Gastronomen in Bonn„Wir versuchen, uns nicht unterkriegen zu lassen“
Für die Gastronomie beginnt das neue Jahr wie das alte endete. Angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Infizierten bestimmt das Coronavirus weiterhin den Fahrplan. Ein Ende des Lockdowns und eine Wiedereröffnung aller Restaurants und Cafés ist frühestens im Februar denkbar. Wie bereits im November und Dezember beschränkt sich der Betrieb weiterhin darauf, einen Abhol- oder Lieferservice zu organisieren. Je länger die pandemiebedingte Schließung der Gastronomie anhält, desto größer wird aber die Sorge um den Fortbestand der Restaurants, Hotels, Cafés, Bars und Kneipen.
Dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) liegen zwar bislang keine Zahlen über coronabedingte Insolvenzen vor, doch es wird ab Ende Januar vermehrt damit gerechnet, dass Gastronomiebetriebe für immer schließen.
„Die staatlichen Hilfen kamen zwar spärlich, haben bislang jedoch vielen Gastronomen helfen können“, sagt Mathias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer der DEHOGA Nordrhein. Da die Antragspflicht für Insolvenzen bis Ende des Monats ausgesetzt ist, rechnet der Branchenverband erst danach mit einem Anstieg zahlungsunfähiger Betriebe. Wie beschreiben Restaurantbetreibern aus der Region selbst ihre Lage? Die Rundschau hat nachgefragt.
„Zur gemütlichen Ecke“ in Roisdorf
Hans Wilhelm Hamacher leitet das Landgasthaus „Zur gemütlichen Ecke“ in Roisdorf. Der 63-Jährige beschäftigt sich zwar allmählich mit dem Ruhestand, möchte aber Hotel und Restaurant noch einige Jahre weiterbetreiben. Seine Pläne möchte er sich von der Pandemie nicht durchkreuzen lassen. „Allerdings sind unsere Rücklagen nicht endlos und langsam wird die Situation auch für Gastronomen prekärer, die grundsätzlich auf gesunden Beinen stehen“, gibt sich Hamacher keineswegs sorgenfrei. Der erfahrene Koch und Gastwirt hat zum Glück beste Voraussetzungen, die Krise zu meistern. Das Landgasthaus ist etabliert, verfügt über einen treuen Kreis an Stammkunden und Hamacher arbeitet im eigenen Haus. Bislang musste er keinen seiner Festangestellten entlassen. Das Kurzarbeitergeld und auch die Resonanz auf Speisen zum Abholen haben die Situation abgefedert. Nur die Aushilfen konnten nicht weiter beschäftigt werden. „Das sind bei uns in der Regel Studierende, die sich nun in einer besonders schwierigen Situation zurechtfinden müssen“, weiß Hamacher. Schließlich könne nicht jeder von ihnen auf die Unterstützung der Eltern zurückgreifen.
Angesichts der zu erwartenden Zurückhaltung nach den Feiertagen und dem Jahreswechsel beschränkt Hamacher den Abholservice in der ersten Januarhälfte auf die Wochenenden. Anschließend soll auch donnerstagabends und freitags (mittags und abends) wieder gekocht werden.
„Gasthaus Zur Linde“ in Heimerzheim
Auch Thomas Reichelt aus dem „Gasthaus Zur Linde“ in Heimerzheim muss keine Pacht entrichten. Er und sein Bruder Andreas haben das Haus vor 18 Jahren von den Eltern übernommen. „Wir können nicht immer weiter von unseren Reserven zehren“, prophezeit Reichelt. Zum Glück habe man den Sommer überraschend unbeschadet überstanden. „Da lief der Betrieb dank des schönen Wetters sehr gut und auch unsere Investitionen in den Infektionsschutz wie zum Beispiel unsere Trennscheiben haben sich ausgezahlt“, sagt Reichelt. Das To-go-Angebot des Hauses wurde zudem in der Weihnachtszeit bestens angenommen. Gänse- und Sauerbraten waren echte Renner. Damit konnten, so Reichelt weiter, zumindest die Kosten gedeckt werden. Der Abholservice diene aber auch dazu, weiterhin im Gespräch zu bleiben und bei den Stammgästen nicht in Vergessenheit zu geraten. Da Januar und Februar branchenüblich schwierige Monate sind, wird sich das, so vermutet der Koch und Gastgeber, auch auf den Abholservice auswirken. Sein Fazit lautet daher: „Allzu lange darf der Lockdown nicht mehr anhalten, sonst wird es kritisch.“
„Waldesruh“ in Villiprott
Kai Rohloff aus der „Waldesruh“ in Villiprott ist entschlossen, sein Lokal auch nach der Pandemie weiterzuführen. An eine Aufgabe des Betriebes verschwendet er keinen Gedanken. Als klassisches Ausflugsziel mit Biergarten war die „Waldesruh“ im Sommer und Frühherbst stets gut besucht und die Jahresbilanz einigermaßen ausgeglichen. Im November und Dezember hat Rohloff pausiert. Jetzt aber bietet er wieder kleinere Speisen wie Pommes, Currywurst, Erbseneintopf oder Blechkuchen to go an. Dabei kommt wiederum die günstige Lage am Waldrand zum Tragen, denn das Angebot wird vor allem von denjenigen genutzt, die den Kottenforst für einen winterlichen Spaziergang ansteuern. „Wir haben schon in den ersten Januartagen reichlich Resonanz erfahren. Die Leute sind einfach glücklich, eine Kleinigkeit zu essen oder ein Bier zu bekommen. Das ist für viele ein Stück Normalität, die sie augenblicklich im Alltag so sehr vermissen“, stellt Rohloff fest.
Kaum jemand im Vorgebirge bietet eine derart große Auswahl an Schnitzeln wie Hans Willi Schiefbahn. Er steht auch in Zeiten der Pandemie in der Gaststätte Kreuel am Herd. Im November und Dezember lief der Außer-Haus-Verkauf eher schleppend. Doch Schiefbahn gibt sich unverdrossen: „Obwohl es gerade eine harte Zeit für uns alle ist, halten wir auf jeden Fall durch“, sagt der erfahrene Gastronom. Niemand muss sich also um den Fortbestand der Waldorfer Traditionsadresse sorgen. Die Speisen können allabendlich – außer mittwochs – abgeholt werden. Darüber hinaus liefert man Schnitzel und Co. auch in den umliegenden Dörfern aus.
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Die Erwartungen an die ersten Monate des neuen Jahres sind bei Familie Kulusic eher mäßig. „Ohne staatliche Unterstützung könnten wir kaum durchhalten“, sagt Martina Kulusic. Martinas Eltern betreiben seit vielen Jahren das kroatische Restaurant „Blumenhof“ in Meckenheim. Wie die Mehrzahl der Gastronomen bietet man Speisen zum Mitnehmen an. Im November war der Zuspruch eher verhalten, der Dezember hingegen sei deutlich besser gelaufen. „Realistisch betrachtet, müssen wir aktuell davon ausgehen, dass der Lockdown noch bis ins Frühjahr anhalten wird. Trotzdem versuchen wir positiv zu bleiben und uns nicht unterkriegen zu lassen.“