Der Königswinterer Hendrik Schultze ist Co-Trainer der US-Handballdamen. Er erklärt, wie er Kamala Harris und Donald Trump sieht.
Deutscher Trainer der US-HandballdamenTrump vs. Harris – „Die Rhetorik auf beiden Seiten ist extrem“
Hendrik Schultze (28, geboren in Boston, Massachusetts, wohnhaft in Königswinter-Thomasberg), der heute als Co-Trainer der US-amerikanischen Frauen-Handballnationalmannschaft tätig ist, hat eine bemerkenswerte sportliche Reise hinter sich. Im Interview mit Olaf Pohl spricht der Deutsch-Amerikaner über seine Anfänge im Handball, den Wechsel zur US-amerikanischen Nationalmannschaft und seine Sicht auf die Wahlen in den Vereinigten Staaten.
Olaf Pohl: Wie erleben Sie als Deutsch-Amerikaner das Thema US-Wahlen, insbesondere als Wanderer zwischen Deutschland und den USA?
Hendrik Schultze: Die US-Politik hat sich in den letzten Jahren stark polarisiert und emotionalisiert. Wenn ich mir die Einschätzung und Aussagen unabhängiger Institutionen und unparteiischer Beobachter anschaue, dann lese ich, dass Donald Trump mit seinen Handlungen und Aussagen die demokratischen Institutionen untergraben will. Das sehe ich äußerst kritisch und geht gegen die Grundwerte der USA. Sein Umgang mit den Wahlergebnissen 2020 und die Ereignisse rund um den 6. Januar wurden nach langen Gerichtsverhandlungen als rechtswidrig eingestuft.
Alles zum Thema Donald Trump
- Harris' Ehemann Emhoff Ex-Anwalt könnte erster „First Gentleman“ der USA werden
- Niveauloses Wahlkampf-Finale Trump fantasiert über Käfigkämpfe gegen Migranten – Vance nennt Harris „Müll“
- „Wahl wird keine Wende bringen“ Ob Trump oder Harris – Putin bleibt laut Kreml-Insider auf Kriegskurs
- Finale im US-Wahlkampf Harris und Trump setzen alle Kraft in die „Swing States“
- „Trump gewinnt, wenn er das tut“ Wie ein getötetes Eichhörnchen im US-Wahlkampf mitmischt
- Ex-Präsident sorgt für Entsetzen Gewalt, Aussetzer, Umfrageschocks – Donald Trumps bedrohliches Wahlkampffinale
- US-Wahlkampf Trump über die Deutschen: „Die denken, wir sind dumme Menschen“
Gleichzeitig hatte auch die Demokratische Partei unglückliche Auftritte. Ich konnte nicht verstehen, wie man Joe Biden in eine zweite Amtszeit bringen wollte. Das hätte man viel früher erkennen müssen.
Fällt es Ihnen inzwischen schwer, mit Amerikanern über die Wahlen zu sprechen? Die Rhetorik auf beiden Seiten, sowohl pro als auch contra, ist extrem. Ich bemühe mich inzwischen, Diskussionen von Persönlichkeiten hin zu politischen Ideen zu lenken. Mir fehlt diese Fähigkeit auch im europäischen Kontext, wo wir uns oft zu schnell auf populistische Spielchen einlassen und uns von Fakten sowie gemeinsamen Grundlagen entfernen. Dadurch entstehen Gespräche, die von Emotionen wie Angst, Wut und Hass gesteuert werden, anstatt rational und lösungsorientiert geführt zu werden.
Ich bin für demokratische Werte, insbesondere für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Diese Prinzipien sind das Fundament unserer modernen Gesellschaft. Diese Werte zu fördern, sehe ich als eine unserer wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben. Trump ist ein bemerkenswertes Phänomen. Es ist beeindruckend und erschreckend zugleich, wie er trotz etlichen nachgewiesenen Falschbehauptungen eine so starke politische Unterstützung aufbauen konnte und immer noch hat.
Was sagen Sie Menschen, die Trumps Erfolge nicht nachvollziehen können?
Trump versteht es, die Menschen als Entertainer durch seine systematische ‚post-factual‘ Kommunikationsart zu unterhalten und hat eine Art politische Fangemeinde aufgebaut. Er verwendet populistische Sprache, vereinfacht komplexe Themen und schafft klare Feindbilder. Zudem profitiert er vom wachsenden Misstrauen gegenüber etablierten Institutionen und den Medien und stärkt sein Außenseiter-Image durch ständige Medienpräsenz.
Unsere Algorithmen getriebene Medienwelt, die auf Engagement ausgerichtet ist, erlaubt es sehr einfach Fehlinformationen zu verbreiten. Das kann in beide Richtungen genutzt werden und ist ein grundlegendes gesellschaftliches Problem, das wir haben. Ich sehe, dass Trump’s Lager es aktuell für seine Zwecke am geschicktesten ausnutzt.
Eine gesunde Demokratie kann nicht funktionieren, wenn wir wie Sportfans unser ‚Team‘ bedingungslos unterstützen, egal was es tut oder sagt.
Sie haben als Jugendlicher bei der HSG Siebengebirge begonnen und später für die USA gespielt. Wie kam es dazu?
Ich habe meine ersten Schritte bei der HSG Siebengebirge gemacht und sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen. 2018 kam ich beim Trainingslager der amerikanischen Nationalmannschaft in Dormagen zufällig mit dem Trainer Robert Hedin ins Gespräch und bekam später eine Einladung, für die USA zu spielen. Ab 2019 stand ich dann tatsächlich für die amerikanische Nationalmannschaft im Tor. Meine aktive Karriere habe ich aber inzwischen beendet und bin jetzt als Coach tätig.
Wie sehen Sie Ihre Rolle als Trainer im US-Team, gerade aus der Ferne? Seit Sommer 2022 bin ich als Torwarttrainer und Co-Trainer der US-amerikanischen Frauen-Nationalmannschaft aktiv und seit letztem Jahr auch Headcoach der weiblichen U21. Die Betreuung der Spielerinnen ist spezieller als bei anderen Nationalmannschaften, weil unsere Spielerinnen auf der ganzen Welt verteilt sind, vor allem aber in Europa. Der Fokus liegt darauf, eine kompetitive Mannschaft zu bilden und sich auf internationale Turniere vorzubereiten, wie zuletzt die U21 Junior World Championships in Nordmazedonien. Nächstes Jahr steht die Weltmeisterschaft in Deutschland und den Niederlanden an, und da sind wir per Wildcard dabei.