Eine Wanderung macht die aktuelle Ausstellung des Siebengebirgsmuseums lebendig. Wir haben die Strecke mit ihren 21 Stationen getestet.
21 Stationen11-Kilometer-Wanderung führt auf Spuren des Klimawandels durchs Siebengebirge
Auf einmal wird die aktuelle Ausstellung im Siebengebirgsmuseum lebendig. Kuratorin Dr. Christiane Lamberty führt die Wandergruppe nach einem einleitenden Rundgang durchs Museum an. Gleich zu Beginn der Tour „Zwischen Wingert und Busch“ erklärt sie an einer alten Steinmauer in Oberdollendorf, wie arbeitsintensiv früher die Weinberge gepflegt werden mussten.
11,2 Kilometer Strecke sind angesetzt. 405 Höhenmeter sollen in knapp fünf Stunden bewältigt werden. Dass der Weinbau harte Arbeit war, erkennt die Gruppe an zahlreichen Bäumen am Wegesrand, die durch ihren dicken Stamm auffallen. Ihre Äste wurden als Rahmholz verwendet. So bezeichnet man die Pfähle zum Anbinden der Rebstöcke in den Weinbergen, Wingert genannt.
Klimawandel hat auch im Siebengebirge seine Spuren hinterlassen
Deswegen war es wichtig, immer ausreichend Waldfläche zu haben, um die Pflanzen an den geernteten Ästen in die Höhe ziehen zu können. Für einen Weinberg wurde zusätzlich die siebenfache Menge an Busch benötigt, um einen guten Ertrag zu bekommen. Übersetzt hätte der Titel der Führung als auch „Zwischen Weinberg und Wald“ lauten können.
Große Teile der Kulturlandschaft im Siebengebirge waren im gemeinsamen Besitz der dort lebenden Menschen. Jeder durfte im Busch sein Rahmholz für den Eigengebrauch schlagen. „Durch soziale Kontrolle wurde sichergestellt, dass einzelne nicht zu viele Stöcker ernteten“, erklärte Lamberty. Das Verfeuern von Holz aus dem Busch war dazu streng verboten. Das funktionierte im Prinzip, bis die Franzosen um 1800 das Rheinland überfielen und begannen, das Land aufzuteilen. Viele kleine Winzerbetriebe waren danach nicht mehr profitabel, weil plötzlich das kostenlose Rahmholz fehlte.
Der Klimawandel hat auch im Siebengebirge seine Spuren hinterlassen. An einem Siefen sind Sandsäcke quer über den Weg gelegt, entwurzelte Bäume liegen im Mai 2024 am Hang. Die Folgen der starken Regenfälle und des heftigen Windes sind überall zu entdecken. Die Wandergruppe muss über sie hinweg steigen.
Barbara Bouillon ist als Pomologin in ganz Deutschland bekannt
Barbara Bouillon von Biologischen Station des Rhein-Sieg-Kreises hat an der Ausstellung im Siebengebirgsmuseum, die zum internationalen Forschungsprojekt „Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge“ gehört, mitgearbeitet. Das Projekt wurde unterstützt durch die NRW-Stiftung Naturschutz und den LVR-Landschaftsverband Rheinland.
Als Pomologin ist Bouillon in ganz Deutschland bekannt, sie hat einen wissenschaftlichen Blick auf die Streuobstwiesen im Siebengebirge. Die Gruppe erfährt viel über historische Apfel- und Birnensorten. Sie wurden eingeweckt und dienten im Winter zur Ernährung. Tafelbirnen oder Süßäpfel wurden verkocht und dienten als Zuckerersatz. In Kupferkesseln brannten sie nicht so schnell an, das ständige Umrühren wurde so gespart.
An der Jugendherberge in Bad Honnef stoppt die Gruppe an einem Weinberg von Winzer Kay Thiel. Dort wächst die Rebsorte Elbling, sogar einen Sekt gibt es aus den Trauben dieser Lage. Das Gelände wird im Jahr 1329 erstmals im Zusammenhang mit Weinbauaktivitäten des Klosters Heisterbach erwähnt; „Pfaffenröttchen“ wird der frühere „Heisterberg“ heute genannt. Die Gruppe hat einen fantastischen Blick ins Rheintal. Dort befinden sich auch die Weinberge der anderen Winzer aus dem Siebengebirge wie Pieper, Broel und Bloeser.
Beim Abstieg ins Tal wird es noch einmal rutschig
Marianne Frankenberg und Sabine Stork-Franz sind ehemalige Grundschullehrerinnen aus Oberdollendorf. Sie haben an der Führung teilgenommen, um mehr über die nähere Heimat zu erfahren. „Viele Dinge hat man schon mal gehört, jetzt kann man sie in einen Kontext einordnen“, so Frankenberg. Josef Markewitsch ist begeisterter Wanderer und bekommt bald Besuch aus den USA. „Durch die geführte Tour habe ich für Ausflüge mit meinen Gästen sicher die eine oder andere Information bekommen“, so sein Lob für Lamberty und Bouillon.
Beim Abstieg ins Tal wird es noch einmal rutschig. Der Regen der letzten Tage hat eine Passage zur Schlammpiste gemacht. Zum Glück waren alle Teilnehmenden mit guten Schuhen ausgerüstet. An einem Steilhang zeigen Sicherungsringe, wie beschwerlich die Arbeit in diesem Wingert früher war. Maschinen konnten an ihnen gesichert werden. Er ist inzwischen allerdings aufgegeben worden. Die Natur hat die Fläche zurückerobert.
Öffnungszeiten des Siebengebirgsmuseums in der Kellerstraße 18 in Königswinter: dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 18 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 5/2,50 Euro, Weitere Kuratorinnenführungen finden am 7. Juni und 6. Oktober statt, Vorträge jeweils mittwochs um 18 Uhr im Rahmen einer „Kostprobe“. Es sind auch individuelle Führungen möglich. Termine bitte telefonisch, 02223/3703, abstimmen.
Die Tour hat insgesamt 21 Stationen: Sie sind im Wanderführer beschrieben, der im Siebengebirgsmuseum erhältlich ist. Start ist am Bahnhofsplatz in Königswinter. Danach ist der erste Halt das Haus Heisterfeld, das früher als Weingut bekannt war.
Haltepunkt 7 an der Bergstraße 12 in Oberdollendorf zeigt die typischen kleinen Winzerhäuser. Wie alte Lagen neu bewirtschaftet werden, sieht man am Haltepunkt 11 an der Dollendorfer Hardt.
Gut Sülz, Haltepunkt 14, Bachstraße 157, hat Wurzeln bis ins Jahr 966. Am Petersberger Bittweg, Haltepunkt 16, fallen alte Rahmbuchen ins in Auge.
Weitere Führungen unter der Leitung von Kuratorinnen finden am 7. Juni und 6. Oktober statt, Vorträge jeweils mittwochs um 18 Uhr bei einer „Kostprobe“. Termine für individuelle Führungen können unter 02223/3703 vereinbart werden.
Öffnungszeiten des Siebengebirgsmuseums, Kellerstraße 18, in Königswinter: dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 18 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 5/2,50 Euro.