Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

IHK-UmfrageBonner Region in schwerer Wirtschaftskrise

Lesezeit 3 Minuten

Bonn – Die Region Bonn/Rhein-Sieg erlebt einen noch nie dagewesenen Einbruch der Konjunktur. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg hat bei ihrer Frühsommerumfrage einen absoluten Tiefststand seit Beginn der Erhebung dieser Daten ermittelt. Der IHK-Geschäftsklimaindex stürzte auf 67,2 Punkte ab. Bei der letzten Umfrage im Januar erreichte er noch 111,9 Punkte. „Das ist historisch einmalig“, sagte IHK-Präsident Stefan Hagen.

In den vergangenen Jahren lag der Index immer deutlich über der 100-Punkte-Grenze. Der Index setzt sich aus den Einschätzungen der Unternehmen zu ihrer Lage und den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate zusammen. „Nach vielen Jahren des Aufschwungs und meist guter Entwicklung der Geschäfte bremsen das Coronavirus und die damit zusammenhängenden Maßnahmen des Lockdowns die regionale Wirtschaft massiv aus“, sagte Hagen.

Massive Folgen für Kommunen

Er befürchtet massive Folgen für die Finanzen der Kommunen durch Gewerbesteuerausfälle. 2020 und 2021 würden viele Unternehmen keine Gewinne erzielen. Die Gemeinde Grafschaft an der Ahr beispielsweise als starker Gewerbestandort habe ja bereits mitgeteilt, dass sie vom Wegbrechen der Gewerbesteuer besonders betroffen sei und deshalb am Rande der Zahlungsunfähigkeit stehe.

Das werde anderen Kommunen in der Region nicht anders gehen: Bei den erwarteten Umsätzen für das Jahr 2020 sehen 15 Prozent der Firmen einen Einbruch von 50 Prozent oder mehr. 22 Prozent rechnen mit einem Rückgang zwischen 25 und 50 Prozent und weitere 27 Prozent kalkulieren mit einer Reduzierung der Umsätze zwischen zehn und 25 Prozent. Dem stehen aktuell nur vier Prozent mit einer Umsatzsteigerung gegenüber.

Viele Unternehmen könnten Insolvenz anmelden

„Wenn sich die Geschäfte kurz- bis mittelfristig nicht wieder verbessern, wird das für viele Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz führen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. In den kommenden vier Wochen halten immerhin noch 78 Prozent bei den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Insolvenz für ausgeschlossen oder unwahrscheinlich. Für vier Prozent wäre eine schnelle Insolvenz sicher oder sehr wahrscheinlich. Sollte sich auch in den kommenden drei Monaten die Situation nicht verbessern, steigt dieser Wert schon auf 14 Prozent.

Gastgewerbe besonders betroffen

Zum Zeitpunkt der Umfrage bis Anfang Mai war das Gastgewerbe besonders stark von den Einschränkungen der Coronakrise betroffen und es fehlte zudem eine Perspektive, erläuterte Hille. Die meisten Betriebe mussten komplett schließen oder konnten durch Mitnahme- und Lieferangebote nur einen Bruchteil der sonst üblichen Umsätze generieren. Mit 12,4 Punkten erzielt der Geschäftsklimaindex den historisch niedrigsten Wert aller betrachteten Branchen. 96 Prozent schätzen ihre Geschäftslage als schlecht ein. Der IHK-Beschäftigungsindikator zeigt insgesamt deutlich nach unten. 38 Prozent der befragten Unternehmen planen derzeit einen Personalabbau, nur sechs Prozent wollen ihre Beschäftigungsumfänge erhöhen. Durch die Ausbreitung des Coronavirus und die damit verbundene Unterbrechung vieler Logistikketten werden auch die Exporte aus der Region stark schrumpfen: Zwei Drittel der exportierenden Unternehmen rechnen mit einem Rückgang der Ausfuhren. Und das sei für die Wirtschaftslage der Region von Bedeutung: „Wir haben ja noch eine veritable Industrie hier“, so Hagen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Um der Wirtschaft durch die Krise zu helfen, hat die Politik zahlreiche Maßnahmen beschlossen. Bis jetzt hat knapp die Hälfte der Unternehmen eine oder mehrere der Hilfsmaßnahmen genutzt. 72 Prozent der Unternehmen, die Hilfe angenommen haben, haben Kurzarbeitergeld beantragt. 67 Prozent haben einen Antrag auf eine Soforthilfe in Form eines Zuschusses gestellt. Fast 40 Prozent haben die Möglichkeit genutzt und Steuerstundungen oder Herabsetzungen von Vorauszahlungen vereinbart.

Grundlegend zufrieden zeigten sich Hille und Hagen mit dem Krisenmanagement von Bund und Land. Jetzt müsse es darum gehen, mit weiteren Maßnahmen für weniger Unsicherheit zu sorgen.