roland Goseberg machten sich stolz wieder auf den Heimweg. Auf das Dach des 35 Jahre alten Bullis waren gleich zwei Birken geschnallt. „Ich unterstütze meinen Nachbarn, der seiner Freundin am Abend einen Maibaum aufstellen möchte“, erklärte Hartig. Als Berliner habe er das Brauchtum erst im Rheinland kennengelernt. Goseberg hingegen kaufte einen Maibaum für seine Angebetete, mit der er schon länger zusammenlebt. Mit den gemeinsamen Kindern will er den Baum zum 1. Mai als große Überraschung aufstellen. „Die Maibäume werden gleich in der Tiefgarage zwischengelagert“, verriet er.
Auch Jan Müller (35) und Thomas Seiler (32) wollten ihre Birken zu Hause verstecken. Müller wollte den Baum noch vor der Ausgangssperre aufstellen. „Ich kann ganz entspannt warten, bis meine Freundin schläft“, sagt Seiler. Er müsse nämlich das Grundstück zum Aufstellen des Baumes nicht mehr verlassen.