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HaftbefehlAngeklagter fuhr in Urlaub und fehlte bei Verhandlung vor Bonner Landgericht

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Ein großes, helles Gebäude mit einem Säulengang, auf der Straße gehen Passanten.

Das Landgericht in Bonn.

Der Angeklagte fehlte beim Prozessauftakt vor der Großen Strafkammer. Der Vorsitzende Richter reagierte direkt.

Alle waren da: Richter, Schöffen, Protokollführer, Staatsanwalt, Verteidiger – nur der Angeklagte fehlte, als die 2. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts am Dienstag um 9.30 Uhr einen Prozess beginnen wollte.

„Er macht mit seiner Frau Urlaub“

„Er macht mit seiner Frau Urlaub in der Türkei“, sagte Rechtsanwalt Ingmar Rosentreter, der am Montag noch mit seinem Mandanten telefoniert und ihm dringend geraten hatte, die Ferien gefälligst abzubrechen. Der Mann begründete sein Fernbleiben mit der Entschuldigung, er habe geglaubt, die Verhandlung beginne erst in vier Wochen.

„Das war das Dümmste, was er machen kann“, ärgerte sich Vorsitzender Richter Wolfgang Schmitz-Justen und erließ auf Antrag des Anklägers einen Haftbefehl.

„Das war das Dümmste, was er machen kann.“
Wolfgang Schmitz-Justen, Vorsitzender Richter.

Die Vorwürfe gegen den Kölner sind gravierend: Die Staatsanwaltschaft legt ihm sechs Überfälle zur Last, einmal in Verbindung mit gefährlicher Körperverletzung. Mit zwei weiteren bereits verurteilten Tätern soll er zwischen dem 14. Januar und 6. Februar 2020 Tankstellen in Oberpleis, Mechernich, Köln und Leverkusen, eine Spielhalle in Köln und einen Schnellimbiss in Langenfeld überfallen haben. Die Beute betrug insgesamt 8000 Euro.

Zwei mutmaßliche Kumpane wurden zu langen Haftstrafen verurteilt

Seine beiden mutmaßlichen Kumpane kassierten im vergangenen Dezember acht beziehungsweise siebeneinhalb Jahre Haft. Das Verfahren gegen den jetzigen Angeklagten wurde damals wegen Krankheit abgetrennt.

Das bewaffnete und mit Sturmhauben maskierte Trio ging so furchteinflößend vor, dass viele Betroffene heute noch traumatisiert sein sollen, einige ihren Beruf aufgegeben oder ihre Ausbildung abgebrochen haben.

Eines der Opfer war ein Troisdorfer Geschäftsmann, der am 3. Februar 2020 auf offener Straße brutal angegangen wurde, als er gerade Unterlagen aus seinem Firmenwagen in ein anderes Fahrzeug umladen wollte. Er wurde mit Pfefferspray traktiert, dann getreten und zu Boden gebracht. Die Täter raubten einen BMW M 3.

Der Urlauber saß nicht mehr im Untersuchungsgefängnis: Der Haftbefehl war aufgehoben worden, da die Ermittlungen sich sehr verzögert hatten und die Taten damit bereits lange zurücklagen.