Die Politik in Königswinter hat sich den Ausbau der Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben. An der Satzung gibt es allerdings Kritik.
Angebot der StadtBürger suchen Beteiligungsbüro in Königswinter nur selten auf
„Ziel ist es, eine Beteiligungskultur in Verwaltung, Politik und Bürgerschaft zu fördern“, heißt es in Paragraf 1 der Bürgerbeteiligungssatzung (BBS). Und: „Nicht zuletzt soll Transparenz geschaffen, Vertrauen zwischen Stadtgesellschaft, Verwaltung und Politik gefördert und eine gemeinsame Beteiligungskultur entwickelt werden.“
Hehre Ziele also, die Rat und Verwaltung in der Drachenfelsstadt verfolgen. Es geht um mehr Mitsprache der Bürger. Doch Andreas Danne (Die Linke) interpretiert die BBS anders: „Die Bürgerbeteiligungssatzung ist ein bürokratisches Monster, das die meisten Menschen in unserer Stadt nicht zum Mitmachen anregen wird“, kritisierte das Ratsmitglied unlängst im Stadtrat.
Nach der Wahl Ausschuss für Bürgerbeteiligung gegründet
Den Ausbau der informellen Bürgerbeteiligung – also über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus – hatten sich Bürgermeister Lutz Wagner und KöWI, SPD und Grünen bei der Kommunalwahl 2020 auf die Fahnen geschrieben.
Nach dem Wahlsieg richteten sie einen Ausschuss für Bürgerbeteiligung ein und installierten die Stabsstelle Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit, die mit Florian Striewe besetzt wurde.
Manchmal hat mal als Beobachter allerdings den Eindruck, dass die Bürger so wahnsinnig viel Beteiligung gar nicht brauchen. So waren Rat und Verwaltung bei vier Foren zum Ausbau der Bürgerbeteiligung quasi unter sich.
In 2023 „vielleicht von zehn Bürgern“ aufgesucht worden
Und so ist das im Oktober 2022 im Haus Bachem eingerichtete Bürgerbeteiligungsbüro im Laufe des Jahres 2023 „vielleicht von zehn Bürgern“ aufgesucht worden, räumt Florian Striewe ein. Höchstens die Hälfte aller angebotenen Termine seien wahrgenommen worden.
Anfangs allerdings sei die Resonanz gut gewesen, sagt der Leiter der Stabsstelle. Er sieht die Aufgabe des Büros ein Stück weit in einer „Lotsenfunktion“, indem Bürgern Kontakte zur Fachverwaltung vermittelt werden. Viele Anfragen kämen per Mail oder Telefon.
Nach mehrjähriger Arbeit im Ausschuss für Bürgerbeteiligung und in einer Lenkungsgruppe hat der Stadtrat unlängst die Beteiligungssatzung und die dazu gehörenden Leitlinien beschlossen. Zentraler Baustein der BBS ist eine „Vorhabenliste“, in der laut Satzung alle Projekte aufgenommen werden, „für die eine Beteiligung seitens Verwaltung und Politik vorgesehen wird“.
Voraussetzung ist allerdings beispielsweise, dass das Vorhaben eine gesamtstädtische beziehungsweise ortsteilbezogene Relevanz haben müsse. Oder dass damit wesentliche Änderungen etwa des Ortsbildes verbunden seien. Oder „von einem besonderen Interesse der Bürgerschaft auszugehen“ sei.
Etwa zehn Vorhaben, glaubt Florian Striewe, werde die Liste, die noch erarbeitet wird, am Ende haben. Projekte wie das neue zentrale Rathaus oder die Umgestaltung der Rheinpromenade würden auf jeden Fall dort auftauchen, betont der Stabsstellenleiter.
Sollten allerdings Bürger ein Thema auf der Vorhabenliste setzen wollen, wird es aufwendiger. Sie brauchen mindestens zehn Unterstützer, heißt es in der Satzung. Gleiches gelte, wenn Bürger Ideen und Anregungen für eine Beteiligung in die Ausschüsse einbringen wollen.
„Wir müssen den Beweis antreten, dass Bürgerbeteiligung händelbar ist"
Vertreter der Ratskoalition bezeichneten die Vorgaben dieser Tage als „kleine Hürde“. Florian Striewe verweist darauf, dass man erstmal Erfahrungen sammeln müsse. „Wir müssen den Beweis antreten, dass Bürgerbeteiligung händelbar ist, dass sie Spaß macht und gute Ergebnisse liefern kann, mit denen sich weiterarbeiten lässt.“
Königswinter ist laut Florian Striewe die erste Kommune im Rhein-Sieg-Kreis, die eine Beteiligungssatzung beschlossen hat. Sie sei aber noch nicht öffentlich bekanntgemacht worden. Damit ist sie also noch nicht in Kraft getreten.
„Bürgerbeteiligungssatzung ist kaum praktikabel“
Die Stadt führe noch Gespräche mit der Kommunalaufsicht beim Rhein-Sieg-Kreis. Denn die kommunale Satzung dürfe die NRW-Gemeindeordnung nicht aufweichen und etwa den Stellenwert des Instruments Bürgerantrag schmälern oder Rechte der Ratsmitglieder beschneiden, betont Striewe.
Der Kritiker Andreas Danne indes hält die Satzung insgesamt für „kaum praktikabel“. Überhaupt sei das Instrument Satzung „wenig hilfreich“, plädiert er für eine direktere Lösung. Ein gutes Beispiel sei die Wahl der Seniorenvertretung, die ja auch ein neues Instrument der Bürgerbeteiligung ist und ebenfalls per Satzung geregelt wurde. Das Projekt sei gut gemeint gewesen, so Danne. Aber mit nicht einmal drei Prozent Wahlbeteiligung sei die Resonanz „enttäuschend“ gewesen.